„Kardinal Woelki hat Angst“Pulheimerin rechnet mit der katholischen Kirche ab

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Margret Korecky hat sich nach langer Überlegung für einen Austritt aus der Kirche entschieden, nicht zum ersten Mal.

Margret Korecky hat sich nach langer Überlegung für einen Austritt aus der Kirche entschieden, nicht zum ersten Mal.

  • Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Text aus unserem Archiv, der unsere Leserinnen und Leser besonders interessiert hat. Er wurde zum ersten Mal am 22. Februar 2021 veröffentlicht.

Pulheim-Stommeln – „Wir sind nicht mehr die Schafe, die ohne Widerspruch dem Hirten hinterherlaufen“. Margret Korecky (70) ist eine Frau der klaren Worte. Und sie ist sich ihrer Sache ganz sicher. „Die Zeit, aus der katholischen Kirche auszutreten und diesem Verein endgültig den Rücken zu kehren, war gekommen“, sagt die Sozialpädagogin. „Ich wollte ein Zeichen setzen, dass es so nicht weitergeht.“

Beinahe täglich lieferten ihr die katholische Kirche und vor allem Kardinal Rainer Maria Woelki Argumente, sich richtig entschieden zu haben, bekräftigt sie. „Allerdings heißt das nicht, dass ich meinen Glauben ad acta gelegt habe“, gibt Margret Korecky zu bedenken. „Für mich ist der Glaube enorm wichtig, ich lebe ihn jetzt aber eher spirituell aus.“

Drei Pfarrer konnten Pulheimerin nicht umstimmen

Mittelpunkt ihres Wohnzimmers ist eine große Marienstatue. In der Bibel, die danebenliegt, liest sie fast täglich. „Aber in eine Kirche gehe ich nicht mehr“, sagt sie. Die drei Pfarrer in ihrer Familie, ihre Cousins, haben sie nicht umstimmen können. Als Kind war Korecky mit Begeisterung dabei, ging 1958 mit viel Freude zur Kommunion, später zur Firmung.

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Doch schon als Jugendliche empfand sie einen Widerspruch zwischen dem, was gepredigt und dem, was gelebt wird. „Unser Nachbar war ganz besonders fromm“, erinnert sie sich. „Doch zu Hause hat er seine Frau verprügelt.“ Das gab ihr zu denken. Mit Mitte 20 trat sie das erste Mal aus der Kirche aus. Ihre Beweggründe damals? „Die katholische Kirche hatte sich gegen die Pille ausgesprochen. Und ehe ich mich versündige, dachte ich, trete ich lieber aus.“

Später machte sie diese Entscheidung rückgängig, trat wieder ein und ließ auch ihre beiden Kinder taufen. „Das habe ich getan, damit meine Kinder eine geistige Grundlage haben und einen Bezug zum Glauben entwickeln können“, erklärt sie. Als Katechetin bereitete die gläubige Christin später Kinder auf die Kommunion vor.

„Kardinal Woelki hat Angst, seinen Posten zu verlieren“

Doch die Enttäuschung kam zurück. „Die Liebe fehlte immer mehr“, sagt sie bedauernd. „Ich kann mich nicht in einer Kirche aufgehoben fühlen, die sich so wenig von der Liebe zu den Menschen leiten lässt“. Das Verhalten des Kardinals Rainer Maria Woelki, der seit Monaten ein Missbrauchsgutachten wegen rechtlicher Bedenken zurückhält, sei durch Angst geprägt. „Angst, Macht und den Posten zu verlieren, Angst um den Ruf der katholischen Kirche“, vermutet Margret Korecky.

Die Opfer würden brüskiert und vieles werde vertuscht, was zu einem enormen Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust führe, sagt sie. „Das Unrechtsbewusstsein fehlt völlig.“ Aus dieser Enttäuschung heraus sei auch die Bewegung Maria 2.0. entstanden. „Die Frauen bringen so viel Energie in die katholische Kirche und werden immer wieder abgeschmettert“, findet Margret Korecky. „Es kann nicht sein, dass die Männer allein das Heil für sich gepachtet haben.“

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So wie Margret Korecky denken viele. Die Zahl der Kirchenaustritte steigt bundesweit sprunghaft an. Allein im Erzbistum Köln liegt sie derzeit bei rund 1000 im Monat. Auf das Jahr hochgerechnet entspräche das einer Zunahme von rund 70 Prozent. Margret Korecky: „Es muss sich grundlegend etwas ändern in der katholischen Kirche. Ich bete jeden Tag und halte meinen Kontakt zu Gott. Und ich habe Vertrauen, dass eines Tages nicht die Angst, sondern die Liebe überwiegt.“

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