Wohnen im AlterWie der Umbau zur barrierefreien Immobilie gelingen kann
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Es gibt verschiedene Beratungs- und Finanzierungsmöglichkeiten, um den barrierefreien Umbau durchzuführen.
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Köln – Die eigenen körperlichen Einschränkungen im Alter sind ein Thema, mit dem sich Menschen häufig zu spät beschäftigen – vor allem, wenn es um barrierefreies Wohnen geht. „Vielen Menschen“, sagt Tanja Buß, „fehlt das Bewusstsein, sich rechtzeitig damit auseinanderzusetzen – in Brandschutz investiert man, vor dem Feuer hat man Angst. Aber das eigene Alter ignoriert man, dabei könnte man mit einigen Umbauten oft einen Heimaufenthalt verhindern oder hinausschieben – und das spart ja auch Geld.“
„Nur fünf Prozent informieren sich vorab“
Buß verantwortet beim Verlag Rolf Müller das Geschäftsfeld „barrierefrei bauen“, wozu ein umfangreiches Nachschlagewerk (der Atlas barrierefrei bauen) und zahlreiche kostenlose Informationen auf der Internet-Plattform bfb-barrierefrei-bauen.de gehören. Was sie beschreibt, erfährt Erika Küllchen jeden Tag in ihrem Büro. Sie leitet die Beratungsstelle „wohn mobil“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbands PariSozial Köln: „95 Prozent derer, die sich bei uns beraten lassen, haben akut ein Problem – nur fünf Prozent informieren sich vorab“, sagt Erika Küllchen.
Sie und ihre Kolleginnen beraten die Betroffenen oder deren Angehörige vom Erstgespräch und Hausbesuch bis zum Umbau und zur Abrechnung möglicher Zuschüsse. Für die Bürger Kölns ist der neutrale, unabhängige Rundum-Service kostenlos, finanziert wird die Beratungsstelle unter anderem von der Stadt Köln, den Pflegekassen und der Wohnungsbaugesellschaft GAG. In den meisten Fällen haben die Beratungsbedürftigen Probleme, weiterhin das Badezimmer zu nutzen. „Die Menschen können dann nicht mehr den hohen Rand der Bade- oder Duschwanne überwinden oder benötigen Haltegriffe“, erklärt Küllchen.
Viele Menschen machen sich erst Gedanken um altersgerechtes Wohnen, wenn es bereits zu spät ist. (Symbolbild)
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Badezimmer meist das größte Problem
Dass solche Umbauten dann den Charme von Krankenhaus-Bädern haben, mit geriffelten Edelstahlgriffen, das muss nicht sein. „Das Vorurteil hässlich und teuer stimmt nicht mehr“, sagt Tanja Buß. Inzwischen gibt es Haltegriffe, die elegant in Waschtische oder Toilettenpapierhalter integriert sind. „Und die bodengleichen Duschen, die früher nur in Wohnungen von Rollstuhlfahrern zu finden waren, sind heute ja im gehobenen Eigentumswohnungsbau Standard“, sagt Buß. So haben sich die Zeiten geändert. Allerdings auch die Kosten.
Sofern der Betroffene, der auf einen barrierefreien Umbau angewiesen ist, eine Pflegestufe hat, bezuschussen die Pflegekassen diesen Umbau mit bis zu 4000 Euro. „Aber oft reicht das, gerade wenn es um bodengleiche Duschen und Badumbauten geht, nicht aus“, weiß Küllchen. In Mietwohnungen legen große Wohnungsbaugesellschaften manchmal freiwillig den Rest drauf – „immerhin profitieren sie dann ja auch auf Dauer von einer barrierearmen Wohnung, die auf dem Markt gefragt ist“.
