Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg hat 300 Mitgliederumfragen von Unternehmen und Einzelhändlern ausgewertet.
KonjunkturEinzelhandel in Rhein-Sieg beklagt schlecht laufende Geschäfte

Der Einzelhandel ist unzufrieden. Hier Geschäfte am Siegburger Markt.
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Rote Pfeile, blaue Pfeile, grüne Pfeile auf den Grafiken mit den Konjunkturdaten für die Region, und die meisten zeigen in eine Richtung: zur Seite. Nicht nach oben, nicht nach unten. Hubertus Hille, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg, spricht mit Blick auf die bunten Zeichen von einer „Seitwärtsbewegung“, doch im Grunde bewegt sich nichts. Die Konjunktur in unserem Wirtschaftsraum stagniert, und das schon seit drei Jahren.
Die IHK hat am Dienstag den Lagebericht für das Frühjahr 2025 vorgestellt. Konjunkturexperte Michael Schmaus hat dafür eine Befragung unter rund 1700 Mitgliedsunternehmen ausgewertet, von denen etwa 300 die Fragebogen ausgefüllt hatten; das sei repräsentativ, sagt Schmaus. Gefragt wird nach der Situation der Firmen und nach ihren Erwartungen; daraus bildet die Kammer den in Punkten bemessenen Konjunkturindex ab. Die „magische Grenze“ sind 100 Punkte, alles, was darüber liegt, gilt als gut.
Umsätze in Bonn und Rhein-Sieg sind rückläufig
Der Konjunkturklimaindex für den Frühling zeigt für alle Branchen 98 Punkte und ist damit negativ zu werten. Vor einem Jahr rutschte er mit 102 Punkten knapp über die 100er-Marke. „Es kommt nicht richtig aus dem Quark“, kommentierte IHK-Präsident Stefan Hagen die Entwicklung.
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Die Unternehmer bewerten ihre Geschäftslage insgesamt weiterhin neutral, 24 Prozent teilen mit, sie sei schlecht, 27 Prozent nennen sie gut. Pessimistisch fallen die Erwartungen aus, nur 17 Prozent rechnen mit einer Verbesserung, 24 Prozent mit einer Verschlechterung.
Geringe Nachfrage, Fachkräftemangel und hohe Arbeitskosten belasten Betriebe
Dieses Bild zieht sich durch alle Branchen. Bei den Dienstleistern, die stärkste Sparte im Kammerbezirk, setzt sich die Stagnation fort. Die Umsätze sind weiter rückläufig, die Investitionsbereitschaft ist verhalten. Das größte Risiko sehen die Dienstleistungsfirmen in der zurückhaltenden Inlandsnachfrage; zwei Drittel von ihnen befürchten dadurch negative Auswirkungen auf ihre Geschäfte.
Ähnlich antworteten die Einzelhändler: Geringe Nachfrage, Fachkräftemangel und hohe Arbeitskosten belasten die Betriebe. 28 Prozent der Kaufleute berichten von Rückgängen ihrer Eigenkapitalquote, weil sie zu wenig einnehmen, 16 Prozent müssen Außenständen nachjagen. Hinzu kommen steigender Leerstand, mangelnde Sauberkeit, Sicherheit und Attraktivität der Innenstädte.
Nur sechs Prozent der Verkehrsunternehmen nenne ihre Situation „gut“
Die IHK schaut dabei vor allem auf Bonn. In einer im Februar veröffentlichten Studie des Instituts IFH Köln über „vitale Innenstädte“ liegen Leipzig, Erfurt und Chemnitz bei den Großstädten mit über 200.000 Einwohnern vorn. Laut der Untersuchung, die auf Passantenbefragungen beruht, sind Shoppen und Gastronomie die wichtigsten Anreize für einen City-Besuch.
Auch in der Informations- und Kommunikationstechnologie (ITK) mit einem Flaggschiff wie der Telekom an der Spitze greift der Negativtrend. Der Index hat sich bei 89 Punkten eingependelt. Erstmals wird die ITK-Branche mit dem Thema Beschäftigungsabbau konfrontiert, weil 26 Prozent planen, den Personalbestand zu reduzieren. Nur sechs Prozent der Verkehrsunternehmen nennen ihre Situation gut, 69 Prozent befriedigend. Die Spediteure klagen über eine marode Infrastruktur, dadurch dauerten Touren länger und seien schwerer verlässlich zu planen.
Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump schwächt das Auslandsgeschäft
Düster sieht es auch in der Industrie aus, weil es dort keine Frühjahrsbelebung gibt. Anhaltend hohe Energie- und Rohstoffpreise und zurückgehende Auftragseingänge sorgen dafür, dass die Firmenchefs die Daumen senken, wenn sie nach ihren Erwartungen gefragt werden.
Über die gesamte Wirtschaft in der Region hat sich wie ein grauer Schleier die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump gelegt. Er gilt als Risikofaktor. Die exportabhängige Industrie setzt seinetwegen schon gar nicht mehr aufs Auslandsgeschäft, der Pfeil in der Spalte „Erwartungen“ geht steil nach unten.
Zeit also für die neue Bundesregierung, das Steuer herumzureißen. Doch die IHK zeigt sich skeptisch, ob der nötige Ruck vollzogen wird. „Ein Sondervermögen allein macht keinen nachhaltigen Aufschwung“, konstatiert Hauptgeschäftsführer Hille. „Die Politik muss die richtigen Prioritäten setzen und die Planungs- und Genehmigungsverfahren straffen, damit das Geld sinnvoll investiert wird. Sonst erleben wir nur ein teuer erkauftes Strohfeuer.“ Kammerpräsident Hagen fordert von Berlin „eine wirkliche Trendwende“.