Pegel höher als erwartetStadt Köln stellt weitere Schutzwände auf

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Rhein Hochwasser

Der Rheinpegel ist in der Nacht zu Samstag erneut stark angestiegen.

Köln – Dauerregen und milde Temperaturen in den Mittelgebirgen, der Schnee schmilzt, der Rheinpegel steigt weiter. Am Samstagmittag hat der Pegelstand in Köln die Marke von acht Metern überschritten. Die Schifffahrt auf dem Rhein in Köln wird nach Angaben eines Sprechers der Hochwasserschutzzentrale wohl bald eingestellt werden. Ab 8,30 Meter darf kein Schiff mehr fahren. Anfang kommender Woche könnte die Neun-Meter-Marke erreicht werden. Darum hat die Stadt bereits am Freitagnachmittag unter anderem den Betrieb der Deutzer Drehbrücke eingestellt. Für die Kölner Bürger gibt die Hochwasserschutzzentrale aber Entwarnung. „Bebaute Gebiete im größeren Umfang sind in keiner Weise bedroht“, sagt der Sprecher.

Wie ist die Lage am Samstagmorgen?

Die Pegelstände des Rheins sind in der Nacht zu Samstag in Nordrhein-Westfalen weiter geklettert. In Köln lag die Marke am Morgen bei rund 7,90 Metern. Bis 11.30 Uhr stieg der Pegel auf acht Meter. Erhöht sich der Pegelstand weiter in dieser Geschwindigkeit, erreicht der Rhein am Samstagabend die kritische Marke von 8,30 Metern, bei der der Schiffsverkehr eingestellt wird. Die Stadtentwässerungsbetriebe Köln (Steb) gehen davon aus, dass dieser Pegelstand erst in der Nacht zu Sonntag überschritten wird. In Bonn lag der Rheinpegel am Mittag bei 7,57 Metern und in Düsseldorf bei 7,39 Metern.

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Köln Hochwasser 060118

Am Samstagvormittag fuhren in Köln noch einige große Schiffe auf dem Rhein.

Welche Maßnahmen wurden seit Freitagabend ergriffen?

Die Stadtentwässerungsbetriebe Köln (Steb) haben am Samstagvormittag im Stadtgebiet weitere Maßnahmen zum Schutz der Anwohner gegen das Hochwasser ergriffen. In Bayenthal und Zündorf im Süden der Stadt wurden mobile Schutzwände aus Aluprofil aufgestellt, wie Rafael Vedder, Leiter der Großen Hochwasserschutzzentrale in Köln, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte. Außerdem seien mehrere Kanalschieber geschlossen worden, um das Eindringen von Rheinwasser in die Kanalisation zu verhindern. In Kasselberg im Norden Kölns wurden Stege aufgebaut, damit der DLRG einen Fahrdienst ermöglicht wird.

In Zündorf werden die Schutzwände montiert.

In Zündorf werden die Schutzwände montiert.

Wie sieht es außerhalb von Köln in NRW aus? 

Die Stadt Düsseldorf hat zum Schutz der Innenstadt eine Schutzwand am sogenannten alten Hafen errichtet. Damit soll verhindert werden, dass Wasser in die Altstadt schwappt. Ab einer Höhe von 7,50 Meter müssen in Düsseldorf eine Reihe gastronomischer Betriebe in Ufernähe geräumt werden. In Bonn wurden Schutzmaßnahmen getroffen und die Deiche kontrolliert. Die Wasserstände der kleineren Flüsse Wupper, Sieg und Lenne waren am Freitag bereits leicht gefallen.

Wie ist die Lage an den anderen großen Flüssen? 

Wegen Hochwassergefahren sind in Deutschland zahlreiche Flüsse ganz oder teilweise für die Schifffahrt gesperrt. Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt sind neben dem Rhein auch Donau, Main, Mosel, Saar, Neckar und Weser betroffen. Entspannung sei in den meisten Fällen erst im Laufe der nächsten Wochen zu erwarten, teilte der Schifffahrtsverband am Freitag mit. Sowohl Schifffahrt als auch Kunden seien vorbereitet. Hochwassersituationen seien um diese Jahreszeit nicht ungewöhnlich. Unternehmen wurden teils im Vorfeld mit Mehrmengen versorgt.

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Welche Schutzmaßnahmen stehen der Stadt Köln bei Hochwasser zur Verfügung?

Die Stadt-Entwässerungsbetriebe (Steb) übernehmen den Schutz der insgesamt 75 Kilometer Rheinufer in Köln. Aufgeteilt in sieben Abschnitte stehen den Steb oberirdisch Elemente für mobile Wände in einer Gesamtlänge von zehn Kilometern zur Verfügung.

Das Schutzkonzept sieht vor, jedes Jahr einen der Abschnitte auch ohne Hochwasser in einer Trockenübung zu errichten, damit alle sieben Jahre das gesamte Schutzsystem auf Mängel überprüft wird. Ab einem Stand von 4,50 Meter Kölner Pegel werden unterirdisch Tore geschlossen, um die Kanalisation vor eindringendem Wasser zu sichern. Stadtweit verteilt können die Steb bis zu zwölf Pumpensysteme aktivieren.

Wie funktioniert der Kölner Pegel?

