Beim Finale der Serie „100 Ideen für Köln“ trafen die OB-Kandidatinnen und -Kandidaten auf mehr als 500 Leserinnen und Leser.
100 Ideen für KölnEin Finale voller Optimismus und Inspiration

Abstimmung im ausverkauften KD-Schiff RheinMagie: Auf der Bühne saßen die Kölner OB-Kandidatinnen und -Kandidaten, im Saal mehr als 500 Gäste.
Copyright: Arton Krasniqi
Jeder Fortschritt beginnt mit einer Idee. Dass die Kandierenden für das Amt des Kölner Stadtoberhaupts davon gleich mehrere haben, liegt in der Natur des Kommunalwahlkampfs. Wie engagiert jedoch auch die Leserinnen und Leser des „Kölner Stadt-Anzeiger“ Engagement sind, um die Zukunft ihres Lebensmittelpunkts zu gestalten, hat unsere große Serie „100 Ideen für Köln“ gezeigt. Es waren mehrere tausend Vorschläge, die in den vergangenen Wochen die Redaktion erreicht und begeistert haben. Stets drehte es sich dabei um eine zentrale Frage: Wie und durch welche Projekte kann die Stadt schöner, lebenswerter und noch liebenswerter werden?

Lange Schlangen vor dem KD-Schiff RheinMagie.
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Das Finale fand jetzt auf der MS Rheinmagie an der Frankenwerft statt. Mehr als 500 Gäste auf dem Event-Schiff der Köln Düsseldorfer (KD), das binnen kürzester Zeit ausgebucht war, sollten aus den insgesamt 100 Vorschlägen die drei besten Ideen für Köln auswählen. In der Schlussrunde standen die zehn Ideen zur Abstimmung, die im großen Online-Voting sowie in der Redaktion die besten Platzierungen erreicht hatten.
Ob sie auch Inspiration für die zukünftige Stadtspitze sein werden, wird sich zeigen. Elf von 13 OB-Kandidatinnen und -Kandidaten waren auf der Bühne der Rheinmagie präsent und sollten schon einmal sagen, für welche Ideen sie sich im Fall ihrer Wahl vordringlich einsetzen würden: Berivan Aymaz (Grüne), Inga Feuser (Ratsgruppe Gut/Klimafreunde), Heike Herden (Partei des Fortschritts), Torsten Burmester (SPD), Roberto Campione (Kölner Stadtgesellschaft), Volker Görzel (FDP), Markus Greitemann (CDU), Ali Güclü (parteiloser Einzelbewerber), Heiner Kockerbeck (Die Linke), Hans Mörtter (parteiloser Einzelbewerber) und Lars Wolfram (Volt).
Sarah Brasack, stellvertretende Chefredakteurin des „Kölner Stadt-Anzeiger“, und Chefkorrespondent Joachim Frank führten als Moderations-Duo durch einen ebenso tiefgründigen und engagierten wie kurzweiligen und humorvollen Abend.

Die Räuber wärmten das Publikum im Saal mit ihrem Hit Oben/unten auf.
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„Das ist der beste Elferrat dieses Jahres“, witzelte etwa Sven West. Der Sänger der Räuber sorgte mit seinen Kollegen gleich zu Beginn für viel Bewegung - sowohl „oben“ auf der Bühne als auch „unten“ in den Stuhlreihen, als nämlich die Band ihren Hit „Oben unten“ anstimmte.
Die Musiker, die kurz zuvor noch im „Bierkönig“ auf Mallorca aufgetreten waren, betonten die Bedeutung der Wahl. „Auch die Zehn, die nicht gewählt werden, stellen ihren Dienst komplett in die Stadt“, sagte West an Adresse aller OB-Kandierenden. Auch die Band selbst engagiert sich für die Stadt. So unterstützen die Musiker das mobile Schwimmbad „Mobi“, das ab Anfang Oktober in verschiedenen Veedeln aufgebaut wird, damit mehr Kinder als bislang Schwimmen lernen können. Dies sei ein „Kulturrecht“, so West.

