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Arbeitsbedingungen „vollständig intolerabel“ver.di fordert Verbot von Subunternehmen in Paketbranche

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Ein Paketbote liefert Pakete aus. Er hat einige Pakete auf einer Sackkarre gestapelt.

Ein Paketbote liefert Pakete aus. (Archivbild)

Die Gewerkschaft ver.di will Subunternehmen in der Paketbranche verbieten. Dadurch soll Lohn- und Sozialdumping verhindert werden.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert ein Verbot von Subunternehmen in der Kurier-, Express- und Paketbranche (KEP-Branche), um die Rechte von Arbeitnehmenden zu sichern. Die teilweise ausbeuterischen und gesetzwidrigen Arbeitsbedingungen in der Branche sind „vollständig intolerabel“, sagte stellvertretende ver.di-Vorsitzende Andrea Kocsis am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Berlin. 

Mit dem allgemeinen Boom des Onlinehandels, der durch die Coronakrise nochmal einen zusätzlichen Anschwung bekam, wächst auch die KEP-Branche zunehmend. Aufgrund des bundesweiten Arbeitskräftemangels ist die Suche nach Zustellerinnen und Zustellern jedoch zunehmend schwierig. Deshalb wird unterschiedlich stark, aber zunehmend auf externe Subunternehmen zurückgegriffen.

So gibt es nach ver.di-Angaben in Deutschland rund 90 000 Zustellerinnen und Zusteller. Die Hälfte davon ist direkt bei den KEP-Unternehmen eingestellt, die zweite Hälfte dafür bei Subunternehmen, bei denen die Arbeitsbedingungen inakzeptabel seien. Die Mitarbeitenden dort müssten häufig viel zu lange arbeiten. Zudem bestünde ein starkes Abhängigkeitsverhältnis, gerade bei migrierten Arbeitskräften. Diese würden häufig ihre Rechte nicht kennen, könnten nur schlecht Deutsch  und würden ausgebeutet. 

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Ausbeutung von Arbeitskräften in Paketbranche sei ein strukturelles Problem

In diversen Problemfällen, die beim Beratungsnetzwerk „Faire Mobilität“ gemeldet werden, werde kein Lohn oder keine Sozialleistungen gezahlt, auch wenn es Verträge gibt. Da die Menschen häufig auf den Job angewiesen sind, lassen sie sich hinhalten. Viele Subunternehmen würden dann auch abtauchen, sodass die Mitarbeitenden keine Kündigung bekommen und somit keine Arbeitslosigkeit anmelden können.

All das ist laut Tina Morgenroth, Beraterin und Projektleitung bei „Faire Mobilität“, ein klares strukturelles Problem. „Wenn es nur das eine Generalunternehmen gäbe, bei dem alle Kuriere angestellt sind, könnten diese Probleme behoben werden“, meint sie. Ein Generalunternehmen könne beispielsweise nicht so einfach untertauchen und es gäbe nur eine Ansprechpartei für die Angestellten. 

Die Thematik sei nicht neu, erklärt Andrea Kocsis, aber es habe sich gezeigt, dass die 2019 eingeführte Nachunternehmerhaftung zu keiner Änderung bei den Arbeitsbedingungen geführt habe. Grund dafür ist auch, dass die Angestellten ihre Rechte nicht genug kennen. Zwar haben einige Vorgehen mithilfe von „Faire Mobilität“ dazu geführt, dass nachträglich Verantwortung übernommen wurde, aber im Alltag würden die Unternehmen darauf setzen, dass niemand die Bedingungen kontrolliert. 

ver.di sieht ein Verbot von Werkverträgen als einzige Lösung

Für ver.di ist deshalb die einzige Folgerung, Werkverträge rigoros zu verbieten. „Das Gesetz muss analog zu den gesetzlichen Regelungen ausgestaltet sein, die seit Anfang 2021 in der Fleischwirtschaft gelten und wirken“, fordert Kocsis. Dieses hatte den Einsatz von Subunternehmern in der Fleischwirtschaft verboten. Schlachthöfe übernahmen danach Tausende Menschen in die Stammbelegschaft, wo die Arbeitnehmerrechte stärker ausgeprägt sind als bei Subunternehmern.

In dem geforderten Gesetz solle zudem ein Höchstgewicht von Paketen sowie die Kennzeichnung des Gewichts festgehalten werden. Damit soll die körperliche Belastung des Jobs vermindert werden. Das Tragen der schweren Pakete führe zu dauerhaften Arbeitsunfähigkeiten, die auch der volkswirtschaftlichen Lage schade, so Kocsis.

Für die Einführung des Gesetzes habe ver.di bereits Kontakt in die Politik aufgenommen. Dort gäbe es bisher keine endgültige Verneinung. Die Grünen, SPD und CDU hätten sich, so Kocsis, bereits positiv geäußert. Mit der FDP müsse noch ins Gespräch gegangen werden. Auch mit Blick auf den Koalitionsvertrag, in dem bessere Bedingungen für Zustellende festgehalten wurden, erwarte Kocsis, dass ein Gesetz noch dieses Jahr auf den Weg gebracht werden muss. 

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