Nach herber KritikKölner Vermarkter Ströer verzichtet künftig auf politische Werbung

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Firmengebäude von Ströer in Köln

Köln – Der Kölner Werbevermarkter Ströer hat überraschend angekündigt, sich aus dem Markt für parteipolitische Werbung zurückzuziehen. Aufgrund diverser „negativen Erfahrungen aus dem Wahlkampf zur aktuellen Bundestagswahl hat der Ströer-Vorstand beschlossen, keine Aufträge für parteipolitische Werbung mehr entgegenzunehmen“, teilte das Unternehmen am Donnerstagfrüh dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit. Damit reagiert Ströer auf aktuelle Kritik.

Kritik von rechts und links

In den vergangenen Jahren hatte Ströer  Außenwerbekampagnen des gesamten politischen Spektrums zum Aushang gebracht. Neben Buchungen sämtlicher, im Bundestag vertretenen politischen Parteien wie CDU, SPD, CSU, Grüne, AfD, FDP und Linke anlässlich der Wahlen zum Europäischen Parlament, Bundestagswahlen, Landtagswahlen und Kommunalwahlen, zählten dazu auch Kampagnen, die sowohl deutlich links als auch deutlich rechts der politischen und gesellschaftlichen Mitte anzusiedeln seien, heißt es von Ströer.

Drohungen gegen Mitarbeiter

Stellvertretende Beispiele hierfür seien Kampagnen wie „bundestag-nazifrei.de“ und „#GrünerMist“. „Insgesamt kam es zu persönlichen Anfeindungen und Drohungen in Richtung der Mitarbeiter des Unternehmens, zu Boykottaufrufen gegen Ströer und Sachbeschädigungen von Firmeneigentum – und zwar aus verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Meinungsrichtungen", heißt es in einer Mitteilung von Ströer.

Aus den verschiedenen Anfragen ergebe sich „die eindeutige Zielrichtung, das Unternehmen Ströer und/oder einzelne Mitarbeiter willkürlich und unzutreffend politisch in die Nähe der AfD zu drängen. Damit ist aus Sicht des Unternehmens die Grenze des Hinnehmbaren endgültig überschritten", heißt es in der Erklärung als Grund für den Rückzug.

„Gezielte Diffamierungen“

Das Kölner Unternehmen und seine Mitarbeiter seien „gezielten Diffamierungen aus verschiedenen politischen Richtungen als Folge der entgeltlichen Bereitstellung von Werbeflächen für Wahlkämpfe", ausgesetzt. Damit sei „sehr deutlich eine Grenze überschritten“.

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Das Unternehmen könne auf dieser Basis seinen Beitrag zur politischen Meinungsbildung nicht mehr gewährleisten und ziehe sich vollständig aus der parteipolitischen Werbekommunikation zurück, um Schaden vom Unternehmen und seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen abzuwenden. „Ströer wird bis zur Bundestagswahl und darüber hinaus jeden Auftrag zu parteipolitischer Werbung jeglichen politischen Spektrums ablehnen“, heißt es von Ströer.

Ströer will Runden Tisch mit Parteien

Voraussetzung für die Fortführung der Verbreitung parteipolitischer Werbung durch Ströer sei ein politischer Konsens, der beim von Ströer initiierten Runden Tisch mit den politischen Parteien des Deutschen Bundestages erzielt werden könne. „Sollte es wider Erwarten nicht zu einem gemeinsamen Verständnis in Bezug auf die Plakatierung parteipolitischer Werbung kommen, wird Ströer auch darüber hinaus daran festhalten, grundsätzlich keine parteipolitische Werbung mehr auszubringen.“

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rückzugs aus parteipolitischer Werbung dürften für das Kölner Unternehmen gering ausfallen. Wie ein Firmensprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte, mache die Wahlwerbung gerade einmal 0,2 Prozent des Umsatzes aus. Auswirkungen auf frei aufgestellte oder aufgehängte Plakate hat der Rückzug nicht. Diese Werbeflächen liegen in der Verantwortung der Parteien, heißt es von Ströer.

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