RodungenWenn Bäume für Windräder fallen, gibt es wenig Protest

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Münsterwald_Windkraft

Im Münsterwald bei Aachen erweitern die Stadtwerke Aachen ihren Windkraft-Kapazität. 

Aachen/Köln – Die geplante Rodung im Hambacher Forst um Braunkohle zu gewinnen, hat internationales Aufsehen erlangt und große Solidarität mit den Kohlegegnern hervorgerufen. Doch auch in anderen Wäldern Nordrhein-Westfalens fallen Bäume für die Energie. Warum rufen diese Rodungen nicht ähnliche Proteste wie in Hambach hervor? Die Antworten haben mit der Qualität des Waldes sowie der Nutzung und Dimension der gerodeten Flächen zu tun.

Fünf Hektar Wald für Windkraftanlagen

So erweitern beispielsweise die Stadtwerke Aachen derzeit ihren Windpark. Im Aachener Münsterwald, nur etwa 35 Kilometer Luftlinie von Hambach entfernt, wurden für sieben rund 200 Meter hohe Windräder Brachflächen in den Forst geschlagen. Die Stadtwerke hoffen, mit den neuen Anlagen 75 Prozent des Stromverbrauchs aller Aachener Haushalte sowie des Gewerbe decken zu können.

Bäume auf fünf Hektar Wald mussten weichen, fast zehn Jahre lang wurde geprüft, ob die Stadtwerke die Windkraftanlagen aufstellen dürfen. Doch die Proteste hielten sich im Vergleich zum Hambacher Forst in Grenzen. Warum?

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Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) und Greenpeace erklären die Vorgänge: „Insgesamt sind in NRW bisher 18,5 Hektar ökologisch weniger bedeutsame Nadel- und Wirtschaftswälder für Windräder umgewandelt worden“, sagt LEE-Geschäftsführer Jan Dobertin, „jedoch, um klimafreundlichen Strom zu produzieren – anders als in Hambach.“

Alleine im Hambacher Forst soll die noch bestehende Waldfläche von rund 200 Hektar halbiert werden. „Der große Unterschied“, so Dobertin, „ist, dass im Hambach wertvoller und historisch bedeutsamer Laubwald gerodet und die Landschaft völlig zerstört wird, um klimaschädliche Braunkohle zu fördern.“ Insgesamt wurden dort rund 3500 Hektar Wald vernichtet. „Gemessen an den diesen gerodeten Waldflächen könnte man in NRW noch mehr als 10.000 Windräder errichten“, sagt Dobertin.

Windkraft_Münsterwald

Eines der  Windräder  im Münsterwald bei Aachen.

Auch der ehemalige grüne Spitzenpolitiker und jetzige LEE-Vorsitzender Reiner Priggen sagt: „Es muss genau geprüft werden, welcher Wald für Windkraftanalgen genutzt werden darf. Aber der Forst darf nicht grundsätzlich tabu sein, da sonst vereinbarte Klimaziele nicht einhaltbar sind.“

Strenge Auflagen

Die Rodung für Windparks unterliege strengen Auflagen: Laut NRW-Windenergieerlass können nur strukturarme Nadel- und Wirtschaftswälder freigegeben werden. Das Biotop werde nicht so stark beschädigt, Tiere würden ihren Lebensraum nicht verlieren. „Um Windanlagen in einem Wald wie dem Hambacher Forst aufzustellen, wird man wohl nie eine Genehmigung bekommen“, erklärt Dobertin.

„Rodungen für Windkraftanlagen unterliegen vielen Prüfungen“, betont auch Greenpeace-Sprecher Gregor Kessler. „Wenn sie positiv ausfallen, dann begrüßen wir den Bau der Windparks.“ Im Fokus stehe, die fossilen Energien wie Braunkohle durch erneuerbare Energien abzulösen. Dafür sei auch stellenweise Rodung hinnehmbar. Denn der Wald werde an anderer Stelle wieder aufgeforstet.

Das verspricht auch RWE. Der Unterschied: In Hambach klafft erst einmal ein gewaltiges Loch, das mit Wasser gefüllt werden soll. Die Fläche für die Windräder, wenn sie nach 20 Jahren – ihrer Betriebsdauer – nicht ersetzt werden, könne als Wald rekultiviert werden, so Kessler.   

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