Mit roten und grünen Zetteln konnten die Gäste im Saal über die finalen zehn Ideen abstimmen.
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Dann startete die Präsentation der zehn Ideen, zum Teil mit prominenten Paten. Jürgen Domian macht sich als Ideengeber für Zehntausende neue Bäume stark. „Ich bin kein Grüner und wähle auch nicht grün“, stellte der Moderator klar. „Aber man kann jeder Partei nahestehen und trotzdem ein Baum- oder Naturschützer sein.“ Domian plädiert dafür, anfangs 50 japanische Blütenkirschbäume an der Oper zu pflanzen – damit man eines Tages dieses „hässliche“ Gebäude nicht mehr sehe, das Domian als „Brikett“ und bezeichnete.
Die Idee von Dr. Patrick Adenauer, Geschäftsführender Gesellschafter des Bau- und Immobilienunternehmens Bauwens, lautete, „eine/n Sonderbeauftragte/n für Sauberkeit“ zu berufen, der sich um eine häufigere Reinigung zentraler Areale in der Stadt sorgt. Dass andere Städte Köln in Sachen Sauberkeit voraus sind, stellte Chefreporter Peter Berger im Gespräch mit Joachim Frank fest. So muss man in Wien etwa Grillplätze per App buchen und diesen beim Verlassen mit einem Foto dokumentieren.
Viel Anklang fand auch die Idee von Sterneköchin Julia Komp: Eine zentrale Markthalle mit hochwertigen regionalen Produkten sähe sie gerne auf dem Neumarkt, sagte Komp im Talk mit Sarah Brasack. Damit könnte der zentrale Platz, der als Drogen-Hotspot der Stadt gilt, endlich aufgewertet werden.

Julia Komp präsentierte ihre Idee einer Markthalle für Köln.
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Chefreporter Matthias Hendorf ordnete den nächsten Vorschlag ein: Die Deutzer Werft als Grünanlage gestalten, Boden entsiegeln, Fahrradstraße einrichten, ausreichend Sitzgelegenheiten schaffen. Dies sei durchaus möglich, so Hendorf. Doch dafür müsste der Stadttrat den Bebauungsplan ändern. Derzeit ist ein Großteil der Fläche als Spiel- und Festplatz ausgewiesen.
Bevor die weiteren ausgewählten Projekte präsentiert wurden, hatte die erste Hälfte der OB-Kandidierenden die Chance, für sich Werbung zu machen – und das jeweils in knackigen eineinhalb Minuten: „Ich trete als OB an, weil ich Köln so liebe“, begann Berivan Aymaz (Grüne). Die Stadt stehe vor großen Herausforderungen, das Vertrauen in die Verwaltung bröckele. Unter anderem als Vizepräsidentin des Landtags bringe sie die Fähigkeit mit, die Potenziale der Stadt wieder zu heben. Ihr Konkurrent Torsten Burmester von der SPD nahm für sich in Anspruch: „Ich kann Verwaltung, ich kann Politik, ich kann Köln.“ Burmester kündigte zudem an, er wolle weg von „der Armlänge Abstand, die prägend für die Kölner Verwaltung geworden ist“.

Stefan Knittler sorgte für einen bewegenden Höhepunkt zum Abschluss des Abends.
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FDP-Kandidat Volker Görzel sah Köln zwar nicht auf Titanic-Kurs, aber „das Schiff Stadt Köln dümpelt im Brackwasser vor sich hin – ohne Kapitänin und ohne klaren Kurs“. Die KVB müsse wieder funktionieren, lautete eine seiner Forderungen. Markus Greitemann (CDU) reklamierte für sich, die Stadt aus dem Effeff zu kennen. Und: „Ich biete Führung und Erfahrung.“ Wie mehrere seiner Mitbewerber sprach sich Greitemann für bezahlbaren Wohnraum, eine starke Wirtschaft sowie Sauberkeit und Sicherheit aus.
Heiner Kockerbeck (Die Linke) forderte unter anderem mehr Mieterschutz und einen bezahlbaren Öffentlichen Nahverkehr. „Der soziale Zusammenhalt in der Stadt bröckelt“, so Kockerbeck. Lars Wolfram (Volt) indes forderte mehr Gründergeist und gab sich sehr privat: „Meine Frau habe ich in der Linie 7 kennen gelernt.“

