Karaoke, Bots, Zockende DiplomatenSo lief der Auftakt der digitalen Gamescom

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Moderator Geoff Keighley mit „Doc Brown“

  • Pandemiebedingt findet die Gamescom in diesem Jahr ausschließlich digital statt.
  • Eröffnungsabend und der erste Messetag boten ein bunt gemischtes Programm – darunter Spieleneuheiten, Cosplay und eine virtuelle Welt mit Bots aus dem Verkehrsministerium.
  • Ein Überblick.

Köln – Die Kölner Computerspielmesse Gamescom des Jahres 2020 beginnt mit einem Mann in einem minimalistischen, blau ausgeleuchteten Studio in Los Angeles. Moderator Geoff Keighley ist allein, in Amerika, da sitzen keine Zuschauer vor ihm und keine Gäste. In diesem Jahr, so sagt er dann auch zur Begrüßung, werde bei der Gamescom natürlich alles etwas anders ablaufen als sonst.

Die Gamescom, mit 370.000 Besuchern die größte Messe Kölns und eine der wichtigsten ihrer Art weltweit, ist am Donnerstagabend mit der „Opening Night Live“ rein digital gestartet. Bis zum 30. August können sich Besucher auf der Onlineplattform „Gamescom Now“ ein digitales Messeprogramm ansehen. Da gibt es Spieleankündigungen und Liveshows, Kostüm-Wettbewerbe und Gesprächsrunden, bei denen im Live Stream über die Bedeutung von Spielen für die Gesellschaft gesprochen wird. Ein Überblick über den Messeauftakt.

Die Eröffnungsshow

Die „Opening Night Live“ hatte erst im vergangenen Jahr Premiere gefeiert. Auch im Jahr 2020 moderiert Keighley wieder dutzende Spieleneuheiten an. Die Bandbreite ist groß: Geflügelte Fantasie-Wesen wechseln sich mit Szenen aus Ego Shootern und dem Weltraum ab. Zwischendurch schaut unter anderem Christopher Lloyd – Doc Brown aus „Zurück in die Zukunft“ – digital vorbei, um „Surgeon Simulator 2“ zu bewerben. Feedback zum Gezeigten gibt es dieses Mal nicht über ein Live-Publikum sondern Chat-Leisten.

Immer wenn die Übertragung hakt, fluten die Gamer sie mit dem Buchstaben „F“ – das heißt in ihrer Sprache so etwas wie „Ruhe in Frieden“. In den sozialen Netzwerken tauschen sich Nutzer über die Spiele aus. Es sei noch nicht so wahnsinnig viel Neues dabei, sagen sie. Viele Trailer zeigen Erweiterungen bestehender Spiele oder bereits angekündigte Titel. Aufmerksamkeit bekommt aber unter anderem die Fortsetzung von „Fall Guys“, einem sogenannten „Battle Royale“-Spiel, in dem sich winzige, bunte Avatare durch eine ebenso bunte Welt voller Hindernisse (wie fliegendes Obst) bewegen, bis nur noch einer übrig ist. Auch „Unknown 9: Awakening“, ein Action-Adventure für die neuen Konsolengenerationen von Playstation und X-Box, wird gelobt. Die Konsolen sollen Ende des Jahres erscheinen und stehen deshalb bei der Gamescom besonders im Fokus. Bis zum Freitagmittag wird die Übertragung ins Netz auf den verschiedenen Plattformen mehr als eine Millionen Mal angeklickt.

Politik und Förderung

Deutlich weniger Zuschauer – um die 800 im Hauptstream – hat am Freitag die Politik: Die politische Eröffnung geht am Morgen online, während bereits die ersten Spiele-Shows im Livestream zu sehen sind. In einem vorproduzierten Video laufen Messechef Gerald Böse und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker zunächst durch die leeren Hallen der Messe. Böse betont, was er schon in den vergangene Wochen sagte: Die Gamescom soll der Startschuss sein für weitere hybride Messen der Zukunft. Die Krise als Innovationstreiber.

