ErziehungsberatungHilfe für junge Väter

Lesezeit 4 Minuten
Ein junger Mann sitzt auf einem pink-farbenen Kinderrad, auf dem Gepäckträger steht ein glückliches junges Mädchen mit Helm und streckt die Arme aus.

Die Esperanza-Väterberatung in Bonn unterstützt junge Männer auf dem Weg in die Vaterrolle.

Plötzlich Vater: Ob sehr jung oder älter, alleinerziehend oder mit Partnerin, mit Job oder ohne: Bei der Esperanza-Väterberatung finden Männer Hilfe in rechtlichen und Erziehungsfragen. 

„Vater werden, Vater sein und Vater bleiben nach der Trennung, das sind die drei großen Themen, mit denen ich den meist jungen Männern beratend zur Seite stehe“, sagt Marcel Maus, der seit mehr als zehn Jahren in der Väterberatung „Esperanza“ bei der Caritas in Bonn arbeitet. Immer mehr Männer definieren die Vaterrolle für sich neu. Die Wochenendväter von einst werden rarer. Doch Vollzeit-Ernährer und engagierter Vater zu sein – dieser Spagat setzt einige Väter gehörig unter Druck. Die neue Situation erzeugt Fragen und Unsicherheiten, deren die jungen Väter oft nicht Herr werden.

„Ich bin für die ersten drei Lebensjahre eines Kindes zuständig und genau diese Zeit ist sehr entscheidend für eine gesunde Entwicklung des Kindes – entscheidend auch für die gemeinsame Zukunft seiner Eltern: In dieser Anfangszeit trennen sich viele Paare, weil das Kind deren Alltag komplett verändert“, sagt Maus. Die meisten Paare hätten im Vorfeld versäumt, darüber zu sprechen und zu verhandeln, wer was macht, wann, zu Hause bleibt, nachts aufsteht – „Klingt banal, ist aber wichtig“, sagt der Diplom-Sozialpädagoge, der sich über mangelnde Kundschaft nicht beschweren kann.

140 junge Väter suchen pro Jahr Hilfe bei Esperanza Bonn

In die Bonner „Esperanza“-Väterberatung kommen pro Jahr bis zu 140, teils sehr junge Männer und suchen das vertrauliche Gespräch mit ihm. Das Spektrum der Anliegen reicht von einfachen Fragen (Wie stelle ich einen Kindergeldantrag?), über existenziellere (Wie kann ich ein guter Vater sein?), bis hin zu Hilfesuche in komplexen Situationen: Was kann ich machen, meine Ex-Frau will mir das Kind entziehen?

Alles zum Thema Römisch-katholische Kirche

Egal wo ich nach Hilfe gesucht habe, nirgends war man zuständig oder der Beratungsfokus lag auf Mutter und Kind. Ich hatte oft den Eindruck, ein Vater, der sich engagiert, nervt nur
Boris R., alleinerziehend

Einer, der nach einer langen Odyssee von Sozial- zu Beratungseinrichtungen schließlich bei „Esperanza“ in Bonn Hilfe gefunden hat, ist Boris R. „Egal wo ich nach Hilfe gesucht habe, ob beim Jugendamt, oder einer anderen sozialen Einrichtung, stets war man nicht zuständig oder der Beratungsfokus lag auf Mutter und Kind. Mehr als 60 Personen waren in meinem Fall involviert. Ich hatte oft den Eindruck, ein Vater, der sich engagiert, nervt nur“, sagt der junge Vater, dessen Partnerin während der Schwangerschaft unter emotionalen Schwankungen litt, oft aggressiv war – und manchmal auch gewalttätig.

Junge Mutter war aggressiv und gewalttätig

„Ich dachte damals, die Entgleisungen hingen mit der Schwangerschaft zusammen und gingen nach der Geburt vorbei. Das war leider nicht der Fall. Herr Maus war meine Rettung, da war jemand, der mich als verzweifelte Person wahrgenommen hat, mir zuhörte und mit mir gemeinsam nach Lösungen suchte – und fand. Ich musste nicht mehr gegen Windmühlen kämpfen“, sagt Boris R.