Drei OB-Kandidaten auf dem Deck des Schiffs: Berivan Aymaz (Grüne), Volker Görzel (FDP) und Markus Greitemann (CDU) (v.l. nach r.)
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Bevor sich die weiteren fünf OB-Kandidierenden präsentierten, ging es mit den nächsten Ideen weiter. Eckart von Hirschhausen möchte, dass Köln zur Schwammstadt wird. Da der Arzt, Moderator und Gründer der Stiftung „Gesunde Erde, gesunde Menschen“ zeitgleich an der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises teilnahm, grüßte er per Videobotschaft und warb für seine Idee. Unter anderem mit mehr Grün könnte in Köln ein „Kältenetz“ entstehen, das angesichts des Klimawandels für mehr Hitzeschutz sorgt. Redakteurin Julia Hahn-Klose erklärte im Talk, dass es ein Leichtes sei, mit mehr Fassadenbegrünung einen Anfang zu machen. Die Stadt könnte bei ihren Gebäuden mit gutem Beispiel vorangehen.
Ihre Kollegin Kendra Stenzel, Leiterin der Kölner Lokalredaktion, unterstützte folgende Idee: Eine bessere Beleuchtung an vielen Stellen der Innenstadt soll dafür sorgen, dass sich insbesondere Frauen dort nicht unwohl fühlen. Dies gelte bestimmt auch für Männer, sagte Stenzel. Exemplarisch nannte sie die Subbelrather Straße in Richtung Grüngürtel, „wenn man plötzlich ein schwarzes Loch vor Augen hat“.

Stephan Brings Idee, physisch abgetrennte Fahrradwege in Köln zu errichten, fand großen Anklang im Saal.
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Musiker Stephan Brings erläuterte seine Idee, warum auf den Hauptverkehrsstraßen Richtung Innenstadt Fahrradtrassen entstehen sollen, die durch Bordsteine oder Plastikbaken abgetrennt sind. Dann würden sich auch ältere Menschen wieder aufs Rad trauen, meinte Brings. Die lediglich aufgezeichneten Spurmarkierungen, wie etwa auf den Ringen, interessierten viele Autofahrer insbesondere abends „einen Scheißdreck“. Brings augenzwinkernd: „Ich möchte ja nicht gewählt werden, also darf ich so reden.“
Den Vorschlag, Wasserbusse und Wassertaxis auf dem Rhein fahren zu lassen, ordnete Chefreporter Tim Attenberger ein. Die Idee konkurriere mit einer möglichen Seilbahn, dem sogenannten Rheinpendel, sowie zwei anvisierten neuen Rheinbrücken. Im Herbst wolle die Stadt einen zweiten Teil ihres Mobilitätsplans veröffentlichen.

Die Stimmung auf dem ausverkauften Schiff war überragend gut.
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Danach hatten wieder die OB-Kandidierenden das Wort. Roberto Campione (Kölner Stadtgesellschaft) versprach, er wolle alle Menschen mitnehmen und sah viele Potenziale: „Es gibt jede Menge Fördermittel, die die Stadt nicht abruft.“ Inga Feuser (Gut & Klimafreunde) sprach sich für eine „resiliente Demokratie in Köln“ aus und hob unter anderem die Klimaneutralität hervor. Einzelbewerber Ali Güclü erinnerte an die Verdienste Konrad Adenauers, in dessen Sinne er den Wirtschaftsstandort Köln stärken wolle. Für mehr Bürgerbeteiligung und Digitalisierung bei den Behörden will sich unter anderem Heike Herden (Partei des Fortschritts) einsetzen. Der „ungewöhnliche Pfarrer“, wie sich Hans Mörtter als Einzelbewerber selbst bezeichnete, könne Menschen begeistern und Probleme lösen. „Meine Vorbilder sind Charlie Chaplin und Dietrich Bonhoeffer, und ich glaube an die Stadt und ihre Menschen.“
Ermöglicht wurde der Abend finanziell vor allem durch die Sparkasse Köln-Bonn. Ihr Vorstandsvorsitzender Ulrich Voigt erklärte, sein Unternehmen engagiere sich mit Veranstaltungen wie dieser bewusst für die Stärkung der Demokratie. Hier trage eine öffentlich-rechtliche Institution besondere Verantwortung, sagte Voigt.
Das gilt, wie Joachim Frank bei der Begrüßung von Isabella Neven DuMont, Herausgeberin des „Kölner Stadt-Anzeiger“, hervorgehoben hatte, auch für die freie Presse. Förderung und Verteidigung der Demokratie lägen Verlag und Redaktion gleichermaßen am Herzen. „Unsere Serie mit den 100 Ideen für Köln ist im Grunde nichts anderes als das: eine Einladung zur Mitwirkung am Gelingen des Gemeinwesens.“

