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„So viel Vertrauen hätte ich erwartet“Leverkusens OB äußert sich nach Eklat um Kämmerer

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Uwe Richrath sieht sich heftigen Vorwürfen ausgesetzt.

Uwe Richrath sieht sich heftigen Vorwürfen ausgesetzt.

Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath war von Kämmerer Michael Molitor hart angegangen worden.

Es ist ein Wort, das Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath im Gespräch mit dem „Leverkusener Anzeiger“ immer wieder verwendet: „gemeinschaftlich“. Es sei gemeinschaftlich darum gegangen, die Stadt nach vorne zu bringen, aus der Krise rauszukommen. Der gesamte Verwaltungsvorstand. Bei einem war das aber offenbar gar nicht so angekommen, ganz im Gegenteil. Kämmerer Michael Molitor hat in einem Brief um seine Abwahl gebeten und in seinem Schreiben OB Uwe Richrath und Baudezernentin Andrea Deppe heftige Vorwürfe gemacht.

Einen Tag danach und einen Tag nach der Ratssitzung, in der die Mehrheit den im April von Richrath und Kämmerer noch gemeinsam eingebrachten Haushaltsentwurf verworfen hat, sitzt Uwe Richrath im Besprechungsraum auf der fünften Etage des Rathauses. Die Vorwürfe, die Molitor erhebt, weist der Verwaltungschef ausdrücklich zurück.

Molitor hatte unter anderem geschrieben: „Ich habe, um des lieben Friedens willen, sehr viel schlucken müssen. Dazu bin ich ab sofort nicht mehr bereit.“ Laut ihm hätte er mit Andrea Deppe den Levi-Geschäftsführer Björn Krischick absetzen sollen. Dazu war Molitor, der selbst Levi-Geschäftsführer ist, aber nicht bereit. „Wir haben thematisch diskutiert“, sagt Uwe Richrath. Es habe thematische Auseinandersetzungen im Verwaltungsvorstand gegeben, aber er habe in all der Zeit keine persönliche Auseinandersetzung mit Molitor gehabt.

Aber er hat sich offenbar vom Verwaltungsvorstand entfernt.
Uwe Richrath, Leverkusens OB

„Aber er hat sich offenbar vom Verwaltungsvorstand entfernt“, sagt Richrath. Dem Vernehmen nach soll Molitor an der Verwaltungsspitze ausgegrenzt worden sein. „Es gab keine Ausgrenzung oder erst recht kein Mobbing“, sagt Richrath deutlich. Er hatte nach eigenen Angaben den Brief von Molitor nicht erwartet. Der Kämmerer ist nach einem Autounfall derzeit krankgeschrieben. Der Druck auf den Spitzenbeamten war hoch im vergangenen Jahr, nachdem er der Stadt eine Haushaltssperre auferlegen musste, weil man sich bei den Gewerbesteuereinnahmen dramatisch verkalkuliert hatte.

„Wir haben ihm immer wieder unsere Hilfe angeboten“, zeichnet Uwe Richrath ein Bild, das den Darstellungen von Molitor komplett widerspricht. Man habe ihn entlasten wollen, damit er sich auf den Haushalt konzentrieren könne. Zuletzt hat der OB den Bereich Digitalisierung zu sich gezogen. „Wir haben immer wieder signalisiert: Wir arbeiten gemeinsam.“ Dass das beim Kämmerer nicht so angekommen ist, muss der OB eingestehen.

Richrath sagt: „Ich hätte mir gewünscht, dass er sich persönlich mit mir zusammensetzt und mit mir spricht.“ Der OB hat dem Kämmerer nach eigenen Angaben Gespräche angeboten. Die beiden haben acht Jahre zusammengearbeitet. „So viel Vertrauen hätte ich erwartet“, sagt Richrath, dessen Büro Molitor zeitweise geleitet hatte. „Wir haben hier teilweise bis tief in die Nacht über die Stadt philosophiert.“ Das Ganze hat für ihn zweifellos auch eine persönliche Komponente, auch wenn der OB immer wieder betont, dass es darauf ankomme, die Stadt voranzubringen und nicht auf persönliche Befindlichkeiten. „Aber ich muss das annehmen“, sagt er.

Bisher habe man Konflikte immer lösen können. „Und wir müssen auch mal über Inhalte streiten“, sagt er. Jemanden rauszudrängen, darum sei es aber nie gegangen. Bei Molitor klingt das anders: „Die letzten eineinhalb Jahre waren die für mich persönlich belastendsten Jahre meines bisherigen Berufslebens, die schwer an meiner Gesundheit gezehrt haben“, schreibt er in seinem Brief, den CDU-Fraktionschef Stefan Hebbel im Rat verlesen hatte. Molitors Wunsch war es, dass sein Brief an alle Ratsmitglieder ausgegeben werden sollte, der Wunsch wurde aber nicht erfüllt.

Er müsse das Ganze einsortieren, sagt der OB, betont aber auch: „Wir werden natürlich die Funktionsfähigkeit der Verwaltung aufrechterhalten.“ Andrea Deppe und Stadtdirektor Marc Adomat haben Molitors Aufgaben übernommen. Der Kämmerer bittet um seine Abwahl, die zum 28. Februar 2026 wirksam werden soll.  Zwei Drittel des Stadtrates müssten dafür stimmen. Die Grünen hatten in der Sitzung eine Anfrage gestellt, sie würden den Kämmerer lieber sofort loswerden. „Wir prüfen das“, sagt Richrath dazu. Er sei von einer Ratsfraktion aufgefordert worden, das sei selbstverständlich. Ob er Michael Molitor auf den Brief antworten werde? „Ja, aber persönlich.“