40.000 Roller auf Radwegen?Elf Firmen kämpfen um Kölner E-Scooter-Markt

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Die E-Roller kommen.

Die E-Roller kommen.

Köln – Da rollt etwas auf die Stadt oder, besser gesagt, auf Radfahrer und Fußgänger zu: Ab dem Sommer werden auch in Köln E-Scooter auf den Fahrradwegen unterwegs sein. Nachdem der Bundesrat grünes Licht gegeben hat, will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zügig Fakten schaffen. Ebenso wie die Verleihfirmen, die in den deutschen Großstädten schon das große Geschäft wittern: Elf Unternehmen haben bei der Stadt Köln angefragt, weil sie die Elektro-Roller hier anbieten wollen. Auch die KVB ist nach Angaben von Sprecher Matthias Pesch in Gesprächen mit Anbietern, um gegebenenfalls in einer Kooperation neben KVB-Fahrrädern auch Scooter anzubieten.

Roller-Anarchie vermeiden

„Verbindliche Aussagen über die Betriebsaufnahme oder die Größe der E-Scooter-Flotte liegen aber noch von keiner der Firmen vor“, erklärte Stadtsprecher Jürgen Müllenberg. Das deutsche Start-Up „Tier Mobility“ will mit seinen E-Scootern nach Angaben des Unternehmens im Sommer in NRW unter anderem in Köln starten. Auch der schwedische Anbieter „Flash“ sowie mehrere US-Unternehmen stehen in deutschen Städten in den Startlöchern.

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Ein Rollerfahrer

Was das für Kölns Straßen und Radwege bedeuten könnte, lässt sich zumindest von der Tendenz her in Städten wie Paris und Tel Aviv beobachten, wo die Scooter schon seit längerer Zeit zugelassen sind und zunehmend boomen: In Israel kommen auf acht Millionen Einwohner bereits jetzt 250.000 E-Scooter. In Paris können Bürger und Touristen zwischen zehn verschiedenen Anbietern wählen. Bis Jahresende werden nach Schätzungen 40.000 Scooter in der Stadt unterwegs sein.

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Die Situation auf dem Verleihmarkt ist in Paris so unübersichtlich wie die Lage auf den Bürgersteigen: Dort drängeln sich die kreuz und quer abgestellten Scooter. Die Stadt hat nun die Reißleine gezogen und in diesem Monat 2500 zentrale Abstellplätze geschaffen. Behinderndes Abstellen auf dem Gehweg wird jetzt mit 35 Euro Strafe geahndet. Fahren auf dem Bürgersteig mit 135 Euro. Eine solche Roller-Anarchie wie in Paris versucht man in Köln im Voraus zu verhindern. Die Stadt will mit den Anbietern Gespräche führen, um sie für eine verbindliche Vereinbarung zu gewinnen.

„Das ist uns ja schon mit den Leihfahrrädern erfolgreich gelungen.“ In der Vereinbarung soll beispielsweise stehen, welche Verbotszonen definiert werden – etwa rund um den Dom oder in der Altstadt. Dort sollen die Anbieter weder Scooter in Gruppen abstellen dürfen, noch dürfen Kunden ihre Scooter nach Benutzung ihre Roller dort stehen lassen. Auch ein Freihalten der Gehwege auf einer Breite von zwei Metern soll in der Vereinbarung festgelegt werden.

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Dabei ist die Stadt allerdings auf die Kooperationsbereitschaft der anbietenden Firmen angewiesen. „Eine Handhabe hat die Stadt nicht, da der öffentliche Stadtraum allen zur Verfügung steht“, so Müllenberg. Er setzt allerdings darauf, dass auch die Firmen ein Interesse an geordneten Verhältnissen haben. „Wenn überall Roller rumstehen , schädigt das auch das Image der Verleiher.“ In Paris ist etwa die Firma „Tier Mobility“ täglich mit Mitarbeitern unterwegs, um die wild abgestellte Flotte wieder einzusammeln.

Nutzungskonflikte

Während sich die Sache mit dem geordneten Stadtbild noch vergleichsweise einfach regeln lässt, wird es beim Thema Sicherheit auf den Fahrradwegen schwierig, wenn in Köln Fahrradboom auf Scooterboom treffen sollte. Die Vorstellung, dass sich auf den teilweise nur gut einen Meter breiten alten Radwegen – womöglich noch mit losen Pflastersteinen – im Berufsverkehr künftig neben Rädern, E-Bikes, und Lastenrädern noch E-Scooter mit 20 Stundenkilometern tummeln, macht nicht nur dem Allgemeinen Deutschen Fahrradradclub (ADFC) in Köln Bauchschmerzen. In Wien, wo die E-Scooter seit diesem Jahr mit 6000 Exemplaren und sechs Verleihern unterwegs sind, gab es im ersten Quartal 200 Unfälle. Tel Aviv meldet für dieses Jahr bereits fünf Tote bei E-Scooter-Unfällen

Roller sind nur auf Radwegen zugelassen – keine Helmpflicht

Nachdem der Bundesrat grünes Licht für die Zulassung von E-Scootern gegeben hat, soll die Zulassung laut Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) noch vor der Sommerpause kommen. Danach dürfen dann E-Scooter mit einer Geschwindigkeit von bis zu 20 Kilometer pro Stunde zugelassen werden. Die E-Roller sollen grundsätzlich nur auf Radwegen fahren und sind auf Bürgersteigen nicht zugelassen. Für den Roller braucht man keinen Führerschein und es besteht keine Helmpflicht. Die Roller müssen allerdings wie Mofas versichert sein. Zudem gilt für die Fahrer ein Mindestalter von 14 Jahren. Für Auto-Fahranfänger gilt eine Null-Promille-Grenze. Für andere greift wie beim Auto die 0,5 Promille-Grenze. Den Roller dürfen alle Fahrgäste der Deutschen Bahn ab sofort kostenlos in allen Fernverkehrszügen mitnehmen. (ari)

Pläne, wie man diesen Nutzungskonflikten begegnen könnte, – etwa durch Verbreiterung speziell der alten Radwege oder durch eine Aufhebung der Radwegenutzungspflicht, damit Radfahrer auf die Straße ausweichen könnten – gibt es nach Angaben von Müllenberg derzeit noch nicht. Die Stadt werde die Entwicklung zunächst genau beobachten und dann reagieren, erklärte der Stadtsprecher. Zumal ja derzeit niemand wirklich verlässlich sagen könne, ob es tatsächlich Probleme geben werde. Weil niemand wisse, in welcher Dimension tatsächlich E-Scooter in Köln unterwegs sein werden. Da, wo neue Radfahrerspuren angelegt werden, würden diese ohnehin schon in größerer Breite angelegt. Außerdem experimentiere die Stadt ja damit, Autospuren in Radwege umzuwandeln, um mehr Platz für die Radfahrer zu schaffen – etwa auf der Cäcilienstraße zwischen Nord-Süd-Fahrt und Neumarkt.

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