Vetter hat die Firma verkauft

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Manfred Vetter (r.) neben einem der pneumatischen Hebekissen, die Weltweit unter anderem bei der Bergung von Unfall- und Erdbebenopfern zum Einsatz.

Manfred Vetter (r.) neben einem der pneumatischen Hebekissen, die Weltweit unter anderem bei der Bergung von Unfall- und Erdbebenopfern zum Einsatz.

Nach exakt 40 Jahren im Betrieb verabschiedete sich Manfred Vetter von seinen 85 Angestellten.

Zülpich - Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte sein Sohn die Firma weitergeführt. Aber der hatte andere Pläne. So entschied sich Manfred Vetter vor einem Jahr schweren Herzens, seine weltweit erfolgreiche Firma im Zülpicher Industriegebiet zu verkaufen.

Gestern nun wurde die 1964 gegründete Manfred Vetter GmbH & Comp. an den neuen Eigentümer übergeben: die IDEX-Europe GmbH mit Sitz in Erlangen, die mit hydraulischen Rettungsgeräten seit vielen Jahren international erfolgreich am Markt ist. Vetter entschied sich unter den insgesamt elf ernsthaften Kaufinteressenten für IDEX, da die Gesellschaft am ehesten für einen „langen Fortbestand der Firma“ am Standort Zülpich sowie eine „stärkere Marktdurchdringung durch Synergieeffekte“ garantiert. Das soll heißen: Die Manfred Vetter GmbH & Comp., die bereits einen Jahresumsatz von 13 Millionen Euro verzeichnet und in über 100 Länder der Erde ihre Produkte für Feuerwehren, Katastrophen- und Umweltschutz vertreibt, soll in Zukunft noch erfolgreicher werden. Vetter hat gezielt „an einen Strategen, nicht an einen Investor“ verkauft, bei dem davon ausgegangen werden darf, dass er weiter in die Firma investieren und nicht nach ein paar Jahren wieder verkaufen wird.

„Es war schon schwer“, kommentierte Manfred Vetter gestern die Abschiedsrede, die er auf seiner „ersten und letzten Betriebsversammlung in 40 Jahren“ an seine 85-köpfige Belegschaft richtete. Zwar wussten die Angestellten schon lange, dass ein Eigentümerwechsel ansteht. Nur wer letztlich den Zuschlag von Vetter bekam, blieb bis zuletzt geheim. Die Belegschaft wird geschlossen von der IDEX-Europe GmbH übernommen, Geschäftsführer bleibt Armin Braun.

Ihren größten Erfolg hatte Manfred Vetters Firma mit der Herstellung pneumatischer Hebekissen zu verzeichnen, die beispielsweise bei der Bergung von Unfall- oder Erdbebenopfern zum Einsatz kommen und bis zu 68 000 Kilo stemmen. Auch beim Terroranschlag auf das World Trade Center sowie bei verschiedenen Flugzeugabstürzen und Zugunglücken leisteten die Zülpicher Luftkissen wertvolle Dienste. Die Manfred Vetter GmbH & Comp. war mit ihrem stattlichen Jahresgewinn in der Vergangenheit übrigens für zehn Prozent der Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Zülpich zuständig.

Über die Höhe der Kaufsumme wird geschwiegen. Nur so viel sagt Vetter: „Eine derart erfolgreiche Firma hat ihren Preis.“ Der 67-Jährige, der sich nicht nur als Erfinder und Unternehmer, sondern auch als großzügiger Kunstmäzen einen Namen gemacht hat, freut sich nun, mehr Zeit in seine 2001 gegründete „Manfred-Vetter-Stiftung für Kunst und Kultur“ investieren zu können. Vetter und seine Frau Juliane spenden, nachdem der Verkauf der Firma über die Bühne gegangen ist, weitere 1,2 Millionen Euro aus dem Ertrag in die Stiftung. „Damit erhöht sich das Gesamtkapital auf 3,5 Millionen Euro“, so Vetter.

Aus den Erträgen der gemeinnützigen Stiftung werden in erster Linie der Fortbestand des „Otto-Dill-Museums“ in Vetters Geburtsstadt Neustadt an der Weinstraße sowie der Reihe „Konzerte in der Remise“ gesichert. Letztere hob Vetter 1994 aus der Taufe. Getreu seinem Motto „Was man in die Jugend investiert, ist immer richtig“, lädt er seither junge, talentierte Musiker auf seine Burg in Zülpich-Langendorf ein, wo sie im malerischen Ambiente der Remise Konzerte im Bereich Klassik und Jazz bieten.

Rückriem-Skulpturen

Manfred Vetter geht seine neue Freiheit gelassen an. „Ich gönne mir eine Stunde mehr Schlaf und lese morgens die Zeitung nun in aller Ruhe“, sagt er. Auch seine Familie soll nun mehr von dem fünffachen Familienvater haben: „Seit fast zehn Jahren haben wir keinen Urlaub mehr gemacht.“

Langeweile wird bei dem Burgherrn sicher nicht aufkommen. Neben dem weiteren Ausbau der Stiftung („Da muss ich noch einiges dran tun!“) und der Restaurierung von Baudenkmälern (28 historische Gebäude hat er in den letzten Jahren sanieren und restaurieren lassen) hat Vetter auch noch andere Pläne. So hat es ihm der Steinbildhauer Ulrich Rückriem besonders angetan, dessen Werke zu den bedeutendsten der Gegenwart zählen. 1999 schenkten Vetter und der in Niederelvenich lebende Henrik Hanstein vom Kölner Kunsthaus Lempertz der Stadt Zülpich eine Stele, die unweit der mittelalterlichen Wasserburg Langendorf im Feld steht. Als „Schaumal“ soll sie an Chlodwig, den König der Franken, erinnern und zudem als Sinnbild der europäischen Vision verstanden werden. Im Sommer letzten Jahres stellte Vetter eine weitere Rückriem-Skulptur auf das Gelände seiner Burg, eine weitere soll in Richtung Merzenich im Feld ihren Platz finden. „Mein Traum wäre es, dass Ulrich Rückriem sich hier im Zülpicher Raum ansiedelt“, verriet Vetter.

Und dann war da noch sein Angebot an die neuen Firmeninhaber: Bei Bedarf steht er der Manfred Vetter GmbH & Comp. jederzeit als Berater zur Verfügung. „Ich gebe meine Ideen gerne weiter“, versichert der Unternehmer im Ruhestand. Allerdings müsse man dafür zu ihm kommen, denn: „In den Betrieb gehe ich nicht mehr.“

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