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Oberbürgermeisterin Henriette Reker (l.) und Messechef Gerald Böse (r.)

Wenig später kündigt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer den Start eines Förderprogramms für die Computerspielbranche an. Das hatte er vor einem Jahr schon mal versprochen, doch der Prozess stockte, was Scheuer Kritik einbrachte. Nun will der Bund aber Ernst machen und in den kommenden Jahren 250 Millionen Euro in die Branche stecken. Auch das Land NRW stellt drei Millionen Euro bereit. Ministerpräsident Armin Laschet nennt die Region eine „internationale E-Sports-Hochburg“, in den letzten Jahren habe man die Fördermittel verdreifacht. Der Branchenverband Game hat zuletzt immer wieder beklagt, der Anteil deutscher Spiele am deutschen Markt sei zu gering. Auch im vergangenen Jahr lag er wieder nur bei unter fünf Prozent.

Parallel zur politischen Eröffnung spricht Bundesaußenminister Heiko Maas in einem Interview über „Pathways – Europe“, ein vom Auswärtigen Amt gefördertes Spiel, das spielerisch die Vorzüge der Europäischen Union erlebbar machen soll. „Wir versuchen das, was Europa ausmacht, auch jüngeren Menschen näherzubringen“, sagt er. Um mit ihnen in Kontakt zu kommen, habe man zuletzt sogar zwei Diplomaten zum Gamen abbestellt, die dort – ja – Gespräche über Außenpolitik suchten. 

Die bunte Spiele-Welt

Eigentlich lebt die Gamescom vom bunten Treiben auf dem Messegelände, von den Kostümierten und den Spiele-Demos. Messe und Game haben sich bemüht, dieses Erlebnis zumindest in Ansätzen ins Netz zu transportieren. Während in einem Stream noch Politiker sprechen, singt in einem anderen die kostümierte Eveleanah mit blonder Perücke „This is Halloween“. Es gibt einen Cosplay-Wettbewerb um das beste Kostüm, Konzerte, spezielle Angebote für Retro-Fans oder Familien. Für kleine Spieleentwickler wird es derweil am Samstagabend eine eigene Show geben. Außerdem können sie sich im sogenannten Indie-Arena-Booth präsentieren, einer Partner-Plattform der Gamescom. Hier können Nutzer virtuell durch eine Spielewelt flanieren, viele der Anbieter stellen Demos bereit.

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Der Auftritt des Bundesverkehrsministeriums in der Indie-Arena

Auch das Bundesverkehrsministerium hat einen Auftritt. Ein Bot, der auf den Namen Skander Morgenthaler hört, stellt hier den Deutschen Games-Fonds und das Ministerium vor. Der Link führt allerdings ins Leere. Bei einem Spiel namens „Death and Taxes“ kann man in einer Demo-Version am Schreibtisch „the bureaucratic afterlife“ antreten – das bürokratische Leben nach dem Tod.

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Der Würselener Spieleentwickler Egosoft, der Weltraumsimulationsspiele veröffentlicht, hat ebenfalls einen Auftritt in der Arena: Wer die Leinwand anklickt, landet bei einem Trailer, andere Gegenstände führen zu Rabatt-Codes für das Spiel oder Social-Media-Kanälen. Außerdem kann mit anderen Gamern gechattet werden. „Wir sind sehr froh, dass die Gamescom stattfindet – andere Messen wurden abgesagt oder endlos verschoben“, sagt Sprecher Gregory Wintgens. Im digitalen Format fehle zwar der Publikumsverkehr – die Aufmerksamkeit könne aber so, ohne nationale Grenzen, vielleicht sogar größer sein.

Die digitale Gamescom läuft noch bis zum 30. August, wo sie mit einer Abschlussshow endet. Das kostenlose Programm kann über now.gamescom.de abgerufen werden.

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