In einem Naherholungsgebiet unmittelbar hinter dem Wohngebiet, durch das unter anderem der ausgewiesene Fahrradweg nach Spich führe, sorge die Stadt nicht für die Sicherheit von Spaziergängern und Radfahrern. Mit dem Argument „alles Natur“ unterließen die Verantwortlichen dringend notwendige Arbeiten an toten oder abgeknickten Bäumen.
Stadtverwaltung weist Vorwürfe zurück
Die Stadt Troisdorf weist die Vorwürfe zurück: „Ihrer gesetzlich eingeschränkten Verkehrssicherungspflicht in Forstbereichen kommt die Stadt Troisdorf in vollem Umfang nach“, erklärte Rathaussprecherin Bettina Plugge.
Am Unglücksort gebe es „in einer sogenannten Forstfläche in einiger Entfernung zur Wohnbebauung“ keine beziehungsweise nur eine eingeschränkte Verkehrssicherungspflicht, teilte die Stadtverwaltung in einer Stellungnahme mit. Die Haftpflichtversicherung habe einen Anspruch im November 2021 abgelehnt, „weil die Stadt ihrer Verkehrssicherungspflicht umfassend nachgekommen ist“. (dk)
Stadt betont gewissenhafte Arbeit
Äußerst gewissenhaft komme die Stadt der Pflicht nach, an Straßen, im Wald, im Umfeld von Bäumen, auf Spielplätzen und Friedhöfen, an Badeseen sowie bei Veranstaltungen für Sicherheit zu sorgen. „Dennoch sind Unfälle nicht gänzlich zu vermeiden“, was man bedauere. Gleichwohl sei die Stadt an die – in diesem Fall ablehnende – Entscheidung der Haftpflichtversicherung gebunden. „Leider ist es nicht möglich, aus Mitgefühl Entschädigung zu leisten.“ (dk)
Auch Forstgebiete werden kontrolliert
Die Beseitigung von Gefahrenstellen im Wald hat laut Stadtverwaltung „eine geringere Priorität als auf Schulhöfen, Sportplätzen oder öffentlichen Wegen und Straßen im bebauten Stadtgebiet“. Der per Gesetz eingeschränkten Verkehrssicherungspflicht komme die Stadt aber „in vollem Umfang nach“. Auch die Forstgebiete würden „im Zusammenarbeit mit beauftragten Firmen kontrolliert, Gefahrenstellen dokumentiert und beseitigt“.
Regelmäßig geht Wieland, bis zu dem Unfall Oberärztin der Chirurgie an der Klinik in Köln-Porz, mit anderen Hundebesitzern in dem Waldgebiet hinter ihrem Haus spazieren. So auch vor einem Jahr am Morgen des 25. Juni 2021, ein Tag ohne große Hitze, ohne Wind, ohne Regen, erinnert sie sich. „Da war nichts.“
Ast einer Eiche stürzte auf die Ärztin
Plötzlich hörten sie und ihre Begleiterin über sich ein Krachen, rannten instinktiv nach vorn, als der wohl tonnenschwere und mehrere Meter lange Ast einer amerikanischen Eiche abbrach und herabstürzte. Als sie wieder zu sich kam, lag der Kopf der Ärztin in einer Astgabel, aus einer Platzwunde floss Blut. Schulterblatt und fünf Wirbelkörper waren gebrochen.
Besonders schlimm hat es ihren Arm getroffen: An der Schulter, so die Hypothese der behandelnden Ärzte, sind Nerven durch den Aufprall so schwer geschädigt, dass Helena Wieland den rechten Arm monatelang kaum bewegen konnte. Auch heute kann sie den kleinen Finger an der rechten Hand nicht strecken. Ob sie jemals wieder in ihrem Beruf wird arbeiten können, ist unklar.
Betonpfähle fingen Astwerk auf
Und doch hatte sie Glück: Schwere Zaunpfähle aus Beton, die der herabstürzende Ast umriss, fingen Äste nur 30 Zentimeter über ihrem Bauch auf. Sonst hätte die damals Schwangere wohl ihr Kind verloren, ist sie sicher.
Auf einem Rundweg durch das Waldstück weist Helena Wieland immer wieder auf Bäume hin, die in den vergangenen zwölf Monaten abgebrochen oder umgestürzt sind: abgestorbene Kiefern, aber auch Laubbäume, die ebenfalls geschädigt wirken.
An manchen Stellen hätten umgefallene Bäume wochenlang in Ästen anderer Bäume gehangen, berichtet Helena Wieland, bis sie endgültig herabgefallen seien. Anderswo sind Baumkronen aus großer Höhe herab gefallen, auch an Stellen, die sie zuvor im Rathaus gemeldet habe.
Gutachter spricht sich für Sperrung aus
„Der Weg gehört gesperrt“, habe ihr ein Gutachter gesagt, mit dem sie im August zur Unfallstelle gegangen sei. Damals ging es Helena Wieland durchaus auch um Schmerzensgeld, das sie erstreiten wollte. Dabei hat sie aber erfahren müssen, dass das Waldrecht durchaus auf der Seite der Stadtverwaltung steht.
Die Verkehrssicherungspflicht besteht nämlich im Wald nur stark eingeschränkt und unter bestimmten Bedingungen. Dennoch behält sie sich rechtliche Schritte vor. Sie wolle auf jeden Fall erreichen, „dass nicht noch jemand zu Schaden kommt“.