Ende 2025 ist Schluss in SaarlouisDiese Abfindungen werden bei Ford an der Saar gezahlt

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Ein Ford Kuga steht vor einem großen Schild, auf dem für die Bedeutung des Ford Werks in Saarlouis geworben wird. Bei einer Betriebsversammlung hofft die Belegschaft mehr über die Zukunft des Werkes zu erfahren.

Ein Ford Kuga steht vor einem großen Schild auf dem für die Bedeutung des Ford Werks in Saarlouis geworben wird.

Das zweite deutsche Ford-Werk wird Ende 2025 geschlossen. Das ist bitter für den Standort und die Beschäftigten, für die aber ein üppiger Sozialtarifvertrag ausgehandelt wurde. 

Das Schicksal des zweiten deutschen Werkes des Autobauers Ford ist leider wohl besiegelt. Ende 2025 ist Schluss in Saarlouis. Nach monatelangen heftigen Verhandlungen wurde kürzlich zwischen Ford, der Gewerkschaft IG Metall und dem Betriebsrat eine Einigung auf einen Sozialtarifvertrag erzielt. Am Donnerstag müssen die beschäftigten Gewerkschaftsmitglieder nun darüber abstimmen, ob sie die Vereinbarung annehmen.

Die Bedingungen für verbleibende und ausscheidende Beschäftigte gelten als sehr attraktiv. Sollten sie ablehnen, droht ein unbefristeter Arbeitskampf. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Warum wird Saarlouis geschlossen?

Ford hatte im Sommer 2022 beschlossen, das Werk in Saarlouis zu schießen. Der Entscheidung vorausgegangen war ein monatelanger, hart geführter Konkurrenzkampf zwischen den Fordwerken Saarlouis und Valencia in Spanien, an welchem der beiden Standorte Elektroautos der nächsten Generation von Ford gebaut werden. Valencia bekam den Zuschlag - auch wenn im Nachgang noch gar nicht final entschieden ist, ob dort wirklich ein fordeigenes E-Auto gebaut wird. Damit war damals aber zugleich das Ende des Werkes sowie der Produktion des Modells Focus 2025 besiegelt.

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Warum konnte das Werk nicht gerettet werden?

Lange suchte Ford zusammen mit der saarländischen Landesregierung einen Investor. Von mehreren Interessenten blieb schließlich ein Großinvestor übrig. Immer wieder genannt wurde dabei der chinesische Autokonzern BYD. Der Konzern will, wie auch andere chinesische Hersteller, in Europa Fuß fassen. Eigentlich schienen die Verhandlungen zum Verkauf des Werkes auf einem guten Weg, als Anfang Oktober 2023 die Verhandlungen scheiterten. Der mögliche Käufer sei abgesprungen, sagte Ford-Deutschland-Chef Martin Sander damals. Der Rückzug kam dabei offenbar völlig überraschend. Mit dem Ende der Verhandlungen war der Idealfall, dass ein großer Käufer das gesamte Werk und die gesamte Belegschaft übernimmt und am Standort weiter Autos baut, geplatzt. Ob sich noch jemand Neues findet – klein oder groß – ist unklar. Die Tür sei aber nicht verschlossen, heißt es von Ford.

Wie viele Jobs wird das kosten, wie viele bleiben erhalten?

Ursprünglich waren bei Ford im Saarland knapp 4500 Mitarbeiter beschäftigt, hinzu kommen weitere 1300 in Zuliefererbetrieben. Rund 600 Fordler haben das Werk im vergangenen Jahr bereits verlassen. Aktuell sind es noch rund 3850 Beschäftigte. Ford hat im vergangenen Jahr nach Verhandlungen mit dem Betriebsrat zugesichert, dass 1000 Arbeitsplätze auch nach dem Ende der Focus-Produktion erhalten bleiben sollen. Für sie wird es bis Ende 2032 keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Für den Rest dagegen wird es Abfindungen geben.

Welche Beschäftigung werden die 1000 Mitarbeiter haben?

Sie sollen weiter an „ford-eigenen Themen“ arbeiten. Was das genau heißt, ist derzeit noch nicht kommuniziert. Denkbar ist, dass einige Mitarbeiter im Presswerk arbeiten könnten. Ebenso vorstellbar ist, dass an der Saar Zulieferteile für andere Werke gefertigt werden. Wer dafür infrage kommt, wird voraussichtlich ein Auswahlprozess entscheiden.

Wie hoch sind die Abfindungen?

Nach Einschätzung von Ford-Mitarbeitern sind sie sehr viel lukrativer als etwa im Kölner Werk. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ belaufen sie sich etwas mehr als das Doppelte im Vergleich zu denen, die in Köln bezahlt. Die Saar-Beschäftigten werden Ende des Monats schriftlich darüber informiert, auf welche Summe sich ihre Abfindung beläuft. Sie können dann wählen, ob sie sie annehmen oder sich für einen der verbleibenden 1000 Jobs melden. Hier gilt doppelte Freiwilligkeit, das bedeutet, das Unternehmen muss ebenfalls zustimmen.

Insgesamt gibt es vier Abfindungsprogramme. Je nach Programm erhält der Mitarbeitende einen Sockelbetrag von entweder 40.000 oder 70.000 Euro. Das hängt auch davon ab, ob er oder sie vor oder nach 2006 zu Ford kam. Hinzu kommt, dass das Gehalt bis zur Kündigungsfrist ausgezahlt wird. Das sind für die meisten Mitarbeiter zwischen vier und sieben Monaten.

Zuletzt kommt je nach Programm noch eine gewisse Anzahl an doppelten Bruttomonatsentgelten hinzu, die unter anderem abhängig vom Alter und der Betriebszugehörigkeit ist. In den Plänen inbegriffen sind auch Einmalzahlungen und die Berücksichtigung von Kindern oder Behinderung sowie eine Anwesenheitsprämie, für die, die weiterhin jeden Tag zur Arbeit kommen.

Insgesamt gilt das Paket als sehr gut. Ford-Gesamtbetriebsratschef Benjamin Gruschka sagt allerdings gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Das ist natürlich nur die zweitbeste Lösung. Die beste wäre natürlich der Erhalt jedes Arbeitsplatzes an der Saar gewesen. Das steht außer Zweifel.“

Welche weiteren Maßnahmen gibt es von Ford für die Mitarbeitenden?

Rund 100 Mitarbeitende können an Qualifizierungsprogrammen teilnehmen und sich weiterbilden. Zudem haben die Beschäftigten die Möglichkeit, in eine Transfergesellschaft zu wechseln und sich dort für eine neue Beschäftigung fit zu machen.

Wie geht es mit dem Bau des Focus weiter?

Eigentlich sollte die Produktion des Focus planmäßig im Mai 2025 auslaufen. Nun wird der Bau verlängert. Das letzte Modell wird erst ein halbes Jahr später, am 30. November, vom Band laufen. Allerdings werden nicht mehr Autos als geplant produziert. Die Produktion wird gestreckt. Ab April wird von zwei Schichten pro Tag auf eine umgestellt.

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