Trotz CoronaRhein-Berg-Kreis registriert 330.000 Tempoverstöße in 2020

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Einen mäßigenden Einfluss üben Starenkästen wie hier an der Kürtener Gesamtschule auf eilige Autofahrer aus. Dank moderner Radar-Warn-Apps im Auto gilt das auch für Ortsfremde.

Einen mäßigenden Einfluss üben Starenkästen wie hier an der Kürtener Gesamtschule auf eilige Autofahrer aus. Dank moderner Radar-Warn-Apps im Auto gilt das auch für Ortsfremde.

Rhein-Berg – Starenkästen, Blitzer, Radarfallen: Tempolimits und die Kontrolle ihrer Einhaltung erhitzen seit Jahren die Gemüter. Die einen sprechen vom Schutz der Schwächeren, die anderen von „Abkassieren“. Insgesamt 330 000 Mal haben Polizei und Straßenverkehrsbehörden von Kreisstadt und Kreisverwaltung im Jahr 2020 für Sicherheit gesorgt und kassiert – trotz Corona.

Gegenüber der Vor-Corona-Zeit war das zwar ein Rückgang um 14 Prozent. Aber es waren immer noch mehr als doppelt so viele Vorgänge wie im Jahr 2016, wo nur rund 144 000 Verkehrsverstöße registriert und geahndet worden waren.

Blitzer auf A1 verdreifacht die Verkehrsverstöße

Woran das liegt? Vor allem am Blitzer auf der Autobahn 1 bei Burscheid. Mit ihm verdreifachte sich die Zahl der vom Kreis geahndeten Verkehrsverstöße; die Kreisverwaltung musste jede Menge neue Mitarbeiter einstellen.

Nina Eckhardt von der Kreishaus-Pressestelle: „Mit Einrichtung der Anlage 2017 an der A1 wurde zu Beginn ein abgestuftes Konzept umgesetzt. Es wurde aufgrund der anfänglich geringeren personellen Kapazitäten zuerst nur einige Stunden am Tag geblitzt. Diese Zeiten wurden schrittweise erhöht“ – zur Freude des Kämmerers, ist man versucht zu sagen. Jedoch betonen die Behörden unisono, dass es ihnen nicht ums Geld gehe, sondern um die Sicherheit.

Fragt man im Kreishaus nach den ergiebigsten Kontrollstellen, bekommt man eine leicht verschnupfte Antwort. Nina Eckardt: „Von »ergiebig« kann in diesem Zusammenhang nicht die Rede sein. Es geht hier ausschließlich um Gefahrenprävention und Gefahrenminderung.“

Es gehe nicht darum Einnahmen zu generieren

Bei der Geschwindigkeitsüberwachung handele es sich um eine sogenannte Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung. Eckardt: „Ziel ist es, die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu erhöhen und Unfälle zu vermeiden. Es geht dabei nicht darum, Einnahmen zu generieren.“

Die Stadt Bergisch Gladbach gibt an, dass sie zur Ergiebigkeit keine Statistik habe. Polizeisprecher Christian Tholl schließlich sagt: „Hierzu sind keine zuverlässigen Angaben möglich, da ein Ergebnis auch immer von der Dauer einer Messstelle und auch der Schwere der Verstöße abhängt.“

Löwenanteil liegt beim Kreis

Gleichwohl listet Tholl die Streckenabschnitte mit den häufigsten Verstößen auf: in Rösrath die Sülztalstraße, in Bergisch Gladbach ein Teil der unteren Hauptstraße (Bereich Dechant-Müller-Straße), in Odenthal die Hauptstraße (Ortsdurchfahrt, Nähe Altenheim), in Leichlingen Förstchen und Am Hammer und in Overath die Lindlarer Straße (hier wurde Tempo 30 aber wie berichtet wieder zurückgenommen) und der Ferrenberg.

Ein Blick auf die Zahl der registrierten Verkehrsverstöße zeigt, dass in erster Linie gar nicht die Polizei, sondern die Ämter von Stadt und Kreis für die Überwachung sorgen. Beispiel 2020: Von den 330 000 Verstößen registrierten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte lediglich knapp 22 000 und die mobilen und stationären Blitzer der Kreisstadt nicht einmal 15 000. Den Löwenanteil wickelte der Kreis ab.

Kommunen, Kreise und Polizei sind zuständig

Dabei gehen die Behörden arbeitsteilig vor. Nach den entsprechenden NRW-Vorschriften sind „sowohl die Ordnungsbehörden der Kommunen und des Kreises als auch die Polizei für die Überwachung des Verkehrs zuständig“, sagt Polizeisprecher Christian Tholl.

In der Abgrenzung von Stadt und Kreis gibt es eine klare Regel: Die 110 000-Einwohner-Kreisstadt ist seit ein paar Jahren für stationäre und mobile Messungen im eigenen Stadtgebiet zuständig, der Kreis macht den Job in den sieben anderen, kleineren Kommunen Rösrath, Overath, Kürten, Odenthal Burscheid, Wermelskirchen und Leichlingen.

Stadt und Kreis

Bis 2008 hat die Kreisverwaltung auch in der Kreisstadt das Tempo gemessen. Zum 1. März 2008 übernahm die Stadt zunächst die mobilen Kontrollen vom Kreis und ab 1. Dezember 2011 auch die stationären. Die damals sechs Starenkästen wurden umfassend modernisiert. (sb)

Für die Überwachung haben die Behörden unterschiedliche Instrumente. Die Polizei besitzt 14 Lasermessgeräte, ein ziviles Messfahrzeug sowie ein „ProVida“-Spezial-Motorrad. Zudem kann die Polizei durch Hinterherfahren das Tempo kontrollieren sowie Fahrtenschreiber auswerten. Außer Betrieb sind Stoppuhren .

Stadt und Kreis verfügen jeweils über eigene Messfahrzeuge und eigene Starenkästen beziehungsweise Messsäulen (Standorte siehe Grafik). Aber nicht überall, wo ein Kasten steht, ist auch eine Kamera drin. An manchen Stellen wird nur in einer Richtung geblitzt, woanders aber in beide. Der Kreis gibt insgesamt 19 Standorte an, für die aber nur zehn Kameras zur Verfügung stehen. Die Anlage am Funkenhof in Odenthal wurde ausgemustert und übernimmt neue Aufgaben auf der Sülztalstraße in Rösrath.

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Die Stadt Bergisch Gladbach hat die Zahl der von ihr fest betriebenen Mess-Stationen von sechs auf zwei heruntergeschraubt, dazu gibt es pädagogisch wirkungsvollen Attrappen. Hinzu kommen bei der Stadt 65 und beim Kreis 350 Messpunkte für mobile Kontrollen.

Der Kreis hat aktuell zwei Radarfahrzeuge, die in beide Richtungen messen können, im Einsatz, die Stadt eines. Aktuell prüft die Stadt den Kauf von „Blitzanhängern“, mit den manche Autofahrerinnen und Autofahrer bereits auf Kölner Stadtgebiet oder auf der Autobahn Bekanntschaft gemacht haben dürften. Es gibt aber einen Trick, wie man sich vor der ganzen Überwachungstechnik schützen kann: Die Fahrzeit nicht zu knapp kalkulieren und sich an die Regeln halten.

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