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Sachverständiger ist sicherTod nach Fehldiagnose im Krankenhaus Waldbröl

Lesezeit 3 Minuten
Eine Ansicht des Kreiskrankenhauses Waldbröl.

Im Kreiskrankenhaus Waldbröl unterlief dem Arzt bei der Behandlung einer 69-Jährigen ein „fundamentaler Fehler“, wie der Sachverständige im Zivilprozess aussagte. Die Frau starb. 

Nach dem Tod einer 69-Jährigen bescheinigt ein Sachverständiger den behandelnden Ärzten des Kreiskrankenhauses Waldbröl „groben Behandlungsfehler“.

Als die 69-Jährige ins Krankenhaus Waldbröl eingeliefert wurde, stellen Ärzte in der Notaufnahme Gelbsucht fest. Als Ursache für die gelbliche Verfärbung von unter anderem Haut und Schleimhäuten wird am 8. September 2020 eine alkoholbedingte Leberzirrhose diagnostiziert. Die Frau verstirbt wenige Tage später. Eine grobe Fehldiagnose, wie nun ein medizinisches Sachverständigengutachten vor dem Landgericht Köln feststellte. Dort hat Dietmar B. (56), Witwer der Verstorbenen, die Kreiskliniken Gummersbach-Waldbröl GmbH auf Schmerzensgeld verklagt.

Laut dem Gutachter hätten die behandelnden Ärzte in Waldbröl schon aufgrund der Ergebnisse der Blutuntersuchungen am Tag der Krankenhauseinlieferung der 69-Jährigen nicht von einer Leberzirrhose ausgehen dürfen. „Es gibt kein einziges Zeichen, anhand dessen auf eine Leberzirrhose geschlossen werden kann“, sagte der Sachverständige bei Ansicht der Ergebnisse. Schleierhaft war dem Gutachter auch, dass nicht noch gleichentags ein Ultraschall der Leber stattgefunden habe. „Die Vornahme einer Sonographie gehört absolut zum ordnungsgemäßen Vorgehen“, sagte der Sachverständige weiter. Ein Ultraschall hatte ausweislich dem Gericht vorliegenden Behandlungsdokumenten aber erst einen Tag später, am 9. September, stattgefunden.

„Fehlerhaft und nicht vertretbar“

Insgesamt habe es sich bei der Diagnose „alkoholbedingte Leberzirrhose“ um eine „fehlerhafte, nicht vertretbare“ gehandelt, so der Gutachter. Es sei „schlechterdings unverständlich, wie man die falsche Diagnose hat stellen können“, sagte der Gutachter, und er kam zu dem Schluss, dass der behandelnde Chefarzt der Inneren Medizin in Waldbröl einen „fundamentalen Fehler“ begangen habe. Zudem hätte der behandelnde Arzt spätestens nach der – zu spät – durchgeführten Ultraschalluntersuchung auf die Diagnose eines akuten Leberschadens respektive einer Hepatitis kommen müssen. Die Patientin hätte zudem vorsorglich auf die Transplantationsliste gesetzt werden müssen, so der Gutachter.

Von der Deutlichkeit der Aussagen durchaus überrascht wirkend, fragte die Vorsitzende der 25. Zivilkammer, Kerstin Falkenhof, noch mal nach: „Handelt es sich hier, mal in einfache Sprache übersetzt, um einen Fall von: Geht gar nicht?“ Die klare Antwort des Gutachters: „Ja.“ Alleine schon das Vorgehen am Tag der Einlieferung der Patientin ins Krankenhaus wertete der Sachverständige als „groben Behandlungsfehler“, der sich bis zum Versterben der Patientin am 15. September durchgezogen habe. Ursprünglich hatte die Kammer in einem Vergleich ein Schmerzensgeld von 12.000 Euro vorgeschlagen. Nach dem für das Krankenhaus desaströsen Gutachten ging die Kammer auf 20.000 Euro hoch.

Klinikum will sich nicht inhaltlich zu dem Fall äußern

„Für ein Menschenleben ist das ein Witz“, sagte Witwer B. im Anschluss der Verhandlung zu dieser Zeitung. „30 Jahre waren wir glücklich verheiratet“, sagte der 56-Jährige weiter, während ihm Tränen in die Augen schossen. Es gehe ihm in erster Linie auch gar nicht ums Geld, versicherte B.: „Die Summe bringt mir meine Frau nicht zurück.“ Ihm sei es vor allem um die Feststellung gegangen, dass seine Frau Opfer eines groben ärztlichen Behandlungsfehlers wurde. Eine Gewissheit, die er nun hat.

Der Anwalt der beklagten Seite hatte an den Gutachter keine Fragen. Er kündigte allerdings an, die neue festgesetzte Summe des Schmerzensgeldes mit dem Klinikum besprechen zu wollen. So erklärt sich dann auch, dass die Parteien dem geschlossenen Vergleich noch bis 4. Juni widersprechen können. Sollte es dazu kommen, beabsichtigt die Kammer am 25. Juni eine Entscheidung zu verkünden.

Klinikum-Geschäftsführer Sascha Klein ließ derweil über seine Pressesprecherin Angela Altz nur einen Satz schriftlich mitteilen: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns aufgrund eines laufenden gerichtlichen Verfahrens aktuell nicht inhaltlich zu diesem Vorgang äußern können.“