Erziehungsberater Marcus Maus steht vor der Esperanza-Beratungsstelle in Bonn.

Marcel Maus von der Esperanza-Väterberatung in Bonn.

Eine Nachbetreuung über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus bietet die „Esperanza“-Väterberatung nicht, aber der inzwischen alleinerziehende Boris R. holt sich ab und an immer noch gerne professionellen Rat bei Marcel Maus. Bei der Väterberatung in Bonn melden sich Männer in allen Lebenslagen: Ob zusammen- oder getrenntlebend, hetero- oder homosexuell, arbeitsuchend oder fest angestellt – jeder ist willkommen.

18-jährige Mutter verschwindet für immer und lässt Kind zurück

„Ich hatte einen Vater, der sagte mir: „Ich kann mit diesem Kind nichts anfangen, es ist mir total fremd.“ Kognitiv hat er seine Rolle als Vater verstanden, aber die emotionale Anknüpfung war nicht da, der Mann hat sehr darunter gelitten“, sagt Maus. Und erzählt von einem 17-Jährigen, der Beratung suchte, da die Mutter des Kindes (18) drei Monate nach der Geburt auf Nimmerwiedersehen verschwand. Maus: „Ich habe beide Väter eine Zeit lang begleitet, habe ihnen einen Raum zum Reden, sich zu öffnen, anzuvertrauen gegeben. Meine Aufgabe ist das persönliche Gespräch, das Aktivieren von Ressourcen und das gemeinsame Finden von Lösungen“, betont Maus, der dennoch immer auch versucht, die jeweiligen Mütter einzubeziehen.

Ich kann mit diesem Kind nichts anfangen, es ist mir total fremd
Vater, 17, der Hilfe bei Esperanza-Bonn suchte

Aus der Väterberatung entwickelt sich so häufig eine Eltern- oder Paarberatung. Die Mitarbeitenden von „Esperanza“ sind mit anderen sozialen Einrichtungen gut vernetzt, sodass den Hilfesuchenden auch nachhaltig unter die Arme gegriffen werden kann. „Esperanza“ heißt Hoffnung und die möchten die Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter vermitteln. „Leider sind manche jungen Eltern überfordert mit ihrer neuen Rolle. Wie soll das auch funktionieren, wenn Sicherheit und gute Vorbilder fehlen. Es ist ein bisschen schräg, dass man in Deutschland für fast alles ein Zertifikat braucht, nur das Elternsein soll man einfach so beherrschen“, kritisiert Maus.

Hier gibt es Erziehungshilfe in Köln und der Region

Esperanza-Väter- und Erziehungsberatung

  • Als die katholische Kirche nach einer päpstlichen Verordnung aus der Schwangerschaftskonfliktberatung ausstieg, haben sich die katholischen Träger der Beratungsstellen für Schwangere und ihre Familien im Erzbistum Köln im Jahr 2000 zusammengetan – und ihre Kompetenz und langjährige Erfahrung gebündelt.
  • Unter dem gemeinsamen Namen „Esperanza“ bieten in Köln und Region die Caritas und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) seitdem ein umfassendes Beratungs- und Hilfenetz an. Für die Zeit vor, während und nach einer Schwangerschaft – kostenlos und vertraulich.
  • Neben der Beratung vor Ort gibt es auch eine anonyme Online-Beratung

„Ich möchte Männer dabei unterstützen, ihre individuelle Vaterrolle zu finden. Insbesondere minderjährige und jung gewordene Väter benötigen oftmals darüber hinaus Orientierung und viel Unterstützung“, sagt Maus – und fügt an: „Ich wünsche mir, dass noch mehr Männer, ob jung oder alt, ihre tradierten Rollenbilder über Bord schmeißen, sich mehr mit sich, ihrer Situation, ihrem Kind und ihrer Vaterschaft auseinandersetzen und sich vor allem trauen, bei Problemen und Krisen auch wirklich Rat und Hilfe zu holen.“ Die gibt es auch in Köln und der Region, eine Übersicht über die Esperanza-Beratungsstellen in der Region gibt es online.

KStA abonnieren