Schalke-Funktionär vor RückkehrWie Michael Reschke die Talente nach Leverkusen lotste

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Michael Reschke

Michael Reschke

  • Von 1979 bis 2014 hat Michael Reschke bei Bayer Leverkusen gearbeitet und dabei so ziemlich jede Funktion zwischen Jugendtrainer und Manager mindestens einmal ausgefüllt.
  • Der Frechener war hauptverantwortlich für die Verpflichtung vieler Talente, die teils auch heute noch den Klub prägen. 2014 ging er zum FC Bayern München und wurde später Sportdirektor beim VfB Stuttgart.
  • Seit Sommer ist Reschke Technischer Direktor beim FC Schalke 04. Vor seiner Rückkehr in die BayArena am kommenden Samstag spricht er voller Stolz über seine Zeit bei Bayer 04, Misserfolge beim VfB Stuttgart und die Lage beim Werksklub.

Leverkusen – Wenn Michael Reschke von früher spricht, spricht er über Bayer Leverkusen. Von 1979 bis 2014  hat der Fußballverrückte aus Frechen beim Werksklub gearbeitet. Er war dabei, als alles entstand, und er war dabei, als nach dem Ende der Ära Reiner Calmund fast alles wieder kaputt ging.

Er hat so ziemlich jede Funktion zwischen Jugendtrainer und Manager mindestens einmal ausgefüllt. Immer, wenn Michael Reschke nach Leverkusen kommt, ist das eine Heimkehr.

Michael Reschke bereitete Toptransfers des FC Bayern vor

Am Samstag kommt er als so genannter „Technischer Direktor“ des FC Schalke 04 zum Bundesliga-Topspiel gegen Bayer 04 (18.30 Uhr/Sky). Und manchmal wundert er sich selbst, wie sehr sich das Fußball-Geschäft  in dieser kurzen Zeit verändert hat.

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Nachdem er auf Empfehlung von Jupp Heynckes 2014 zum FC Bayern München ging und dort erstmals „Technischer Direktor“ hieß, hat Reschke dort  die Verpflichtung von Spielern wie Joshua Kimmich, Kingsley Coman, Niklas Süle und Serge Gnabry vorbereitet, deren Wert sich seitdem vervielfacht hat.

Michael Reschke holte Simon Rolfes nach Leverkusen

Bayer-Kapitän war damals Simon Rolfes, der heute als Sportdirektor große Entscheidungen trifft. Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erinnert sich Reschke: „Simon war einer der ersten Transfers für Bayer 04, für die ich verantwortlich war. Wir haben damals 650 000 Euro Ablöse an Alemannia Aachen gezahlt, und es brauchte eine Menge Überzeugungsarbeit, dies umzusetzen. Simon hat es mit Leistung zurückgezahlt – mit Zins und Zinseszins. Die heutigen Ablösedimensionen von Bayer 04 sind beachtlich und aussagekräftig. Da hat Simon eine hohe Verantwortung und ich bin sicher, dass er einen sehr guten Job machen wird.“

Bayer 04 Leverkusen ist sich da offenbar auch sicher, sonst hätte man Rolfes an der Seite der Geschäftsführung Rudi Völler/Fernando Carro im Sommer nicht den Rekord-Transfer der Klubgeschichte vollziehen lassen. Kerem Demirbay kam für 32 Millionen Euro aus Hoffenheim. 

Michael Reschkes Ruf des begnadeten Talente-Finders

Solche Summen verbreiten allerdings keine Schockwellen mehr.  Der Fußball hat in den letzten fünf Jahren mehrere finanzielle Dimensionen übersprungen. Heute wäre es unmöglich, ein Nachwuchsjuwel wie Julian Brandt für 500 000 Euro zu verpflichten oder einen Zweitligaspieler wie Karim Bellarabi für 100 000, wie Bayer 04 das unter Reschke getan hat.

Transfers wie diese haben den Ruf des begnadeten Talente-Finders begründet, der sogar die große persönliche Niederlage in Stuttgart unbeschadet überstanden hat. Unmittelbar nach dem Aus als Sportvorstand am Neckar ist Reschke von Schalkes starkem Mann Jochen Schneider kontaktiert worden.

Michael Reschke: „Unglückliche Entscheidungen“ beim VfB Stuttgart

Seine Zeit mit Stuttgart (August 2017 bis Februar 2019) ist nicht das Lieblingsthema des Rheinländers, dessen forsches Auftreten an der Spitze der Operative in Stuttgart ebenso auf Skepsis stieß wie die Protektion durch den ungeliebten Präsidenten Wolfgang Dietrich, den sie inzwischen zum Teufel gejagt haben.

