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Das Spektakel in der AnalyseDieser 1. FC Köln ist einfach nicht kleinzukriegen

7 min
Glückliche Kölner Gesichter nach dem späten 3:3 in Wolfsburg.

Glückliche Kölner Gesichter nach dem späten 3:3 in Wolfsburg.

Der Bundesliga-Aufsteiger lässt sich nicht mehr von Rückschlagen aus der Bahn werfen und hat wieder eine späte Antwort parat. 

Das Wichtigste zuerst

Der 1. FC Köln bleibt in der Bundesliga ungeschlagen und hat erneut eine große Moral gezeigt. Dank eines Treffers der Wolfsburger Leihgabe Jakub Kaminski in der 14. Minute der Nachspielzeit kam der Aufsteiger in einem Spiel voller Wendungen und mit drei Unterbrechungen noch zu einem 3:3 beim VfL Wolfsburg, das unter dem Strich auch verdient ist.

Erneut schlug die Mannschaft von Trainer Lukas Kwasniok in der Nachspielzeit zu. Bereits im Pokal in Regensburg hatten die Kölner das Spiel noch zu ihren Gunsten gedreht (2:1), in Mainz gewann der FC durch ein spätes Tor (1:0). Und auch in Wolfsburg hatte der FC eine späte Antwort parat. Und das, obwohl die Gastgeber durch ein sehenswertes Freistoßtor von Maximilian Arnold selbst erst in der neunten Minute der Nachspielzeit in Führung gegangen waren. Doch die Kölner gaben sich nicht geschlagen. Der Lohn: Nach drei Spieltagen haben sie stattliche sieben Punkte auf dem Konto.

Eine Hiobsbotschaft gab es für den FC dann doch: Der neu verpflichtete Verteidiger Rav van den Berg hat sich eine Schultereckgelenksverletzung zugezogen und droht für mehrere Wochen auszufallen. „Das Schultereckgelenk schmerzt ihm sehr. Es ist nicht davon auszugehen, dass es für ihn jetzt einfach so weitergeht“, sagte Kwasniok.

Die Tore

Bereits in der fünften Minute gingen die Gäste nach einer sehenswerten Kombination mit 1:0 in Führung. Luca Waldschmidt, der bei seinem Ex-Klub seine Chance bekommen hatte, eroberte erst den Ball, trieb ihn über die linke Seite nach vorn und bediente Marius Bülter. Der Neuzugang behielt die Übersicht, legte den Ball wiederum zurück auf den mitgelaufenen Jan Thielmann. Der zog aus zentraler Position ab. Wolfsburgs Torwart Kamil Grabara machte keine gute Figur und ließ den flachen, mittigen Schuss nach vorne prallen. Waldschmidt war zur Stelle, sagte danke und schob aus kurzer Distanz zur Führung ein.

Beim 1:1 in der 42. Minute halfen auch die Kölner kräftig mit, die bereits zuvor zu passiv geworden waren. Nach einem Freistoß von Maximilian Arnold übersprang der nur 1,70 Meter große Mohammed Amoura den 1,91-Meter-Verteidiger van den Berg und köpfte zum Ausgleich ein.

In der 65. Minute gingen die Wolfsburger mit 2:1 in Führung. Per Kurzpassstafette kombinierte sich der VfL über rechts in den Strafraum. Von der Grundlinie gab der nicht angegriffene Joakim Maehle flach in die Mitte. Lovro Majer lief ein und schob den Ball aus kurzer Distanz über die Linie. In der ersten Minute der ewig langen Nachspielzeit glich der FC aus. Und zwar nach einem irren Solo des eingewechselten 19-jährigen Said El Mala, der auf der linken Seite gleich drei Wolfsburger stehen ließ, in den Strafraum zog und perfekt für in die Mitte auf Isak Johannesson zurücklegte, der mit einem präzisen Flachschuss zum 2:2 traf.

Es war das erste Tor in der Nachspielzeit, zwei weitere sollten noch folgen. Nach einem unnötigen Foul von Eric Martel an der Strafraumgrenze an Jesper Lindström zirkelte Maximilian Arnold den folgenden Freistoß aus rund 18 Metern ins rechte Toreck zum 3:2 in die Maschen. Doch die Kölner glichen tatsächlich noch einmal aus: Nach einer Flanke von Johannesson stellte der ebenfalls eingewechselte Ragnar Ache seine Kopfballstärke unter Beweis und legte zurück auf Jakub Kaminski, der mit rechts den sechsten Treffer des Tages erzielte.

Das war gut

Erneut bewies die Kölner Mannschaft, dass sie nicht aufgibt. Sie zeigte erneut Mut und Moral, erzwang ihr Glück. Und kam spät zum verdienten Ausgleich.