Lokalredakteurin Julia Hahn-Klose im Gespräch mit Moderator Joachim Frank
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Die letzten beiden Ideen des Abends hatten es im Vergleich zu den anderen etwas schwerer: Die Schriftstellerin Husch Josten hatte als Verschönerung des Stadtbilds einen einheitlichen Farbton für Zäune, Betonwände oder Stromkästen vorgeschlagen. Redakteurin Susanne Rohlfing stellte fest, dass in dieser Hinsicht sehr wohl etwas passieren müsse. Doch schon bei der Einigung auf eine bestimmte Farbgebung könnte es in Köln die üblichen Schwierigkeiten geben.
Dass Köln einen „Boulevard der Stars” erhalten soll, auf dem sich Berühmtheiten mit ihren Fußabdrücken verewigen können, habe etwas mit der Ambivalenz der Kölner und ihres Seelenlebens zu tun, urteilte der Psychologe Stephan Grünewald vom Kölner „Rheingold“-Institut in der ihm eigenen humorigen Art. Die Idee von Promi-Manager Alexander Elbertzhagen bedeute, dass „Stars gewürdigt, aber auch mit Füßen getreten werden.“ Laut Grünewald sei der Kölner an sich eher bodenständig und gerne auf Du und Du mit Prominenten. Das lasse Spitzenleistungen in Bereichen wie Wirtschaft oder Wissenschaft bisweilen in den Hintergrund treten, obwohl diese tatsächlich mehr Würdigung verdient hätten.

Rot oder grün? Auch die OB-Kandidaten und -Kandidatin verhielten sich zu den Ideen.
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Im Anschluss stimmten sowohl die Gäste im Saal als auch die OB-Kandidaten auf der Bühne über ihre Favoriten unter den zehn präsentierten Ideen ab: In der Publikumsgunst ganz oben rangierte Eckart von Hirschhausens Schwammstadt auf Platz 1, gefolgt von Jürgen Domians Baumbepflanzung auf Platz 2. Auf Platz 3 landete Stephan Brings mit den Fahrradtrassen.
Während der Auszählung der Stimmen setzte Musiker Stefan Knittler dann noch einen besonderen Akzent: Eigens für das 100-Ideen-Finale hatte er seine Hymne für die Mitsingbewegung „Loss mer singe“ in einen unmissverständlichen Appell umgetextet: „Kumm loss mer wähle!“ Knittlers Beitrag, bei dem der Saal und alle OB-Kandidaten einträchtig miteinander sangen und schunkelten, war der berührende Schlusspunkt eines inspirierenden Abends.
Danach hatten alle Gäste Gelegenheit, sich auf dem Oberdeck beim Buffet über Köln, seine Potenziale und den Kommunalwahlkampf auszutauschen - auch mit den OB-Kandidaten, deren Parteien eigens Infostände aufgebauten hatten.
Vielen Dank an alle Menschen in Köln, die sich mit ihren guten Ideen an unserer Serie beteiligt oder an der Online-Abstimmung teilgenommen haben. Einen Überblick über alle 100 Ideen gibt es hier, das Best Of mit den zehn Ideen für das Finale finden Sie hier. Wie die OB-Kandidatinnen und -Kandidaten die Ideen bewerteten, finden Sie hier im Ranking.