Trotzdem steht Michael Reschke zu seinem Teil der Misserfolgsgeschichte, die am Ende der vergangenen Saison, drei Monate nach seinem Aus, zum Abstieg des VfB führte. „Beim VfB waren wir im ersten Jahr auf einem guten Weg, dann wurden zwei, drei unglückliche Entscheidungen getroffen, die ich zu verantworten hatte“, sagt er. 

Michael Reschke: Die Rolle beim FC Schalke 04 passt besser zu ihm

In Schalke ist er jetzt nicht mehr, wie man im Fußball zu sagen pflegt, „Erster alles“. Die Rolle des Mitentscheiders im Hintergrund passt viel besser zum Teamplayer, der jahrzehntelang um die ganze Welt flog, um fußballerisches Talent zu entdecken, wo andere nur Rasen, Tore und Bälle sahen. Der FC Schalke hat einen wie ihn, der einen Kader aufbauen und formen und dem Verein daraus einen Profit garantieren kann, seit langer Zeit nicht mehr gehabt.

Auch das aktuelle Team ist in seiner Zusammensetzung kein Kunstwerk, aber durch die Euphorie um den neuen Trainer David Wagner, die guten Ergebnisse und das Hoch bereits als gescheitert abgehakter Spieler wie Amine Harit ist auf Schalke eine unerwartete Erfolgsgeschichte entstanden.

Schalke 04: Michael Reschke kommt bestens mit David Wagner und Jochen Schneider klar

Beim aktuellen Tabellendritten arbeitet es sich leicht. „Schalke vereinnahmt total. Die Atmosphäre in der Arena ist einzigartig, die Leidenschaft der Fans ist unfassbar, und wie der Klub von den Mitarbeitern gelebt wird, ist faszinierend“, schwärmt Reschke.

Den Wert der Arbeit des neuen Kaderplaners, der sich persönlich bestens mit Trainer Wagner und Sportdirektor Schneider versteht, wird man auf Schalke erst in den nächsten Jahren sehen. In Leverkusen ist seine Arbeit  am aktuellen Team dagegen immer noch abzulesen.

Lars Bender als Pfeiler von Bayer Leverkusen

Die Verpflichtung von Kapitän Lars Bender war ein Beispiel für  die Art seiner Transferpolitik. Der Bayer kam 2009 im Alter von 20 Jahren und hat seitdem  über 300 Spiele für die Werkself absolviert. Zu Beginn stand Lars Bender in direkter Konkurrenz zum großen Meister Michael Ballack, der es gar nicht lustig fand, dass ihm ein Jungspund den Platz im defensiven Mittelfeld streitig machte.

Während Bender so zum Pfeiler des Teams und zum Kapitän wurde, haben andere Profis wie Arturo Vidal, Toni Kroos, Dani Carvajal und Julian Brandt in ihrer Zeit bei Bayer 04 den Durchbruch geschafft und dem Werksklub zur Reputation einer Startrampe verholfen, auf der man mit viel Talent eine  Weltkarriere  beginnen kann.

Michael Reschke: „Zeit bei Bayer Leverkusen war unglaublich erfüllend“

Das Gefühl, für seine Arbeit vor allem in der Außenansicht nicht die volle Wertschätzung erhalten zu haben,  begleitet Reschke bis heute. Deshalb erklärt er ohne Scheu: „ Ich habe 35 Jahre lang  für Bayer 04 gearbeitet und es war eine unglaublich erfüllende Zeit. Es gibt hier immer noch einige Spieler, für deren Verpflichtung ich hauptverantwortlich war und viele Mitarbeiter, mit denen ich einen engen, freundschaftlichen Kontakt pflege.“

Michael Reschke fällt es deshalb sehr leicht, die aktuelle Entwicklung unter dem Bayer-Kreuz zu loben. Eine lange Zeit eher wacklige Leverkusener Vorrunde hat durch die Siege über Atletico Madrid und Bayern München noch einmal ordentlich Schwung bekommen.

Michael Reschke lobt Rudi Völler, Jonas Boldt und Simon Rolfes

Als Tabellensiebter hat der Werksklub alle Chancen, in den letzten fünf Bundesliga-Spielen des Jahres noch ganz nach vorn zu kommen. Reschke schwärmt: „Der Klub hat sich stabil auf hohem Niveau etabliert. Da haben Rudi Völler und Jonas Boldt  einen sehr guten Job gemacht und Simon Rolfes scheint ihn fortzusetzen. Der Kader besitzt offensiv unglaubliches Potenzial und Fantasie und ist auf den herzerfrischenden Fußball, den Peter Bosz spielen will, perfekt zugeschnitten.“

Wenn man  Ähnliches eines Tages über den FC Schalke 04  sagen würde, hätte Michael Reschke seine Arbeit dort gut gemacht.

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