Nümbrecht/Waldbröl – Zwei Schulen haben die oberbergischen Bundestagskandidaten zu Diskussionen empfangen. Am Mittwoch standen sie in der Gesamtschule Waldbröl Rede und Antwort, am Donnerstag am Homburgischen Gymnasium in Nümbrecht. Jens Höhner und Arnd Gaudich waren dabei.
Warum war die SPD in Nümbrecht nicht dabei?
Ohne die AfD beim Namen zu nennen, ließ SPD-Kandidatin Michaela Engelmeier die Schüler des Homburgischen Gymnasiums in Nümbrecht am Donnerstag per Videobotschaft wissen, dass sie dagegen ist, rechtsextremistischen und rechtspopulistischen Positionen ein Podium zu geben. Ihr Fernbleiben hatte aber zur Folge, dass AfD-Kandidat Bernd Rummler in der Diskussion mit der Jahrgangsstufe 12 den größten Redeanteil hatte. Die Schüler und Schülerinnen nämlich übernahmen zum guten Teil den Job der anderen Parteivertreter und setzten Rummler mit vielerlei kritischen Nachfragen zu. Immer wieder musste er sich erklären, die anderen Parteivertreter wurden kaum angesprochen. Am Rande der zweistündigen Veranstaltung äußerten viele Schüler ihr Bedauern, dass die SPD nicht da war. Aber im Sinne der Chancengleichheit sei es richtig, auch der AfD zuzuhören.
Warum war die AfD in Waldbröl nicht vertreten?
Das sei, wiederholte die Kirsten Wallbaum-Buchholz, allein die Entscheidung der Schülervertretung gewesen. Sie habe sich entschieden, eine Auswahl von fünf Direktkandidaten demokratischer Parteien einzuladen. Bei der Auswahl von Teilnehmenden sei allein der Beutelsbacher Konsens zu beachten: Der gibt vor, dass zur Meinungsfindung kontroverse Positionen und Dissens deutlich werden müssen. Und das gehe auch ohne die Anwesenheit der AfD.
Zehn Plätze im Publikum für das Podium zu vergeben
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Wer vertritt Oberberg nach dem 26. September im Bundestag? Und was kann und sollte das Parlament für die Region in den nächsten Jahren auf den Weg bringen?Darüber wird nicht nur in den Schulen diskutiert. A m Freitag, 10. September, ab 17.30 Uhr sprechen die Chefredakteurin von Radio Berg, Wiebke Breuckmann, und Redaktionsleiter Frank Klemmer (Oberbergische Volkszeitung/Oberbergischer Anzeiger) mit den Direktkandidaten der im Bundestag vertretenen Parteien sowie der Freien Wähler wegen der kommunalpolitischen Bedeutung der in ihnen organisierten Wählergemeinschaften. Mit dabei sind: Dr. Carsten Brodesser (CDU), Sabine Grützmacher (Bündnis 90/Die Grünen), Jörg von Polheim (FDP), Diyar Agu (Die Linke), Bernd Rummler (AfD) und Christian Abstoß (Freie Wähler). Michaela Engelmeier (SPD) hat ihre Teilnahme wegen der Beteiligung der AfD abgesagt.Die Diskussion wird live im Internet unter ovz-digital.de zu sehen sein. Zehn unserer Leser können aber mit zehn Hörern von Radio Berg live dabei sein bei der Diskussion, die kurzfristig aus Wiehl in die Halle 32 nach Gummersbach verlegt wurde. Wenn Sie dazugehören wollen, schreiben Sie uns eine Mail mit Ihrem Namen, Adresse und Telefonnummer an redaktion. oberberg@ksta-kr.de. Es gelten die 3G-Regeln, die vor Ort kontrolliert werden. Teilen Sie uns deshalb bitte vorab schon mit, ob Sie diese mit Impf-, Genesenen- oder Testnachweis erfüllen wollen. (r)
Welche Themen bewegten die Nümbrechter?