Vermieter muss um Genehmigung gebeten werden
Aber prinzipiell muss der Vermieter nicht für den barrierefreien Umbau bezahlen. Ganz im Gegenteil: „Er kann von dem Mieter verlangen, dass dieser eine Sicherheitsleistung sozusagen als Kaution hinterlegt, diese muss so hoch sein, dass damit ein Rückbau der barrierefreien Umbauten bezahlt werden kann“, erklärt Hans Jörg Depel, Geschäftsführer des Mietervereins Köln. Denn Vermieter haben das Recht, von den Mietern, die zum Beispiel die Badewanne gegen eine bodengleiche Dusche austauschen lassen wollen, bei Auszug den Wiedereinbau einer Badewanne zu verlangen.
Zunächst aber muss – wenn ein Mieter aufgrund von Krankheit, Alter oder Unfall auf behindertengerechte Umbauten angewiesen ist – der Vermieter um Genehmigung gebeten werden. „Laut Bürgerlichem Gesetzbuch hat der Mieter in solchen Fällen einen Anspruch auf Zustimmung durch den Vermieter“, sagt Depel. Verweigert dieser das, kommt es zur Interessenabwägung. In seltenen Fällen, wenn zum Beispiel der Denkmalschutz berührt ist oder größere Umbauten, die in die Substanz des Gebäudes eingreifen, nötig wären, kann der Vermieter erfolgreich widersprechen. Aber der Mietervereins-Chef weiß aus Erfahrung, dass es wegen Umbauten zur Barrierefreiheit selten zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern kommt.
Förderprogramme können bei der Finanzierung helfen
Der Vermieter kann allerdings nicht nur einen fachgerechten Umbau durch Fachfirmen verlangen, sondern zum Beispiel auch, dass die neu eingebaute Dusche passend verfliest wird. Wenn dem Mieter dann dafür das Geld fehlt, so kann er sich an verschiedene Stellen wenden. „Je nach Einkommen hilft auch das Sozialamt“, sagt Erika Küllchen, außerdem kann es Hilfen von der Rentenkassen und von der Agentur für Arbeit geben. Ihre Beratungsstelle jedenfalls begleitet Hilfesuchende auch durch den gesamten Weg der Antragsstellung von Zuschüssen.
Gerade für diejenigen, die keinen Pflegegrad haben und deshalb kein Geld von ihrer Pflegekasse bekommen, können Programme der KfW Bankengruppe interessant sein. Diese vergibt einen Förderkredit „Altersgerecht Umbauen“ von bis zu 50 000 Euro zu einem Zinssatz von 0,78 Prozent. Außerdem kann bei der KfW der Investitionszuschuss „Barrierereduzierung“ beantragt werden – wer seine Wohnung oder Haus umbaut, kann dadurch bis zu 6 250 Euro bekommen. Allerdings ist dieser Fördertopf für dieses Jahr bereits ausgeschöpft.
Diese KfW-Angebote sind vor allem für Besitzer von Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäuser interessant, die ihr Eigentum im größeren Rahmen umbauen wollen. Hausbesitzer können dies ja eigenverantwortlich tun und für Wohnungseigentümer wurde das Prozedere auch erleichtert – im überarbeiteten Wohnungseigentumsgesetz (WEG) gelten Umbauten zur Barrierefreiheit nun als „privilegierte Maßnahmen“ und der Eigentümer könne den Umbau verlangen, erklärt Tanja Baß.
Viele Dinge, die den Alltag von bewegungseingeschränkten Menschen erleichtern, sind aber gar nicht so teuer. „Manchmal genügt ein guter Haltegriff und man kann die Schwelle zum Balkon wieder überwinden“, sagt Erika Küllchen. Schwellen und Zugänge zur Wohnung sind nach dem Bad die Stellen, die am häufigsten ertüchtigt werden müssen.
Dafür gibt es inzwischen auch viele technische Möglichkeiten: elektrische Türschwellenbühnen fahren automatisch einige Zentimeter hoch und runter, damit jemand mit Rollstuhl oder Rollator diese nicht mehr als unüberwindliches Hindernis vor sich hat, und vollautomatische Türen öffnen sich, wenn der Bewohner seinen Funkchip davor hält. „Für Rheumakranke, die keinen Schlüssel mehr umdrehen können, ist das eine große Hilfe“, sagt Küllchen.