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Kölner AusnahmetalentWie Said El Mala beim 1. FC Köln landete

6 min
Said El Mala feiert seinen Treffer gegen die TSG Hoffenheim. Es war der erste Bundesliga-Einsatz des Angreifers von Beginn an für den FC.

Said El Mala feiert seinen Treffer gegen die TSG Hoffenheim. Es war der erste Bundesliga-Einsatz des Angreifers von Beginn an für den FC. 

Said El Mala ist eines der größten Angreifertalente der jüngeren Vergangenheit – in Hoffenheim schoss er den 1. FC Köln zum 1:0-Sieg. Dahinter steckt viel Arbeit, aber auch der eine oder andere Zufall.

Lukas Kwasniok fasste sich kurz, er wollte nicht allzu viele Worte über den Spieler verlieren, der seinem 1. FC Köln den 1:0 (1:0)-Sieg über die TSG Hoffenheim beschert hatte. Said El Mala hatte bei seinem Startelf-Debüt nach einer Viertelstunde die halbe Hoffenheimer Hintermannschaft ausgespielt und zum Abschluss noch Nationaltorwart Oliver Baumann den Ball durch die Beine geschoben. Ein solches Hochgeschwindigkeitsdribbling mit einem derartigen Abschluss liefern nur sehr wenige Spieler in der Bundesliga. Und nur wenige dieser Spieler besitzen einen deutschen Pass. Es ist derzeit also offen, wie weit und in welche Höhen die Karriere des 19-jährigen Flügelspielers Said El Mala noch führen wird. Alles scheint möglich, jede Aufregung gerechtfertigt. Vor El Mala könnte eine große Karriere liegen.

Der Mann, der ihn nach den starken Eindrücken des Abschlusstrainings aufgestellt hatte, blieb dennoch zurückhaltend. „Er hat das Tor gemacht, das war gut und wichtig für uns“, sagte Kwasniok nur. Der Coach hätte auch, über El Malas Abwehrverhalten sprechen können oder darüber, dass dem Teenager in der zweiten Halbzeit ein wenig der Sprit ausgegangen war. Eine „Maschine in beide Richtungen“, wie Kwasniok kürzlich El Malas Positionskollegen Jakub Kaminski beschrieben hatte, ist El Mala noch nicht.

Doch versuchte Kwasniok nicht, die Loblieder auf El Mala mit Kritik zu übertönen – das wäre der Situation auch nicht gerecht geworden. Joel Schmied lächelte in der Interviewzone des Hoffenheimer Stadions, als er über El Mala sprach. Er habe sich den Spieler in der Kabine noch kurz zur Seite genommen. Zuvor war El Mala jeweils eingewechselt worden. Nun würde sich zeigen, wie er ein Bundesligaspiel von der ersten Minute an gestaltet. „Komm mit einfachen Aktionen rein. Du musst nicht direkt beweisen, dass du der große Dribbelkünstler bist“, berichtete Schmied.

Sein Tipp habe „gefruchtet“, befand der Schweizer. Tatsächlich dauerte es bis zur 16. Minute, ehe El Mala der Bundesliga bewies, was für ein Dribbelkünstler da auf dem Platz stand. Mit dem Ball zog er von links ins Zentrum, ließ drei Gegner stehen und hätte auch einen vierten stehen lassen, wenn der die Chance gehabt hätte, überhaupt eine Rolle zu spielen. Dann versenkte er flach und jubelte mit großer Geste. El Malas Posen sind so extravagant wie sein Spiel, doch sollte man ihm das nicht vorwerfen: Wer derart gewagt dribbelt, kann sich beim Jubeln nicht verstecken.

Der ist klar im Kopf, der ist gut erzogen. Wir ältere Spieler haben den gut im Griff
Dominique Heintz über Said El Mala

Schmied rief dazu auf, den jungen Kollegen „am Boden“ zu halten: „Er hat bereits ein gutes Selbstbewusstsein und hat bewiesen, dass er das Niveau für die Bundesliga hat. Wir versuchen, ihn zu unterstützen – und dann liefert er solch eine Performance ab“, sagte er. Dominique Heintz kennt El Malas Aktionen wie Schmied aus dem Training. Der Innenverteidiger sprach ebenfalls voller Zuneigung über den jungen Kollegen. „Das Tor muss ich mir noch mal anschauen, das war so schnell“, staunte Heintz. Er stehe aber zur Verfügung, sollte El Mala Rat suchen, sollte es mal schwieriger werden. „Die Anfangszeit ist immer die einfachste Zeit“, sagte Heintz, gab aber eine gute Prognose ab: „Der ist klar im Kopf, der ist gut erzogen. Wir ältere Spieler haben den gut im Griff.“ Seit diesem Sommer trainiert El Mala am Geißbockheim. Dass es dazu gekommen ist, verdankt der 1. FC Köln einer Reihe von Zufällen – und einem aufmerksamen Nachwuchsscouting, das den Spieler jahrelang beobachtete.

