Reisen buchen in KrisenzeitenWas Verbraucher derzeit beachten müssen

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Köln – Geht es nach Robert Habeck, so kann Tourismus in diesen geopolitisch schwierigen Zeiten etwas Gutes leisten: Es gebe „eigentlich kein besseres Gegengewicht gegen den Krieg als den Tourismus“, sagte der Wirtschafts- und Klimaschutzminister (Grüne) am Dienstag auf der Eröffnung der Reisemesse ITB in Berlin. „So kann Völkerverständigung als gelebter Tourismus entstehen.“ Dennoch: Nachdem zunächst die Pandemie Reisemöglichkeiten zwei Jahre lang stark einschränkte, herrscht nun Unsicherheit, welche Folgen der Krieg in der Ukraine für Reisende haben wird.

Bei der Lufthansa-Tochter Eurowings spürt man trotz allem wachsende Reiselust. „Alle Urlaube – Ostern, Pfingsten sowie der Sommer – sind sehr gut gebucht“, sagte Sprecher Florian Gränzdörffer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das gelte nicht nur für private, sondern mittlerweile auch wieder für Geschäftsreisen. Die Lufthansa-Tochter hat ihre Kapazitäten wieder hochgefahren – mit einer Rückkehr auf das Normalniveau von vor der Pandemie sei aber noch nicht zu rechnen, so Gränzdörffer. Der Beginn des Krieges in der Ukraine habe nur kurz zu einer Zurückhaltung bei den Buchungen geführt. „Nach einem kurzen Verharren von rund drei Tagen zogen die Zahlen aber wieder an“. Drei Ziele der Airline wurden in der Ukraine gestrichen. Der Schaden sei damit überschaubar.

Folgen sind noch nicht absehbar

Insgesamt sei es noch zu früh, die Folgen in Gänze abzusehen, sagte Kerstin Heinen vom Deutschen Reiseverband (DRV). Zum Beispiel, inwiefern sich die rapide steigenden Energiepreise auf die Kosten auswirken werden, die auf Reisende zukommen: „Bei Pauschalreisen gehen wir von einem stabilen Preisniveau aus“, so Heinen. Bei Einzelflügen, wo die Preisgestaltung tagesaktuell erfolgt, sei die Situation dagegen eine andere.

Die Lufthansa hat ihre Kunden bereits auf steigende Ticketpreise vorbereitet. Treiber seien hier der Ölpreis sowie steigende Gebühren an Flughäfen und bei den Flugsicherungen, sagte Finanzvorstand Remco Steenbergen unlängst. Seit Beginn der Corona-Pandemie operieren die Fluggesellschaften am Rande der Existenz. Staatshilfen sicherten das wirtschaftliche Überleben. Es wurden Flugzeuge stillgelegt, Personal entlassen, Strecken gestrichen. Das heißt: Die Kapazitäten sind begrenzt. Bei steigender Nachfrage ziehen daher die Preise an. So kosteten laut Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) bereits voriges Jahr Flüge innerhalb Europas rund 22 Prozent mehr als im Rekordjahr 2019. Infolge des Krieges steigt der Ölpreis nun weiter und setzt damit das Kostengefüge unter Druck.

Noch keine Preissteigerungen bei DER Touristik

Bei der Rewe-Tochter DER Touristik hieß es am Dienstag auf Anfrage, aktuell gebe es keine Preissteigerungen. „Wer sicher gehen will, bucht früh“, teilte Pressesprecherin Angela de Sando mit. Das betonte auch Kerstin Heinen vom DRV: „Alles spricht dafür, früh zu buchen.“

Sie empfiehlt Reisenden außerdem, stornierbare Flex-Tarife zu wählen. „Schon in der Pandemie hat das Thema Flexibilität stark an Bedeutung gewonnen. Das ergibt in unsicheren Zeiten generell Sinn. Der Vorteil ist, dass eine Stornierung oder Umbuchung dabei ohne Angabe von Gründen möglich ist.“ Auch dem Versicherungsschutz sollte mehr Aufmerksamkeit eingeräumt werden. Heinen rechnet damit, dass aufgrund solcher Fragen der Beratungsbedarf in den Reisebüros steigen wird.

