„Acht Prozent mehr sind fair“DGB-Chef Roßmann über Inflation und Lohnforderungen

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Die DGB-Kundgebung in Köln zum 1. Mai im Vor-Corona-Jahr 2019.

  • Zum Tag der Arbeit beantwortet DGB-Chef Witich Roßmann Fragen zur Inflation und Rechtmäßigkeit von Lohnforderungen.
  • Die IG Metall fordert in der nächsten Tarifrunde acht Prozent. Gerechtfertigt, findet Roßmann.

Ökonomen warnen vor dem Tag der Arbeit vor übertriebenen Lohnvorstellungen und einer Lohn-Preis-Spirale. Wie stehen Sie dazu? Witich Roßmann: Der aktuelle Preisanstieg ist keinesfalls eine Folge der zu hohen Lohnforderungen. Die Inflation ist Folge massiver Spekulation. Mineralölkonzerne haben den Spritpreis massiv erhöht. Dabei haben sie langfristige Lieferverträge und zahlen gar nicht die horrenden Rohölpreise, die sie uns vorgaukeln. Dennoch geben sie diese hohen Preise eins zu eins an die Verbraucher weiter. Das ist nicht fair.

Die EZB ruft die Gewerkschaften zur Mäßigung auf...

Ich bin empört darüber, dass die Zentralbank fordert, dass die Lasten der Inflation nun allein von den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen getragen werden sollen, während die Unternehmen diese Lasten durch Preiserhöhungen ungebremst weitergeben können. Wir reden ja nicht über reale Lohnsteigerungen, sondern lediglich über einen Kaufkraftausgleich.

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Witich Roßmann

Welche Lohnforderungen sind denn angesagt?

Verdi hatte 2021 gute Tarifabschlüsse erzielt. Aber durch die Inflation von mehr als sieben Prozent wird dieser Erfolg entwertet. Im Herbst steht die nächste Tarifrunde bei der IG Metall an. Aktuell fordert sie acht Prozent. Ist acht Prozent angesichts der Lage nicht total daneben? Keineswegs. Acht Prozent mehr gleichen ja nicht mal richtig die Inflation aus. Die Forderung ist gerechtfertigt.

Lieferketten wirken nicht mehr. Fühlen Sie sich in Ihren Forderungen bestätigt?

Ja allerdings. Wir haben schon 2016 gefordert, in Köln eine Batteriefertigung aufzubauen. Damals wurden wir abgeschmettert. Es wurde nur auf den Weltmarkt geschielt und Produktion weiter ins Ausland verlagert. Jetzt sehen wir ja, was passiert, wenn es hier keine Produktion mehr gibt. Bei Ford stehen die Bänder seit Monaten still, weil Mikrochips nicht lieferbar sind. Und eigene Batterien, Solaranlagen oder Windräder können wir auch nicht produzieren.

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Es ist naiv zu glauben, mit dem Ausstieg Öl und Gas und Umstieg auf Erneuerbare Energien wären wir versorgungssicher: Solarpanels, Windkraftanlagen kommen aus Asien. Wir müssen uns über den Krieg hinaus für eine neue globale Sicherheits- und Abrüstungsarchitektur engagieren.

Kundgebung am 1. Mai

Am Tag der Arbeit (Sonntag) beginnt die Demonstration in Köln am Hans-Böckler-Platz um 12 Uhr. Die anschließende Kundgebung der Gewerkschaften findet um 13 Uhr mit einem breiten Programm am Heumarkt statt. Ab 14:30 Uhr spielt die Band Lupo, und der Comedian Ingo Appelt tritt auf.

Witich Roßmann war lange Jahre hauptamtlich Chef der IG Metall in Köln und ist seit 2016 Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB. (tb)

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