In der Jugend spielte der Rechtsfuß bei Borussia Mönchengladbach, allerdings bremste Corona seine Entwicklung aus. Damals war der Trainings- und Spielbetrieb wegen der Pandemie eingeschränkt. El Mala und seine Altersgenossen litten besonders. In Mönchengladbach wurde er aussortiert, galt unter anderem als zu wenig athletisch.

Joel Schmied trug Jakub Kaminski nach dem Spiel durch die Sinsheimer Arena.

Joel Schmied trug Jakub Kaminski nach dem Spiel durch die Sinsheimer Arena.

Er schloss sich dem TSV Meerbusch an. Auch dort betreiben die Jugendmannschaften Leistungssport, El Mala spielte in der Niederrheinliga, darüber kommt nur noch die damalige Junioren-Bundesliga. Die Niederrheinliga hat dennoch bei weitem nicht das Niveau der Topliga, daher verirren sich zu Spielen des TSV Meerbusch in der Regel keine Beobachter des 1. FC Köln. Für El Mala war es genau richtig so. Er überlegte, den Traum vom Profifußball beiseitezulegen. Ihm gefiel es, mit seinem älteren Bruder Malek zu spielen. Es war wieder mehr Straßenfußball, weniger Ausbildung.

Die Kölner Scouts kannten beide El Malas aus Mönchengladbacher Zeiten. Es gibt praktisch keine 14-Jährigen in Leistungszentren, über die man in der Nachbarschaft nicht Bescheid weiß. Als die Brüder nach einer überragenden Saison in Meerbusch bei Viktoria Köln auftauchten, waren sie sofort zurück im Blickfeld der FC-Nachwuchsscouts.

Marian Wilhelm betreute damals die U19 der Viktoria, der heutige Cheftrainer der Drittliga-Mannschaft nahm beide El Malas in seinen Kader auf – allerdings erst nach mehreren Probetrainings. Said spielte als jüngerer Jahrgang spektakulär, obwohl er selbst davon ausgegangen war, nur für die zweite Reihe vorgesehen zu sein. Am 23. Oktober 2023 spielte die Viktoria in der U-19-Bundesliga gegen den 1.FC Köln. El Mala stand 60 Minuten auf dem Platz, anschließend war auch FC-Trainer Stefan Ruthenbeck davon überzeugt, dass da ein außergewöhnliches Talent im Rechtsrheinischen wirkte. Man nahm Kontakt auf – irgendwann im Winter war das.

Es folgte der nächste Zufall: Die Fifa verhängte eine Transfersperre gegen den 1. FC Köln. Weder in jenem Winter noch im Sommer danach hätte El Mala also zum FC wechseln können. Daher machte man aus der Not eine Tugend, und man war schnell: Im Februar debütierte Said El Mala als 17-Jähriger in der Dritten Liga. Wenig später spielte er erstmals für die deutsche U-18-Nationalmannschaft. Weil der FC zwar trotz der Sperre Spieler verpflichten, jedoch nicht registrieren durfte, verfiel man auf ein Sondermodell: kaufte beide El Malas, beließ sie aber auf Leihbasis im Rechtsrheinischen. So konnte vor allem Said eine herausragende Runde und eine starke U-19-EM spielen. Im Sommer verlängerte Thomas Kessler El Malas Vertrag noch vor dessen Debüt vorzeitig, um der Entwicklung des Spielers gerecht zu werden. Eine feine Geste, die sich für den FC auszahlen wird: Der Spieler hat keine Ausstiegsklausel.

Borussia Dortmund hatte im Sommer zuvor heftig um Said El Mala geworben, dem Vernehmen nach war der Spieler bereits auf dem Weg zur sportmedizinischen Untersuchung. Der FC hatte jedoch einen Wissensvorsprung – und wusste, wie man Said El Mala bekommt. Und zwar, indem man seinen Bruder gleich mitverpflichtet. Das hatten die BVB-Planer nicht wissen können. Die hatten beide Brüder allerdings auch nicht seit dem Jahr 2021 beobachtet. Das war dann kein Zufall.