Olaf Scholz bei „Maischberger“Ein Auftritt des Kanzlerkandidaten ohne Wumms

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Scholz bei Maischberger

Olaf Scholz bei Sandra Maischberger

Berlin – Und plötzlich ist Olaf Scholz Kanzlerkandidat. In dieser neuen Rolle war er am Mittwoch, zwei Tage nach seiner überraschend frühzeitigen Nominierung durch den SPD-Parteivorstand, zu Gast bei Sandra Maischberger. Ihre Kernthema lautete: Wie passt das alles zusammen? Auf der einen Seite Olaf Scholz, der in der Partei als konservativer Haushaltspolitiker gilt. Im Gegensatz dazu die Offenheit der Parteivorsitzenden für ein linkes Bündnis. Und über allem schwebt die - vehement beschworene - Geschlossenheit der sich unlängst noch hart kritisierenden Kontrahenten.

Das Kernanliegen von Olaf Scholz schien es zu sein, nur ja keine griffigen Zitate und allzu klare Aussagen zu liefern. Sein Auftritt begann ganz ohne Wumms. Wollte Scholz schon immer Kanzler werden? Wohl nicht, eher Jurist, aber dann irgendwie doch. So druckreife Sätze, wie man sie noch am Montag bei der Pressekonferenz anlässlich seiner Nominierung von Scholz hörte, kamen ihm im TV-Talk nicht über die Lippen. Am Ende einer unverständlichen Antwort steht deshalb nur ein: “Könnte sein.”

Die Debatte

Das war es schon mit der Aufwärmübung. Maischberger steigt sofort in den Schlagabtausch ein, zählte die ehemaligen SPD-Kanzler und Kanzlerkandidaten auf und sieht deren härteste Gegner in der eigenen Partei. Für Scholz ist das aktuell kein Thema. Es gehöre in einer Demokratie dazu, sich zusammenzuschließen, aber nicht immer einer Meinung zu sein. Die schwere Krise des vergangenen Jahres sei überwunden. “Gegenwärtig habe ich ein sehr gutes Gefühl.” Die SPD wolle nun mit Geschlossenheit überraschen.

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So schnell will Maischberger ihn nicht entlassen. Sie arbeitet sich noch einmal durch den verlorenen Kampf um den Parteivorsitz und durch Zitate der Parteivorsitzenden über Scholz aus dem vergangenen Jahr. Ja, es habe ihn damals getroffen, als Esken sagte, er sei kein standhafter Sozialdemokrat. “Aber ich weiß, dass sie das nicht so gemeint hat.” Man arbeite seit der Wahl sehr eng zusammen. “Und ich glaube, das wird eine gute Sache.”

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Auf eine Verortung nach rechts oder links will Scholz sich partout nicht einlassen. Immer wieder pocht er darauf, dass ein Meinungsspektrum kein Nachteil sein müsse, wie etwa die historische Konstellation mit Willy Brandt, Herbert Wehner und Helmut Schmidt zeige. “Die waren auch nicht immer einer Meinung. Was die gezeigt haben, ist, dass sie zusammenarbeiten können und wir zeigen das gerade auch.” Doch für Maischberger bleibt die Frage: “Wer bestimmt die Richtung?” Sie fragt deshalb typisch linke Positionen ab.

Hier wird Scholz konkreter. Zur Vermögenssteuer sagt er: “Ich glaube, dass es richtig ist, so etwas zu haben.” Er wolle sich dabei an dem Schweizer Modell orientieren. Und wie steht es mit den in Deutschland stationierten Atomwaffen der USA - alle raus? “Ich bin dafür, dass das eine Bündnisentscheidung sein muss”, gibt sich Scholz diplomatisch.

Was sagt er zum Thema bedingungsloses Grundeinkommen? “Das finde ich falsch”, widerspricht Scholz einer typisch linken Position. Spitzensteuersatz bei 75 Prozent ab eine Million Einkommen? “Nein!” Fehlt noch Hartz 4. Sein Mitwirken an der Agenda 2010 werfen ihm viele Genossen bis heute vor. Doch grundlegend abrücken, will Scholz von den früheren Entscheidungen nicht.

Ist also ein Bündnis mit der Linken, wie von Parteichefin Saskia Esken für möglich gehalten, nun eine Option für Scholz oder nicht? Er schließt es nicht aus, ohne es so zu sagen. Also ist es offenbar drin. Und er wiederholt ein Zitat, des früheren SPD-Chefs Sigmar Gabriel: “Es hängt an den anderen.” Und er sagt auch: “Ich glaube, da gibt es noch viele Fragen.” Möglicherweise meint Scholz damit, ohne das auch nur im geringsten zu sagen, dass er sich nicht verbiegen werde, es den anderen aber offen stehe, das zu tun. Vielleicht so, wie die SPD-Führung ihn schließlich ihn zum Kanzlerkandidaten nominierte, ohne dass er ihnen inhaltlich spürbar entgegen kommen musste.

Das Fazit

Wie passt das also nun alles zusammen, und wer bestimmt tatsächlich die Richtung? Mit einer Plattitüde bringt Scholz das vielleicht besser auf den Punkt, als beabsichtigt: “Wer regieren will, muss auch regierungsfähig sein.” Das darf wohl als Mahnung an mögliche Koalitionspartner wie auch an die eigene Partei verstanden werden. Zum Regieren gehört es, Kompromisse zu machen.

Das hat Scholz im Laufe seiner politischen Karriere gelernt. Und dazu gehört auch die Erkenntnis, dass es oft keine einfachen Antworten gibt. Bleibt anzumerken, dass Antworten den Wählern auch Orientierung geben können. Die SPD liegt in Umfragen bei Zustimmungswerten von gerade einmal 15 Prozent. Vielleicht könnten ein paar mehr klare Aussagen den Wählern bei einer Entscheidung für die SPD helfen.

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