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Männlich, jung, angetrunkenE-Scooter-Fahrer verursachen 566 Unfälle in NRW

Lesezeit 3 Minuten
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E-Scooter verschiedener Verleiher stehen vor der Treppe zum Roncalliplatz.

Düsseldorf – Für NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) sind E-Scooter vor allem eins: Ein wichtiges Verkehrsmittel zur Vernetzung von Wegeketten in den Großstädten. Deshalb werden sie im geplanten Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz des Landes, das noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll, unter dem Stichwort Elektrokleinstfahrzeuge mit einem eigenen Paragrafen bedacht werden, der von Fahrverboten auf Gehwegen bis zu Abstellmöglichkeiten alles regelt, um ein möglichst konfliktfreies Miteinander mit anderen Verkehrsteilnehmern zu ermöglichen. Eines will Wüst mit dem Gesetz auf jeden Fall verhindern. Dass Kommunen Satzungen erlassen, die das Tretroller-Angebot blockieren oder gar ganz verhindern.

Für Jörg Weinrich, den Chef der Landesverkehrswacht sind die Tretroller, die vor zwei 2019 erstmals in NRW auftauchten, aber vor allem ein Sicherheitsrisiko. Und die Zahlen für 2020 geben ihm Recht. Bei bundesweit 2155 Unfällen, davon 566 in Nordrhein-Westfalen, gab es fünf Tote und 386 Schwerverletzte, davon in NRW 111. Köln sticht als größte Stadt im Land mit 143 Verletzten hervor, es folgen Düsseldorf und Bonn mit 43 und 33 Verletzten. „In den meisten Fällen wurde die Kontrolle über das Fahrzeug verloren“, sagt Weinrich. Bei mehr als 70 Prozent der Unfälle waren die Scooter-Fahrer schuld. In 18,3 Prozent aller Unfälle waren Alkohol oder Drogen im Spiel. Damit liegt der Anteil weitaus höher als bei Fahrradfahrern, wo er nur bei rund sieben Prozent liegt.

Anbieter halten sich sehr bedeckt

Polizeihauptmeister Frank Wolff aus Dortmund, der in der Revierstadt für die Verkehrswacht zuständig ist, würde gern mehr über die Ursachen und das Nutzerverhalten wissen. Die Datenbasis sei aber noch relativ klein. „Die Anbieter halten sich sehr bedeckt, geben keine detaillierten Zahlen raus. Sie berufen sich dabei auf den Datenschutz.“

So viel könne er aber doch sagen. Der typische E-Scooterfahrer ist männlich, Anfang 20 bis Mitte 30 und vor allem nachts zwischen ein und fünf Uhr unterwegs. Dann gebe es noch eine männliche Gruppe bis 55, die den Roller eher am späten Nachmittag nutzen. Zum Beispiel vom Büro zum Bahnhof, also für Fahrten, die Verkehrsminister Wüst unter Wegeketten-Vernetzung verbuchen würde.

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Die Landesverkehrswacht nimmt sich jetzt der Zielgruppe an, die sich bei der Nutzung der Tretroller in erster Linie „selbst gefährdet“, wie Wolff es formuliert. Man habe das Thema seit fast zwei Jahren auf dem Schirm. Das Oktoberfest 2019 in München habe die Brisanz so richtig deutlich gemacht. 245 sichergestellte Führerscheine nach Trunkenheitsfahrten mit dem Roller. „Damals haben wir uns entschieden, einen Präventionsfilm zu drehen, der vor dem neuen James Bond in den Kinos laufen sollte.“ Durch die Pandemie hat es der Bond-Film bis heute nicht in die Kinos geschafft.

Entstanden sind deshalb vier Videoclips der Landesverkehrswacht, mit der „wir ohne erhobenen Zeigefinger auf den richtigen Umgang mit den E-Rollern aufmerksam machen wollen“. In den 30 Sekunden-Clips, die in den sozialen Medien abgerufen werden können, geht es um die Themen Alkohol, Altersbegrenzung ab 14, den nötigen Sicherheitscheck vor jeder Fahrt und darum, dass ein Roller nicht zu zweit genutzt werden darf.

Videoclips zur Aufklärung

Die ersten Reaktionen bei der jungen Zielgruppe seien durchweg positiv ausgefallen. Ob aber zwei 16-Jährige, die im Clip in Düsseldorf leicht angetrunken aus der Kneipe kommen, den E-Roller vor der Türe mal kurz anschauen und dann doch ins Taxi steigen, im richtigen Leben auch so handeln werden? Wohl kaum.

Und deshalb bleibt Ralf Ziegler, Leiter der Direktion Verkehr in Dortmund, am Ende doch nur der erhobene Zeigefinger. „Wenn ich mit dem Scooter betrunken fahre, kann ich bei einem Unfall auch den Führerschein verlieren."