Spanien und Griechenland sind beliebt

Wie sich der Krieg mittelfristig auf den Reisewunsch der Menschen auswirken wird, ist in der Branche noch nicht abzusehen. Auch bei der Nachfrage nach bestimmten Reisezielen sei es noch zu früh, um Effekte zu beobachten, so Heinen. „Im Moment sehen wir, dass die vertrauten Ziele besonders beliebt sind: Spanien, Griechenland und die Türkei, aber auch Ägypten sind gut gebucht.“ Russland haben die meisten Reiseanbieter dagegen aus dem Programm genommen. Auch DER Touristik: „Reisen nach Russland haben wir bis auf weiteres abgesagt“, sagte de Sando. „Grundsätzlich ist für die Frage, ob wir ein Reiseziel anbieten oder nicht, die Bewertung des Auswärtigen Amtes maßgeblich.“ Das sei für die russischen Nachbarländer im Baltikum beispielsweise nicht der Fall.

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Eine Änderung im Kundenverhalten sieht das Unternehmen nicht. „Unsere Buchungslage für den kommenden Sommer ist sehr positiv. Nach dem zweiten Pandemiewinter ist der Wunsch nach Urlaub und Erholung im deutschen Reisemarkt deutlich spürbar.“ Zuletzt hätten sich die Buchungen sogar über dem Vor-Pandemie-Niveau bewegt.

Zahlen des Deutschen Reiseverbands zeigen, dass das Defizit andernorts – trotz zuletzt angezogener Buchungen – noch immer groß ist: Die diesjährigen Zahlen liegen aktuell 48 Prozent unter dem Vergleichswert von 2019.

Logistisches Problem für Fluggesellschaften

Für Fluggesellschaften führt der Konflikt derweil zu einem logistischen Problem: Denn Langstreckenflüge in den asiatischen Raum fliegen normalerweise über Russland – was derzeit nicht möglich ist. Die entsprechenden Routen müssen also umgeplant werden.  „Der längste Umweg ist der nach Tokio, mit mehr als zwei Stunden extra Flugzeit je nach Wind“, erklärte Lufthansa-Chef Carsten Spohr jüngst. Das sorgt für zusätzliche Kosten, etwa durch höheren Treibstoffverbrauch, längere Arbeitszeiten der Crew und längere Einsatzzeit der Flugzeuge.

Für die Unternehmen im DRV ist das aktuell noch zu verschmerzen: „Coronabedingt ist die Fernstrecke derzeit noch nicht so stark gefragt“, sagte Kerstin Heinen. „Dementsprechend sind die Auswirkungen auf Urlaubsflüge derzeit nicht gravierend. Letztlich bleibt auch hier abzuwarten, wie sich die Situation weiter entwickelt.“

Mietwagen werden teurer

Auch bei Mietwagen dürfte es in naher Zukunft nicht billiger werden. Bis zu 150 Prozent mehr zahlten Reisende an beliebten Urlaubszielen bereits im vergangenen Jahr für einen Leihwagen. Und in diesem Jahr sieht es nicht besser aus – da sind sich Mietwagenanbieter und Vergleichsportale einig. „Wir sehen auch 2022 ein robustes Preisumfeld, wobei wir davon ausgehen, dass das Preisniveau gegebenenfalls noch steigen wird“, sagte Konstantin Sixt, Chef des gleichnamigen Autovermietungsunternehmens.

Frieder Bechtel, Sprecher des Vergleichsportals billiger-mietwagen.de, äußert sich sogar noch deutlicher: „Vor allem an beliebten Zielen erwarten wir auch 2022 nochmal deutliche Preissteigerungen“, prognostizierte er. Auf Mallorca lägen die Preise für den Sommer bereits jetzt 19 Prozent über denen von 2021 – und sogar 167 Prozent über denen von 2019. Der durchschnittliche Mietwagenpreis pro Tag betrage derzeit in der Hauptreisezeit zwischen Mitte Juni und Mitte September 61,42 Euro. Im Vergleichszeitraum 2021 waren es 51,58 Euro, 2019 noch 23,03 Euro.

Auch auf Mittelmeerinseln wie Sardinien, Sizilien und Korsika werde es teuer, so Bechtel. Spitzenreiter in puncto landesweiter Durchschnittspreis ist die Schweiz mit 57 Euro, gefolgt von den Niederlanden und Österreich mit jeweils 50 Euro pro Mietwagentag. Der Hauptgrund dafür ist das Flottenmanagement der Mietwagenfirmen. In der Corona-Krise haben Sixt und andere Unternehmen ihre Fuhrparks drastisch verkleinert – teilweise um bis zu ein Viertel. Als dann die Nachfrage Mitte 2021 anzog, stießen die Leihwagenvermieter auf ein Problem, das jeder Käufer kennt: lange Wartezeiten aufgrund der Probleme von Zulieferern wegen der Halbleiterkrise in der Autobranche.

Auch hier stehen die Zeichen also eindeutig auf früh buchen.

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