Wolfgang Kubicki sorgte zuletzt für Verärgerung, wieder einmal. Nachdem der Bundestagsvizepräsident von der FDP den heutigen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) als „Spacken“ bezeichnet und Weltärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery mit dem irakischen Massenmörder Saddam Hussein verglichen hatte, legte er am Wochenende nach und sagte: „Vielen Impfpflichtbefürwortern scheint es um Rache und Vergeltung zu gehen.“ Rache an den gegen das Coronavirus Ungeimpften.
Zuvor hatten sich Kubicki und 20 weitere FDP-Abgeordnete in einem Entwurf für einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag gegen eine solche Pflicht ausgesprochen. Statt 2G befürwortet der stellvertretende FDP-Chef überdies nach eigenen Worten 1G in Krankenhäusern und Pflegeheimen.
Der Vorstoß des 69-Jährigen wurde bei SPD und Grünen mit Unwillen quittiert und dürfte auch bei den Liberalen nicht allen recht sein. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) hatte nämlich versucht, die Impfpflicht zur Gewissensfrage zu erklären und dem Thema dadurch insbesondere für seine eigene Partei die Sprengkraft zu nehmen. Das Verfahren war mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) offenkundig abgesprochen.
So sollen sich jeweils Abgeordnete aus mehreren Parteien zusammenfinden und verschiedene Anträge einbringen – augenscheinlich mit dem Ziel, dass sich ein Antrag für eine Impflicht durchsetzt. Auf diese Weise wäre die heikle Angelegenheit nicht Sache der neuen Regierung und der sie tragenden Fraktionen, sondern des gesamten Parlaments.
Mittlerweile sieht es aber so aus, als werde das mit der Impfpflicht vielleicht doch nichts - und das nicht allein, weil Kubicki den Plan konterkariert. In jedem Fall gibt es mehrere Hürden.
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Zunächst einmal wollen die Koalitionäre eine Stellungnahme des Deutschen Ethikrates abwarten, die noch im Dezember, aber spätestens im Januar erwartet wird. Würde der Ethikrat eine Impfpflicht ablehnen, sähe es schlecht aus.
Gibt es genug Impfstoffe?
Die zweite Hürde sind die Impfstoffe, mit denen sich zwei Fragen verbinden: Gibt es genug? Und helfen sie auch gegen die heraufziehende Omikron-Variante? Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Janosch Dahmen, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf Kubicki:
„Ich glaube nicht, dass es der Debatte nutzt, mit Vorfestlegungen in sie einzusteigen, wenn es an den notwendigen Voraussetzungen fehlt. Damit werden wir auch unserer Verantwortung nicht gerecht.“ Er fuhr fort: „Zu den Voraussetzungen zählt eine Stellungnahme des Ethikrates, die wir abwarten wollen. Dazu zählt aber auch, dass überhaupt ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht. Es geht um ein elementares Problem. Und ohne ausreichend Impfstoff ist es müßig, über eine Impfpflicht zu streiten.“
Schließlich müsste geklärt werden, wie eine Impflicht – sollte der Bundestag sie denn am Ende tatsächlich beschließen – durchgesetzt werden könnte. Dass für Impfverweigerer ein Bußgeld verhängt würde, ist klar. Niemand hat vor, sie mit Gewalt zu einer Impfung zu zwingen. Weniger klar ist aber, wie man die Impfverweigerer eigentlich identifiziert. Dies könnte durch Stichproben geschehen. Möglich wäre ebenso ein Impfregister. Das freilich müsste erst geschaffen werden.
Massive Kritik an Kubicki
Dabei zählt Kanzler Scholz neben anderen zu jenen, die einem derartigen Register eher skeptisch gegenüberstehen.Juristen sagen, zu einer Impfpflicht gehöre notwendigerweise auch deren Durchsetzung. Und die Unionsfraktion ist anders als die Linke ohnehin der Meinung, dass die Ampel-Koalition einen gemeinsamen Vorschlag machen sollte, statt auf Gruppenanträge zu setzen. Das gewünschte Verfahren sei letztlich Flucht vor der Verantwortung.
Die CSU hat den Liberalen Kubicki unterdessen massiv kritisiert. „Der Blindflug der FDP geht weiter. Keine Impfpflicht, kein 2G – diese Forderungen von Wolfgang Kubicki und Co. sind brandgefährlich“, sagte Generalsekretär Markus Blume in München. Damit drohe die Omikron-Welle noch schlimmer zu werden als die jetzige. Der Kanzler, so Blumes Appell, habe jetzt die Aufgabe, sich um „die Corona-Verharmloser in der Ampel“ zu kümmern.