ReaktionenDas sagen CDU-Politiker aus Oberberg zu Merkels Rückzug

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Vor dem Abschied: Im Mai 2017 besuchte Angela Merkel die oberbergische CDU im Wahlkampf in Waldbröl und erntete Applaus – hier von (v.l.) Klaus-Peter Flosbach, Peter Biesenbach, Bodo Löttgen, Dr. Carsten Brodesser und Bürgermeister Peter Koester.

Vor dem Abschied: Im Mai 2017 besuchte Angela Merkel die oberbergische CDU im Wahlkampf in Waldbröl und erntete Applaus – hier von (v.l.) Klaus-Peter Flosbach, Peter Biesenbach, Bodo Löttgen, Dr. Carsten Brodesser und Bürgermeister Peter Koester.

Oberberg – Die Bilder sind noch frisch: Im Mai 2017, mitten im Landtagswahlkampf des damaligen Generalsekretärs der NRW-CDU, Bodo Löttgen, besuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel, die jetzt ihren Rückzug von der Parteispitze angekündigt hat, zuletzt das Oberbergische. CDU-Vorsitzende war Merkel auch schon, als sie im September 2002 im Wahlkampf auf dem Lindenplatz auftrat, und sie war längst schon Bundeskanzlerin, als sie im August 2013 auf dem Weg zu einem Auftritt in Olpe mit einem Hubschrauber in Bergneustadt auf dem Dümpel landete.

SPD: Gnadenfrist für die Grosse Koalition

Auch bei der SPD Oberberg hat das schwache Ergebnis der Partei bei den Wahlen in Hessen Spuren hinterlassen. „Ich könnte es mir einfach machen und sagen, das es für mich von Anfang an eine Koalition der Schwäche war“, sagt der Kreisvorsitzende Thorsten Konzelmann. „Bisher war das ja eine einzige Regierungskrise.“

Obwohl er immer gegen eine Neuauflage der Großen Koalition gewesen sei, warnt Konzelmann jetzt davor, „kopflos zu reagieren“ und die Koalition kurzfristig zu verlassen. Die „Gnadenfrist“, die er persönlich der Regierung einräumen würde, ist allerdings kürzer als die, von der im Bund die Rede ist. „Für mich ist die nächste bundesweite Abstimmung, die Europawahl im Mai 2019, ein entscheidendes Datum“, sagt der SPD-Vorsitzende.

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Konzelmann verweist dafür auch auf die Bedeutung, die seine Partei dem Europa-Kapitel des Koalitionsvertrages zugemessen habe. Wenn die Wahlmisere der SPD auch dann anhalte, müssten die Sozialdemokraten die Koalition verlassen: „Wir können ja nicht bis zur Selbstaufgabe regieren.“

Im Oberbergischen will Thorsten Konzelmann in den nächsten Wochen vor dem Parteitag am 24. November, bei dem auch er zur Wahl steht, das Gespräch mit den Ortsvereinen suchen. Das gelte gerade für die, die sich mit kritischen Briefen an die Berliner Parteiführung gewendet hatten. Dazu gehöre neben Waldbröl, wo schon mit der Gründung einer „USPD“ gedroht wurde, inzwischen auch der in Bergneustadt, so der Vorsitzende. (kmm)

„Es ist zunächst einmal ein großer Verlust“, sagt einer über Merkels Rückzug, der sie 15 ihrer 18 Jahre als Parteivorsitzende in Berlin aus nächster Nähe erleben konnte: der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Klaus-Peter Flosbach. Über Merkel sagt Flosbach: „Sie war nie die herzliche Freundin, aber immer total sachorientiert. Sie hatte deshalb in der Partei eine hohe Akzeptanz, weil sie sich in allen Fragen sehr exakt auskannte.“ Das gelte gerade auch für das Ausland: „Ich habe immer wieder gehört: ,Ihr wisst gar nicht wie gut Ihr es mit Ihr habt’.“

Die öffentlichen Debatten des vergangenen Jahres seien aber „an allen nicht spurlos vorübergegangen“, meint Flosbach. Wer Merkels Nachfolge antreten soll, da will er sich nicht festlegen. Flosbach hat aber dabei aber auch jemanden auf dem Schirm, den gerade nicht jeder als ersten nennt: den neuen CDU-Fraktionsvorsitzenden Ralph Brinkhaus. „Als ich finanzpolitischer Sprecher der Fraktion in Berlin war, da war Brinkhaus mein bester Mann“, sagt Flosbach über den Ostwestfalen. Er halte Brinkhaus grundsätzlich für jeden Job in der CDU für geeignet: „Brinkhaus ist aber auch Realist. Ich weiß deshalb nicht, ob er sich beides zusammen – Fraktions- und Parteivorsitz – zutraut.“

Wenn das einer schaffen könne, dann Brinkhaus, meint wiederum Flosbachs Nachfolger als Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der CDU, Dr. Carsten Brodesser. Weil gerade keine Sitzungswoche ist, erlebte Brodesser in der bergischen Heimat die neue Entwicklung in Berlin. Über Merkels Ankündigung zeigte er sich wenig begeistert: „Ich halte das für das falsche Signal.“ Das Ergebnis in Hessen habe gezeigt, dass die Bürger mehr Sachpolitik von der Koalition in Berlin erwarteten. „Stattdessen wird eine Personalfrage in der CDU das politische Geschehen bis zum Jahresende lähmen“, befürchtet Brodesser.

Ohnehin hätte er es besser gefunden, wenn Merkel noch einmal zwei Jahre Parteivorsitzende geblieben wäre – „um dann den Übergang zu regeln“. Auch an der Basis im Oberbergischen gebe es bei aller Kritik an Merkel eine große „Sehnsucht nach einer Führungspersönlichkeit“. Und die sei Merkel: „Sie ist eine Galionsfigur.“

Der Mann, den Merkel im Mai 2017 im Wahlkreis besuchte, der heutige CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Bodo Löttgen, würdigte vor allem Merkels Auftritt am Montag in der Pressekonferenz: „Ich habe eine extrem starke Frau gesehen, die nicht nur staatspolitische Verantwortung gezeigt hat, sondern auch eine Perspektive für die Partei, deren Vorsitzende sie seit 18 Jahren sei.“

Er selbst, so Löttgen, sei von Merkels Schritt nicht überrascht worden. Nach den Ergebnissen bei den Wahlen in Bayern und Hessen sei eine Entscheidung einfach notwendig gewesen. Die CDU habe jetzt bis zum Bundesparteitag sechs Wochen Zeit, eine neue Vorsitzende oder einen neuen Vorsitzenden zu finden, und damit eine große Chance: „Das ist doch eine Sternstunde der Demokratie. Einige werden erstaunt sein, wie viele geeignete Kandidaten es für dieses Amt in unserer Partei gibt.“

2005, als Merkel Kanzlerin wurde, sei er zum ersten Mal in den Landtag gewählt worden, so Löttgen: „Anfangs habe ich sie deshalb eher aus der Ferne wahrnehmen können.“ Später, als Generalsekretär der NRW-CDU, habe er sie näher kennengelernt – „als jemanden, der eine Entscheidung bis zum Ende durchdenkt“. Das zeige sich auch jetzt bei dieser Entscheidung: „Es ist ganz wichtig, gerade aufgrund ihres Ansehens in der Welt, dass sie erstmal Kanzlerin bleibt.“

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