Ein Schwimmkörper im Pegelturm am Altstadtufer an der Deutzer Brücke überträgt permanent den Wasserstand des Rheins auf die am Turm angebrachte Pegeluhr. Diese Daten werden auch elektronisch aufgezeichnet. Sie können unter der Rufnummer 0221/194 29 abgefragt werden. Der Nullpunkt des Kölner Pegels liegt knapp 35 Meter über dem Meeresspiegel. Ein Pegelstand von null Metern bedeutet nicht, dass der Rhein kein Wasser mehr führt. Bei „0 Metern“ ist mindestens ein Meter Wassertiefe in der Fahrrinne vorhanden. Tägliche Aufzeichnungen für den Pegel liegen seit 1816 vor. Der Rhein erreicht Köln bei Stromkilometer 671 (Godorf) und verlässt es bei Kilometer 711 (Worringen).

Was kostet der Hochwasserschutz?

Weil Köln eine der europaweit am stärksten von Hochwasser betroffenen Großstädte ist, erneuern die Verantwortlichen die Schutzsysteme kontinuierlich. Gefördert vom Land hat die Stadt zuletzt im Jahr 2008 rund 430 Millionen Euro in den Hochwasserschutz investiert. Dazu gehört auch ein Rückhaltebecken in Porz. In Notlagen können darin fünf Millionen Kubikmeter Wasser vom Rhein aufgefangen werden. In Kooperation mit anderen Anrainern wird ein zweites Becken in Worringen geplant, das 30 Millionen Kubikmeter Wasser fassen soll.

Wer ist am Hochwasserschutz in Köln beteiligt? 

Die Steb bieten bei Bedarf insgesamt rund 100 Personen für den Hochwasserschutz auf. Das Ordnungsamt, die Polizei sowie Wachdienste sichern nach dem Aufbau die mobilen Wandelemente und Tore. 2009 hat die Firma „Dialog“ die Ausschreibung für ein Logistik-Konzept für Hochwasser-Schutzmaßnahmen erstellt. Seitdem bestehen sieben Lager – je eines pro Sicherungsabschnitt – für die mobilen Wände, Sandsäcke und andere Geräte. Die „Dialog“-Mitarbeiter und mehrere Speditionen halten das ganze Jahr über eine Dauerbereitschaft aufrecht. Bis zu einem Anstieg des Pegels von 20 Zentimetern pro Stunde können rechtzeitig alle Schutzmaßnahmen getroffen werden.

Was sind die größten Hochwasser-Ereignisse in der Kölner Geschichte?

In Erinnerung sind vor allem die Jahrhundert-Hochwasser vom 24. Dezember 1993 (10,63 Meter) und 30. Januar 1995 (10,69 Meter).

Heiligabend 1993 kommt es in Köln zum ersten sogenannten Jahrhunderthochwasser. Die neue Stahlschutzwand wird überspült und die Altstadt steht erstmals seit 1983 unter Wasser. Da lag der Kölner Pegel im April bei 9,81 Meter. Der Rhein steigt mit bis zu zehn Zentimetern pro Stunde. In Köln wird mit 10,63 Meter der höchste Wasserstand seit 1926 gemessen. Nach dem Hochwasserscheitel gehen die Fluten nur langsam zurück.

Ende Januar 1995 sorgen ergiebiger Regen und starkes Tauwetter im gesamten Rheineinzugsgebiet für eine zweite Jahrhundertflut. Der Pegel steigt mit einer Geschwindigkeit von bis zu 21 Zentimetern pro Stunde. Durch die Flutwellen von Oberrhein, Mosel und Sieg erreichte der Pegel 10,69 Meter und damit den höchsten Stand des 20. Jahrhunderts. 10 900 Kubikmeter Wasser fließen pro Sekunde den Rhein herunter. Es stehen 1740 Hektar Land unter Wasser, 33 000 Bewohner sind betroffen. Durch bessere Schutzmaßnahmen sind die Schäden mit 35 Millionen Euro nur halb so hoch wie 1993.

Jahrhundertflut 1995: Das Kölner Schokoladenmuseum wird zur Insel.

Jahrhundertflut 1995: Das Kölner Schokoladenmuseum wird zur Insel.

Am 29. März 1988 entgeht die Altstadt bei einem Pegelstand von 9,95 Meter nur knapp einer Katastrophe. Fünf Jahre zuvor, am 14. April 1988, steht der Pegel zwar „nur“ bei 9,81 Meter, dennoch wird die Altstadt überflutet. Es ist das erste große Hochwasser nach dem Bau des Rheingartens und des Rheinufertunnels 1982.

Auf den 28. Februar 1782 ist das schwerste Hochwasser datiert, das Köln jemals heimgesucht hat. Es bleibt jedoch auf die Stadt und die flussabwärts gelegenen Regionen beschränkt. Dabei wird der absolute Rekordwasserstand von 13,55 Metern registriert. Bereits im Herbst 1783 ist die Wasserführung des Rheins höher als normal. Als dann im Dezember strenger Frost einsetzt, friert der Strom zu. Durch mehrfachen Wechsel zwischen Tauwetter und Frostperioden bilden sich auf dem Rhein große Eisblöcke, die sich verkeilen und meterhoch auftürmen. Im Januar werden Feste und Märkte auf dem zugefrorenen Fluß abgehalten.

Rund 440 Jahre zuvor, am 25. Juli 1342, kommt es zur schlimmsten Hochwasserkatastrophe des gesamten Jahrtausends in Europa. Heftige, großräumige Niederschläge lassen die Pegel sämtlicher Flüsse Mitteleuropas auf Rekordpegel ansteigen. Ganze Städte versinken im Wasser. Das Hochwasser gilt auch deswegen als ungewöhnlich, weil es im Sommer aufgetreten ist. Für Köln ist es das schwerste Sommerhochwasser aller Zeiten. Die Bewohner fahren mit ihren Booten über die Stadtmauern. (mit dpa, hol)

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