Das Moderatorenduo Mats Karsten (16) und Hanaka Zell (15) aus der Klasse 10 führte durch die drei Themenblöcke Familie und Schule, Migration und Zuwanderung sowie Umwelt – und durch eine sehr engagierte Diskussion. Unterstützt von Lehrerin Christa Wirths leiteten Karsten und Zell jedes Gebiet mit knackigen Thesen ein. Zum Thema Familie etwa warfen sie das Bild einer Familie mit zwei Vätern an die Leinwand und fragten Rummler, warum für die AfD eine Familie nur aus Vater, Mutter und Kindern bestehe. Der erklärte, dass er auch homosexuelle Familienmodelle nicht ablehne: „Aber biologisch gehören zur Familie halt Mann und Frau. Daraus entstehen Kinder.“ Es dauerte nicht lange, bis sich im Publikum die ersten Fragesteller meldeten. Auch beim Thema Religionsunterricht galt das Interesse der Schülerschaft besonders Rummlers Ansichten, der sich gegen muslimischen Religionsunterricht aussprach. „Waren Sie schon mal in einem Religionsunterricht? Warum sollte man Schülern nicht auch den muslimischen Glauben erklären?“ Hoch her ging’s dann beim Thema Zuwanderung – und wieder stand Rummler im Zentrum. Was die AfD damit meine, Menschen an den Grenzen notfalls mit physischen Hindernissen zurückzuhalten? Seine Antwort: Ein Schlagbaum und Personal. Dr. Carsten Brodesser (CDU) wiederum fragte Diyar Agu (Die Linke), wie er es schaffen wolle, eine Vielzahl von Geflüchteten in Deutschland zu integrieren.
Was war in der Waldbröler Gesamtschule Thema?
Dort durften die fünf Kandidaten erst mal erklären, warum sie aus ihrer eigenen Sicht die beste Wahl für Oberberg seien. Danach stritten sie vor allem über die zurückliegende Corona-Politik, blickten in Sachen Corona-Politik ein wenig voraus, zankten schließlich über den Wert von Luftfilteranlagen, warben für die Impfung. Wenigstens Engelmeier, Sabine Grützmacher (Grüne) und Diyar Agu (Die Linke) sprachen in Zusammenhang mit der Pandemie an, wie wichtig nicht nur die digitale, sondern auch die personelle Ausstattung von Schulen ist – nicht nur für die moderne Bildung allgemein, sondern insbesondere, wenn Unterricht nicht im Klassenzimmer stattfinden kann. Die Oberstufenschüler stellten ihrerseits nur zwei Fragen: Sie wollten wissen, wie sich die Parteien die Rente der Zukunft vorstellen und ob für Beschäftigte mit Beamtenstatus ein Kopftuch-Verbot gelten solle oder nicht. Das Thema ÖPNV war vom Moderatorenduo, Schülersprecherin Lea Fröhling und Lehrer Andreas Dohm, angekündigt worden, kam in den 90 Minuten aber nicht zur Sprache.
Und was ist mit dem Klimawandel?
Weil die Zeit viel zu schnell verging, wurde das Thema Umwelt in Nümbrecht in aller Eile abgehandelt – eingeleitet mit einem Auszug aus dem AfD-Wahlprogramm, „der Anstieg von CO2 hat in den letzten Jahrzehnten zu einem Ergrünen der Erde beigetragen“. Mit der Auffassung stand Rummler alleine da, alle anderen Parteivertreter versprachen unisono, sich gegen den Klimawandel stark machen zu wollen.Ebenso an der Gesamtschule Waldbröl: Dort antworteten die Befragten mit parteipolitischer Programmatik – und überhaupt nicht regional.
Die Frage nach dem Kopftuch-Verbot. Diese überrumpelte die Politiker sichtlich. Nur Agu sprach sich klar dafür aus: „Religiöse Zeichen sind an neutralen Orten fehl am Platz.“ Die anderen Teilnehmer plädierten für Vielfalt und Freiheit, dafür – stellvertretend – Jörg von Polheim (FDP): „Den Staat hat es nicht zu interessieren, ob jemand abends die Bibel, den Koran, die Thora oder Krimis liest.“