Das war schlecht

Das Spiel wurde gleich dreimal unterbrochen, das erlebt man auch nicht alle Tage. Zuerst aufgrund von Blitz und Donner. Danach verlor der FC auch den Faden, wurde selbst zu passiv und baute einen bis dato uninspirierten Gegner auf. Die zweite Unterbrechung folgte unmittelbar nach der Halbzeitpause dann menschengemacht: Die Ultras des VfL Wolfsburg, der das 80-jährige Vereinsbestehen feierte, zündeten Rauchtöpfe und nebelten das Spielfeld in Grün ein. Und dann dauerte die Überprüfung und schließlich erfolgte Aberkennung des Kölner Tores zum vermeintlichen 2:1 gefühlte Ewigkeiten.

Moment des Spiels

Der späte Treffer von Jakub Kaminski. Der Ex-Wolfsburger trübte somit das Vereinsjubiläum des VfL nachhaltig und ließ den FC noch spät jubeln.

Spieler des Spiels

Said El Mala. Der gerade erst 19 Jahre alt gewordene Offensivspieler kam zwar erst in der 64. Minute in die Partie. Doch das reichte ihm, um noch einen beeindruckenden Auftritt abzuliefern. Ein Solo wie das vor dem 2:2, als El Mala gleich drei Wolfsburger Akteure zu Statisten degradierte, hat man von einem Spieler des 1. FC Köln schon seit Jahren nicht mehr gesehen. „Said ist eine Waffe. Dem Jungen steht eine große Laufbahn bevor, wenn wir gut mit ihm arbeiten und er demütig bleibt und bereit ist, viele Dinge anzunehmen. Aber er ist fokussiert und eben auch demütig genug, um das umzusetzen. Wir werden noch viel Freude an ihm haben, weil er einfach Fußballer durch und durch ist“, schwärmte Kwasniok.

Das sagen die Trainer

Paul Simonis (VfL Wolfsburg): „Köln ist besser gestartet als wir, wir hatten Glück mit der Gewitterunterbrechung, haben uns besprochen und das 1:1 gemacht. Ich wollte das Momentum aufrechterhalten. In der zweiten Halbzeit war es eine emotionale Achterbahnfahrt mit zwei Mannschaften, die bis zum Ende gekämpft haben. Wir müssen den nächsten Schritt machen und zum Ende des Spiels da sein, es war nicht das erste Mal, dass wir spät ein Tor kassiert haben. Man muss sein Tor mit allem, was man hat, verteidigen. Da müssen wir uns schnell verbessern.“

Lukas Kwasniok (1. FC Köln): „Es war eine wilde Achterbahnfahrt mit einem besseren Start für uns. Mit der Gewitterunterbrechung waren die Wolfsburger obenauf, haben verdient das 1:1 gemacht und waren auch zu Beginn der zweiten Halbzeit die bessere Mannschaft. Nach der Verletzung von van den Berg, als wir mit dem Mut der Verzweiflung einen offensiven Achter für einen Innenverteidiger gebracht haben, war es ein Signal an die Mannschaft, dass wir hier unbedingt versuchen wollen den Punkt mitzunehmen. Die letzten 15 Minuten waren noch wilder als die 90 davor. Die Mannschaft hat sich das 3:3 über die 105 Minuten verdient. Wenn man es nüchtern betrachtet, können beide Mannschaften damit leben. Über 90 Minuten war es ein verdientes Unentschieden.“

Das sagen wir

1. FC Köln: Das könnte auch für „1. Fight Club Köln“ stehen. Der Aufsteiger zeigte erneut, dass er nicht aufgibt und in der Lage ist, auch ganz späte Rückschläge zu verkraften. Genau das war früher nicht der Fall, sondern ein Manko gewesen. Zugutekommt dem FC dabei, dass er seit dieser Saison einen deutlich breiteren Kader hat. Trainer Lukas Kwasniok kann personell nachlegen. So auch beim Spiel in Wolfsburg. Johannesson, El Mala, Ache – sie wurden noch zu entscheidenden Faktoren.

Natürlich, perfekt war der Kölner Auftritt keineswegs. Nach der Gewitterunterbrechung war ein deutlicher Bruch im Spiel der Gäste zu erkennen, die sich zudem vor den Gegentoren zu viele individuelle Fehler leisteten. Doch der Kölner Vortrag macht insgesamt Hoffnung auf eine sorgenfreie Saison, in der der Aufsteiger vielleicht nicht zittern muss, sondern noch für weitere Überraschungen sorgen kann. Zuzutrauen ist es dieser Mannschaft unter dem neuen Trainer allemal, der mit seiner Art und Energie allem Anschein nach zu dieser Truppe sehr gut passt.

Sieben Punkte nach drei Spielen haben wohl die wenigsten Experten dem FC zugetraut. Dieser Start sollte den Kölner weitere Sicherheit und noch mehr Auftrieb geben. Auch am kommenden Samstag bei RB Leipzig ist dieser 1. FC Köln nicht chancenlos.