950 ArbeitsplätzeAmazon plant neues Sortierzentrum in Köln-Niehl

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Das künftige Amazon-Sortierzentrum  in Garbsen bei Hannover soll als Vorbild für den Kölner Standort dienen. 

Köln – Der Online-Versandhändler Amazon will in Köln ein Sortierzentrum bauen lassen und 950 feste Arbeitsplätze schaffen. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ will der US-Konzern knapp 90 Millionen Euro investieren. Mitarbeiter einer Unternehmensberatung haben bereits konkrete Gespräche mit Vertretern der Stadt und der Politik geführt. Das Amt für Wirtschaftsförderung hat Amazon eine zehn Hektar große Fläche im Industriepark Nord in Niehl an der Ecke Industriestraße und Geestemünder Straße angeboten.

Obwohl die Planungen innerhalb kurzer Zeit weit fortgeschritten sind, drohen sie jetzt ebenso schnell wieder zu platzen. Die Stadttochter Häfen und Güterverkehr Köln (HGK) hat ebenfalls den Hut in den Ring geworfen und ein Interesse an dem Areal im Industriepark bekundet. Östlich des Grundstücks befindet sich ein HGK-Terminal mit Eisenbahnanschluss. Der Logistik-Dienstleister, der auch die Kölner Häfen betreibt, würde nebenan gerne selbst bauen, um das eigene Geschäft zu erweitern. Wie zu erfahren war, sollen Teile der Stadtverwaltung von einem Interesse der HGK an dem Gelände erst erfahren haben, nachdem es Amazon bereits angeboten worden war.

Reker bevorzugt Stadttochter

Da es sich um ein städtisches Tochterunternehmen handelt, wird der Zuschlag sehr wahrscheinlich an die HGK gehen. Zu dieser Sichtweise tendieren dem Vernehmen nach sowohl Oberbürgermeisterin Henriette Reker und die für den Bereich Liegenschaften zuständige Bau- und Verkehrsdezernentin Andrea Blome als auch weite Teile des Stadrats. Damit wäre das Geschäft mit Amazon allerdings so gut wie erledigt. Eine Ersatzfläche in dieser Größe steht der Stadt nämlich nicht zur Verfügung. Die Verwaltung kann Amazon nur ein kleineres Nachbargrundstück anbieten, das dem Versandkonzern aber nicht ausreicht.

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Ob es möglich wäre, das Areal mit Zukäufen von dem angrenzenden Chemieunternehmen Infineum ausreichend zu vergrößern, scheint zumindest fraglich, da dann auch die Belange des Naturschutzes eine Rolle spielen würden. In jedem Fall würden solche Überlegungen aber zusätzliche Zeit kosten. Genau das kommt für Amazon jedoch kaum infrage. Der US-Konzern hat bereits einen Bauantrag für das zehn Hektar große Grundstück im Industriepark Nord gestellt.

Das neue Sortierzentrum soll schon im kommenden Jahr fertig gebaut sein und noch vor dem Weihnachtsgeschäft 2019 in Betrieb gehen. Angesichts einer so straffen Zeitplanung kann der Online-Händler es sich kaum leisten, Monate verstreichen zu lassen, zumal im Umland und in anderen Regionen Deutschlands alternative Flächen zur Verfügung stünden.

Das neue Amazon-Sortierzentrum in Köln wäre bundesweit das dritte seiner Art. In Krefeld eröffnete 2017 das erste, in diesem Jahr wird in Garbsen bei Hannover ein zweites hinzukommen. Der Neubau in Niedersachsen soll dem Vernehmen nach als Vorbild für den Kölner Standort dienen. Die Sortierzentren sind im Gegensatz zu den Logistikzentren nicht für die Lagerung von Waren vorgesehen. Die Pakete werden von dort aus nach Verteilungsgebieten sortiert und nach höchstens zwölf Stunden weitergeschickt. In Krefeld laufen täglich etwa 200 000 Sendungen über die Förderbänder.

Neben 950 festen Arbeitsplätzen würde die Stadt Köln auch von Gewerbesteuern in einem hohen sechsstelligen Bereich profitieren. Amazon hat dem Vernehmen nach zugesichert, eine eigene Gesellschaft mit beschränkter Haftung für den Standort Köln zu gründen, so dass die Gewerbesteuer auf jeden Fall vor Ort anfiele. Darüber hinaus soll im Gespräch sein, den Mitarbeitern knapp elf Euro pro Stunde sowie Zuschläge zu bezahlen. Während des Weihnachtsgeschäfts sollen vorübergehend 450 Arbeitskräfte hinzukommen.

Vage Aussagen der HGK

Die HGK konnte die Frage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, wie viele Arbeitsplätze die Stadttochter schaffen würde – falls sie und nicht Amazon den Zuschlag für das Grundstück im Industriepark Nord bekäme – nicht konkret beantworten. „Durch eine Übernahme des Areals könnte die HGK dort ihre logistischen Aktivitäten weiter entwickeln, was gleichzeitig die Ansiedlung von Arbeitsplätzen bedeutet“, sagte Sprecher Christian Lorenz. Ebenso vage blieb die Antwort auf die Frage nach einem Start der Bauarbeiten auf dem Gelände. „Die HGK wartet die Entscheidung der Stadt ab. Sollten wir den Zuschlag erhalten, würde sukzessive die Entwicklung des Areals starten“, so Lorenz.

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Der Deutsche Gewerkschafts-Bund (DGB) Köln hat die Ansiedlungspläne von Amazon unterdessen kritisiert. „Steuervermeidung hat in Europa zwei Namen: Apple und Amazon. Obwohl beide Konzerne Milliarden verdienen, gehen die Finanzämter weitgehend leer aus“, sagte der Vorsitzende Witich Roßmann. Die Stadt dürfe solchen Investoren nicht den roten Teppich ausrollen und solle sich daher für die HGK entscheiden. Amazon will sich zurzeit nicht zu dem Vorhaben äußern.

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