RaumfahrtNasa: Leverkusener Realschüler baute die Startrampe für die Raketen

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Die Startrampe für die Saturn-5-Raketen der Apollo-Missionen (hier vor dem Start von Apollo 14) hat Poppel konstruiert.

Die Startrampe für die Saturn-5-Raketen der Apollo-Missionen (hier vor dem Start von Apollo 14) hat Poppel konstruiert.

  • Der Schlebuscher Theodor A. Poppel half mit, dass Apollo 11 gut abhob. Er konstruierte die Startrampe für die Saturn-5-Raketen.
  • Wir werfen einen Blick zurück ins Jahr 1969.
  • Der Artikel wurde 2019 zum Jubiläum der ersten Mondlandung geschrieben.

Leverkusen – Die Mondlandung vor 52 Jahren ist auch aus heutiger Sicht noch eine Sensation. Aber jeder Landung geht erstmal ein Start voraus. Und wer hat gewusst, dass der Konstrukteur der imposanten Startplattform (die mit den riesigen Baggerketten) und des Startturms ein ehemaliger Leverkusener Junge war? Der als Schüler in der Realschule am Stadtpark Bruchrechnen und Deutsch „gepaukt“ hat und bei Bayer eine Schlosserlehre begonnen hat? Dessen Mutter Agnes Hauer 1969 noch am Grünen Weg wohnte? Sein Name: Theodor A. Poppel.

Echtes Reporterglück muss man es wohl nennen, dass der Konstrukteur während der Tage der ersten Mondfahrt vor über 50 Jahren in seiner alten Heimat am Bürgerbusch Urlaub machte. Der „Leverkusener Anzeiger“ berichtet in seiner Ausgabe vom 23. Juli 1969 vom Besuch der Reporter Thomas Nehls und Holger Schmitt bei Poppel; aus dieser Quelle stammen die meisten Informationen in diesem Artikel, denn es finden sich nur wenige weitere Quellen zu Poppel.

Bei Wernher von Braun

Der Weg, den der 1918 geborene Theodor Poppel nahm, bevor er von 1960 an für die Nasa arbeitete und als Leiter einer 150-köpfigen Arbeitsgruppe am Kap Kennedy die Entwicklung der Abschussrampe voranbrachte, führte ihn nach seiner Leverkusener Jugend über Peenemünde.

Während der Apollo-11-Mission gab Poppel dem „Leverkusener Anzeiger“ ein Interview im Elternhaus in Schlebusch.

Während der Apollo-11-Mission gab Poppel dem „Leverkusener Anzeiger“ ein Interview im Elternhaus in Schlebusch.

Der Ingenieur Poppel gehörte im Zweiten Weltkrieg zur Gruppe der Raketen-Entwickler um Wernher von Braun. Nachdem der Krieg trotz der vermeintlichen Wunderwaffen aus der deutschen Raketenschmiede verloren war, konfiszierten die Amerikaner die Pläne der Raketenkonstrukteure und brachten sie nach Texas nach Fort Bliss bei El Paso.

Der Gefangenschaft entgangen

Die deutschen Experten konnten Gerichtsverfahren und Gefangenschaft entgehen, indem sie für die Amerikaner arbeiteten. Die Amerikaner brauchten die Ingenieure. Die Unterlagen und die Konstruktionspläne der Raketenabteilung waren anscheinend durcheinander. Sie zu ordnen, war der erste Job Poppels in den USA.

72 Aspirin an Bord

Ohne Bayers berühmtestes Produkt ließ sich die Mond-Mission nicht angehen. In ihrer Bord-Apotheke hatten Armstrong, Aldrin und Collins neben 21 Schlaftabletten, Augentropfen, Nasenspray, Verbandsstoffen und Fieberthermometern 72 Aspirin. (tk)

Als das getan war, arbeiteten viele der „German Rocket-Men“ für die amerikanische Rüstungsindustrie, auch der Leverkusener Poppel. Als das Apollo-Programm 1961 begann, wechselte Poppel nach Florida ans Cape Canaveral zur Nasa. Sein Werk war die Konstruktion der fahrbaren Startrampe und die Planung des Startplatzes der Saturn 5 (Launchcomplex 39) an der Küste des Golf von Mexiko.

Das „German-Rocket-Team“ um Wernher von Braun. Markiert ist der Leverkusener Theodor A. Poppel.

Das „German-Rocket-Team“ um Wernher von Braun. Markiert ist der Leverkusener Theodor A. Poppel.

Eine 100 Meter hohe Rakete mit Millionen Liter Treibstoff kann man unmöglich „aus der Werkstatt“ heraus starten lassen. Der Hangar und der Startplatz liegen mehrere Kilometer auseinander und dafür konstruierte Poppel die imposante Rampe mit ihrem Ketten-Fahrwerk, das die fertige Rakete an ihrem Turm stehend, im Schritttempo über eine Schotter-Strecke zu ihrem Startplatz fuhr.

Im Tagebau abgeschaut

Dass das Fahrwerk den Raupenketten der Schaufelradbagger in den Braunkohletagebauen verblüffend ähneln, ist wohl kein Zufall. Theodor Poppel erwähnt die rheinischen Bagger als Vorbilder im Gespräch mit dem „Leverkusener Anzeiger“ 1969. Im Prinzip werden die Startvorrichtungen bis heute so gebaut. Eine Raketenfahrt zum Startplatz auf Schienen, erklärte er den Reportern, wäre der Nasa zu teuer gewesen. Poppel erklärt, dass der stählerne Startturm mit seinen neun Armen, von denen sich einige erst im Augenblick des Abhebens von der Rakete lösen, 40 Millionen Mark koste.

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Die Wochen um die Mondlandung verbrachte Poppel am Grünen Weg bei seiner Mutter in Schlebusch. Als Konstrukteur musste er zum Start von Apollo 11 nicht vor Ort sein, denn die Startrampe hatte sich bei mehreren Raketenabschüssen zuvor schon bewährt. Poppel saß am 22. Juli 1969, zwei Tage nach der Mondlandung, mit unseren Reportern ganz entspannt im Garten zusammen. Ihnen sagte er, dass er beim Start aufgeregt gewesen sei und die Rückkehr der Astronauten am 24. Juli mit Spannung erwarte. Sein kommendes Projekt, an dem er bereits arbeite, nannte der Leverkusener im Artikel einen „Weltraum-Linienbus“ – das dürfte das Space-Shuttle gewesen sein.

Theodor Anton Poppel starb am 2. März 1986 im Alter von 68 Jahren.

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