Gitarrist der Paveier, Sven Welter„Kein Privatleben während der Session“

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Seit fast fünf Jahren singt und spielt Sven Welter Gitarre bei den Paveiern. Die Fans, nicht nur in Köln und Umgebung, lieben die sechs Musiker und bejubeln sie zur Zeit auf vielen Bühnen. Der neue Sessions-Hit „Uns jeiht et joot“ wird dabei kräftig gefeiert. Alleine im Januar und Februar haben und hatten die Paveier 210 Auftritte in ganz Nordrhein-Westfalen. Das bedeutet für die sechs Musiker sechs bis acht Auftritte pro Tag. Mitten in der Karnevalsession, die gerade auf Hochtouren läuft, hat sich der Hürther Sven Welter (34) die Zeit genommen, um uns einen Blick hinter die Kulissen und in sein Leben zu gewähren.

Die Paveier touren zur Zeit täglich durch die Säle und bringen die Stimmung zum Kochen. Hast Du als Sänger und Gitarrist bei den Paveiern Deinen Traumberuf gefunden?

Sven Welter: Ich habe sehr früh mit Musik angefangen. Musik machen war schon immer mein Traum. Was bei den Paveiern passiert, ist musikalisch und zwischenmenschlich absolut mein Ding. Wir sind wirklich ein eingeschworener Haufen.

Ist es nicht manchmal anstrengend oder sogar nervig, an einem Abend mehrfach die selben Lieder zu singen?

Für einen Auftritt haben wir in dieser Session sechs Songs vorbereitet. Bei sechs bis acht Auftritten am Tag wiederholt sich da natürlich einiges. Aber die Lieder sind ja unsere Produkte, unsere Babys. Und die bringen wir immer mit voller Leidenschaft. Selbst wenn einer von uns einmal krank ist oder müde – wir gehen trotzdem immer zu sechst auf die Bühne und machen Alarm. Wir sind immer hundertprozentig authentisch.

Bei all den Hits, die die Paveier im Repertoire haben. Hast Du eigentlich ein Lieblingslied?

Das ist schwer zu sagen. Unser neuer Titel „Uns jeiht et joot“ macht natürlich besonders viel Spaß, weil die Leute dabei so abgehen. Ich ja auch. Das ist so Rock-’n-Roll-mäßig. Und vom Rock komme ich schließlich. Den Song haben wir alle zusammen geschrieben. Die Idee die dahinter steckt: Es gibt immer Typen an einem Stammtisch, die philosophieren und für alles irgendwie eine Lösung haben. Aber auch das Lied „Heimat“ mag ich total. Das hat eine besondere Wirkung aufs Publikum. Da kommt Heimatgefühl auf, das wohl jeder Kölner in sich trägt.

Wie hoch ist bei Euch der Druck, auch regelmäßig einen Nummer-1-Hit zu liefern?

Der Druck, einen guten Titel zu machen, ist da. Viele denken, dass mit dem Namen Paveier schon alles geritzt ist. Das stimmt aber nicht. Wir arbeiten das Jahr über an unseren Liedern. Die Titel kommen dabei aus uns heraus. Wir wollen dann das Bestmögliche aus unseren Ideen machen und hoffen natürlich, dass es allen gefällt. Das hat aber nichts mit dem eigenen Ego zu tun. Wir sind ein Haufen, wir sind quasi ein Ego. Das heißt, von uns wird keiner einzeln betrachtet.

Gibt es eine Bühne, auf der Du besonders gerne spielst?

Es gibt ein paar Bühnen, die ich gerne mag: im Gürzenich zum Beispiel, im Maritim oder in den Sartory-Sälen. Das sind altehrwürdige Orte. Da ist schon viel passiert. Aber natürlich ist die Kölnarena auch beeindruckend. Aber auch in den kleinen Sälen im Umland bin ich gerne. Da ist alles noch urtümlich und traditionell. Diese Bühnen sind unsere Basis.

