Abo

Seit 150 JahrenFirma Hubert von Carnap aus Windeck stellt Pappverpackungen her

Lesezeit 3 Minuten
Pappverpackungen, wie sie jeder aus dem Discounter kennt, zeigen Martin Troica und Jürgen Bergmann.

Pappverpackungen, wie sie jeder aus dem Discounter kennt, zeigen Martin Troica und Jürgen Bergmann.

Windeck – Wer sich die Produkte der Maueler Firma Hubert von Carnap einmal genauer anschaut, kann sich durchaus von der Kunst des Falzens, Stanzens und Klebens begeistern lassen. Und dennoch landen sie meist unbeachtet in Pappcontainern in der gesamten Republik. 50 Mitarbeiter stellen unmittelbar an der Siegtalstrecke im drei Schichten unter anderem jene Papp-Steigen her, die in jedem Discounter dafür sorgen, dass Joghurtbecher unbeschädigt im heimischen Kühlschrank ankommen.

In diesem Jahr feiert der Betrieb sein 150-jähriges Bestehen. Die Idee, sich mit Verpackungen selbstständig zu machen, hatte der Gründer Caspar Hubert von Carnap 1870 in Köln. Noch heute hat die Firma ihren Verwaltungssitz dort im Agnesviertel an der Balthasarstraße. Die Gründerfamilie übergab sie nach dem Zweiten Weltkrieg an den Kaufmann Theodor Zimmermann, der im Jahr 1945 in den im Zweiten Weltkrieg ausgebombten Betrieb eingestiegen war. Bis heute führen seine Nachfahren die Firma.

Produziert wurde auch nach dem Wiederaufbau im Agnesviertel. Schon in den 50er Jahren wurde es dort zu eng. Ein Betrieb im Altmühltal wurde hinzugekauft. Der musste in den 80er Jahren dem Main-Donau-Kanal weichen. In Windeck-Mauel entstand 1972 zunächst ein Zweigwerk, weil eine Erweiterung im Agnesviertel nicht möglich war. Zwei Jahre später zog die komplette Produktion an die Obere Sieg.

Alles zum Thema Agnesviertel

Die Mitarbeiter gingen damals mit. Seitdem wird mit Blick auf die Burgruine Windeck Pappe bedruckt, gestanzt und gefaltet, mal zum einfachen Pappkarton, mal zum komplizierten Warenträger, mal zum Paket mit heiklem Inhalt wie zum Beispiel Sprengstoff.

Solarstrom

Während in den Werkshallen der Firma Hubert von Carnap von den Mitarbeitern Kartonagen hergestellt werden, kommt ein völlig anderes Produkt vom Dach. 818 Photovoltaik-Module erzeugen insgesamt 253,58 Kilowatt Strom. „Pro Jahr erreichen wir eine Leistung von 180 Megawatt“, berichtet Geschäftsführer Jürgen Bergmann. 117 Tonnen CO2 würden gespart.

Verbraucht wird die Energie von den Maschinen in den Produktionshallen. Wenn am Wochenende die Maschinen still stehen, fließt der Strom ins allgemeine Netz und versorgt – zumindest theoretisch – das Dorf Mauel gleich nebenan.

Für Bergmann ist die Eigenproduktion ein Rechenexempel. Vor der Installation wurde Strom im Wert von etwa 10 000 Euro monatlich eingekauft. Mit der Ersparnis amortisiert sich die Photovoltaikanlage in etwa sechs Jahren.

Als eine der nächsten Investitionen plant Hubert von Carnap eine Schredderanlage für Restpappe, die dann auch von Nachbarn genutzt werden kann. (sp)

„Wir verpacken so ziemlich alles“, erklärt Martin Trojca, Assistent der Geschäftsführung, das Geschäftsfeld. Egal, ob Werkzeuge, Pharmaartikel, Sprengstoff oder Lebensmittel, wenige Meter von der Sieg entfernt wird in Mauel die passende Verpackung entwickelt. Und wenn bei Aldi der Joghurt knapp wird, muss auch an der Oberen Sieg der Bereitschaftsdienst ran, um neue Kartons vom Lager auszuliefern oder notfalls sogar herzustellen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die höhere Nachfrage nach Milchprodukten während des Lockdowns wegen der Corona-Pandemie in diesem Jahr und der Mehrbedarf im Homeoffice kam auch im Werk in Windeck an. Die Hersteller großer Verpackungen für die Gastronomie verzeichneten Umsatzeinbußen. Plastikeimer waren nicht mehr gefragt. Derweil standen die Maschinen in Mauel nicht still, weil kleine Portionen mehr denn je gefragt waren. Den Einbruch bei Verpackungen in anderen Branchen, wie im Automobilsektor, konnte Hubert von Carnap auf diese Weise verkraften.

Für die Mitarbeiter wurde ein Hygienekonzept entwickelt, Schichten, die sich nicht begegneten, zum ersten Mal seit Jahren Arbeiten ohne Ferienhelfer und eine freiwillige Urlaubssperre gehörten dazu. Gleichzeitig wurde weiter an Produktionsabläufen gefeilt, das Lager optimiert. Eine Erweiterung des Betriebes ist noch immer eine Option, zumal ein Grundstück gleich nebenan frei ist.

Zum Jubiläum wollten die Geschäftsführer Jürgen Bergmann und Lothar Irion ursprünglich die Mitarbeiter zu einem großen Fest einladen. „Das liegt erst mal auf Eis“, erklärt Bergmann. Für jeden gibt’s aber auf jeden Fall in diesem Jahr einen Corona-Bonus von 1000 Euro – netto.

KStA abonnieren