Ausbildungsmarkt im WandelIn Rhein-Berg gab es mehr Bewerber als Ausbildungsstellen

Lesezeit 3 Minuten
Carsten Berg, Pascal Sahlmen, Marcus Otto stehen in einer Reihe.

Die Zahlen zum Ausbildungsmarkt präsentierten (v.l.) Carsten Berg (IHK), Pascal Sahlmen (Agentur für Arbeit) und Marcus Otto (Handwerkerschaft). Luhr

Der Ausbildungsmarkt ist nach Regionen und Branchen sehr unterschiedlich aufgestellt.

„Wir können es uns nicht mehr leisten, auch nur einen Jugendlichen zu verlieren“: Bevor Pascal Sahlmen, Geschäftsführer Operativ der Bergisch Gladbacher Agentur für Arbeit, am Mittag in der Zentrale der Kreishandwerkerschaft in Schildgen die Zahlen zum Ausbildungsmarkt in Rhein-Berg und Leverkusen vorstellt, geht er ins Grundsätzliche: Demografischer Wandel und, damit einhergehend, Fachkräftemangel werden zu einem immer drängenderen Problem.

Busse und Bahnen, die im Depot bleiben, Kita-Betreuungsstunden, die ausfallen, und sogar die Schwierigkeit, einen Friseurtermin zu bekommen, nennt er als Belege. Andererseits klingen die Zahlen, die die Vertreter von Kreishandwerkerschaft Bergisches Land, Industrie- und Handelskammer Köln und Agentur für Arbeit im Anschluss präsentieren, gar nicht übel.

Mehr Bewerber als Ausbildungsstellen in Rhein-Berg

Insgesamt haben 3.849 Bewerber um eine Ausbildungsstelle die Dienste der Agentur, zuständig für Rhein-Berg, Leverkusen und Oberberg, in Anspruch genommen, 43 oder 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr um diese Zeit. Gleichzeitig haben die Arbeitgeber der Agentur für Arbeit 3.767 Berufsausbildungsstellen bis Ende September gemeldet, 35 (0,9 Prozent) weniger als im Vorjahr.

„Auf den ersten Blick scheint das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf der Ebene der Gesamt-Agentur relativ ausgeglichen“, sagt Sahlmen. „Betrachtet man die einzelnen Regionen, sind jedoch Unterschiede erkennbar.“ In Leverkusen und Rhein-Berg gebe es mehr Bewerber als Ausbildungsstellen. In Leverkusen sei die Zahl der Bewerber gestiegen, während die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen leicht gesunken sei. Im Rheinisch-Bergischen Kreis seien sowohl die Bewerberzahlen als auch die Zahl der Ausbildungsstellen leicht gestiegen. In Oberberg schließlich ist sowohl die Zahl der gemeldeten Stellen als auch die der gemeldeten Bewerber gesunken.

Mehr Ausbildungsstelen als im Vorjahr

Konkret wurden in Rhein-Berg 1.109 Berufsausbildungsstellen gemeldet, 30 Stellen oder 2,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Davon sind derzeit noch 141 unbesetzt – zwei oder 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Auf Bewerberseite stehen diesen Stellen 1413 gemeldete Ausbildungssuchende gegenüber. Das sind 49 Jugendliche oder 3,6 Prozent mehr als im Vorjahr um diese Zeit. 146 gelten zum aktuellen Stand als unversorgt – dies sind 40 Jugendliche oder 37,7 Prozent mehr als im Vorjahr.

Die Zahl der Ausbildungsverträge für das regionale Handwerk nennt Marcus Otto, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, „zufriedenstellend“. Bis zum Stichtag Ende September/Anfang Oktober gab es in Leverkusen knapp unter zehn Prozent weniger abgeschlossene Ausbildungsverträge als im Vorjahr, in Rhein-Berg dagegen rund neun Prozent mehr.

Zukunftsfragen werden für Bewerber wichtiger

Ein sattes Plus könnten in diesem Jahr die Ausbildungsberufe verzeichnen, die sich auch mit den Zukunftsaufgaben wie Klimaschutz und Energiewende oder Digitalisierung befassen, so die Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik oder auch die Elektroniker. Die Zahlen der abgeschlossenen Ausbildungsverträge seien hier „wie eine kleine Rakete“ nach oben geschossen.

Sorgenkinder sind dagegen neben den Kraftfahrzeugmechatronikern auch die Friseure. Für letztere nannte Otto eine Zahl: „Als ich hier vor 25 Jahren anfing, gab es in Rhein-Berg, Leverkusen und Oberberg jeweils 60 Auszubildende in einem Jahrgang. Heute sind es zusammen   30 bis 35.“

Carsten Berg, Leiter des Bereichs Ausbildung der IHK Köln, strahlt für den Bezirk der Kammer Zuversicht aus: „Erstmals seit Corona wurde die 8000er-Marke wieder geknackt.“ In Leverkusen habe es 634 Ausbildungsverträge (plus 6,0 Prozent / plus 36 Verträge) gegeben, in Rhein-Berg 579 (plus 10,7 Prozent / plus 56 Verträge).

Viele Unternehmen hätten noch bis nach den Sommerferien Stellen besetzt. Und auch jetzt sei es noch nicht zu spät, in eine Ausbildung zu starten. Berg: „Wer also zum Beispiel seinen gewünschten Studienplatz doch nicht bekommen hat, sollte sich auf dem Ausbildungsmarkt zeigen. Die Chancen auf einen interessanten Ausbildungsplatz sind immer noch sehr gut.“

KStA abonnieren