Wie geht es Dir, wenn Du nach einem Abend mit acht Auftritten nach Hause kommst?

Von der Bühne und dem ganzen Trubel nach Hause zu kommen ist totales Kontrastprogramm. Wenn ich nach Hause komme, brauche ich immer mindestens eine Stunde, um runterzukommen. Ich gehe duschen, trinke einen Ingwertee, schaue noch Nachrichten, und dann gehe ich schlafen.

Wenn in den Sälen bei Euren Auftritten ausgelassen gefeiert wird, macht Ihr da mit? Trinkst Du dann auch mal ein Bier?

Nein. Ganz klar. Alkohol ist für uns alle Tabu. Bei dem Pensum muss man wirklich klar bleiben, ansonsten schafft man das nicht. An Silvester trinke ich mein letztes Glas Wein. Bier gibt es erst wieder an Rosenmontag nach unserem letzten Auftritt. Dann gehen wir mit der Truppe gemeinsam feiern.

Die Belastung ist enorm hoch – wie hältst Du Dich gerade während der Session fit?

Eigentlich kann man nur versuchen, sich gesund zu ernähren. Mageres Fleisch und Wok-Gemüse stehen bei mir an oberster Stelle. Bloß keine Berge an Pommes essen, die einem wie ein Stein im Magen liegen! Und natürlich versuche ich, möglichst viel zu schlafen und viel Tee zu trinken.

Und wie sieht dabei Dein Privatleben aus?

Während der Session habe ich kein Privatleben. Gerade habe ich mich von meinen zwei besten Freunden verabschiedet. Bis Rosenmontag habe ich keine Chance mehr, sie oder andere Freunde zu treffen. Nach Karneval nehme ich mir einige Tage Auszeit, um komplett abzuschalten. Dann geht es in ein Hotel mit Sauna. Und erst danach beginnt mein normales Leben wieder.

Wie sieht Dein Leben nach der Karnevalssession aus?

Eigentlich bin ich ganz normal. Ich habe den Luxus, dass einmal in der Woche eine Putzfrau in meine Wohnung kommt. Ansonsten kümmere ich mich selber um den Haushalt. Ich bügle selber, und ich koche auch selber. Ja, ich habe das Kochen für mich entdeckt. Ich mag vor allem Reispfanne mit Gemüse. Und auch gebratenes Rinderfilet. Neben der Arbeit mache ich gerne Sport, gehe ins Kino oder mit Freunden essen. Ich habe einen mir sehr heiligen Freundeskreis: meine heiligen Fünf! Wir stellen gerne eine Flasche Wein auf den Tisch und quatschen. Mit ihnen erlebe ich Normalität.

Apropos Normalität. Bekommst Du während der Karnevalszeit bei all den Touren auch mit, was in der Welt passiert?

Ja klar, wir haben alle nicht nur die Bühne im Kopf, und es dreht sich nicht alles nur um Karneval. Deshalb sprechen wir im Bus viel über Politik und allgemeine Themen. Man muss schon immer nach links und rechts schauen.

Wie empfindest Du die aktuelle Lage rund um die Themen Pegida und den Anschlag in Paris?

Was in Paris passiert ist, das hat mich total geschockt. Da war nur pures Entsetzen. Ich finde, dass Satire ein hohes Gut in der Medienlandschaft ist – und schon immer war. Bezüglich Pegida: Die Tatsache, dass Menschen auf die Straße gehen, um ihre Meinung zu äußern und um sich an die Politik zu richten, finde ich grundsätzlich gut. Was ich allerdings überhaupt nicht gut finde sind hier die Köpfe, die dahinter stecken. Und: Die Gefahr ist, dass auf diese Weise Menschen Gehör finden, die rechtsradikaler Gesinnung sind – und das unter dem Deckmantel der Demokratie. Jede Form von Fanatismus und Radikalismus ist für mich eine Katastrophe.

Das Gespräch führte Britta Havlicek

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