„Wunderbare Atmosphäre“Kölner Ratsbündnis zieht Bilanz nach einem Jahr

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Das Ratsbündnis zieht im Lew-Kopelew-Forum Bilanz seiner Arbeit. 

Köln – Am 8. März 2021 haben Grüne, CDU und Volt nach monatelangen Verhandlungen ihren Bündnisvertrag unterzeichnet. Die drei Parteien bilanzierten nun im Lew-Kopelew-Forum ihr erstes Jahr des gemeinsamen Wirkens im Rat. Das Resümee der eigenen Leistung fiel erwartungsgemäß positiv aus. Meinungsverschiedenheiten, die es durchaus gibt, waren kein Thema.

„Die Zusammenarbeit war äußerst vertrauensvoll. Wir haben viele Projekte angeschoben oder umgesetzt“, sagte Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Von einer „wunderbaren Atmosphäre“ schwärmte CDU-Chef Bernd Petelkau, „auch, wenn wir nicht immer einer Meinung sind.“

Fortschritte im Klimaschutz

„Im immens wichtigen Bereich des Klimaschutzes sind wir weit gekommen“, fand Martin. Die neue Leitlinien für klimafreundliches Wohnen und Bauen seien auf dem Weg, der städtische Fuhrpark etwa von Kölner Verkehrs-Betrieben, Ordnungsdienst oder Abfallwirtschaftsbetrieben werde weiter auf elektrische Antriebe umgestellt. Die Wohnraumschutzsatzung, die unter anderem vor illegalen Kurzvermietungen schützen soll, sei verabschiedet. Soziale Erhaltungssatzungen, durch die die bestehenden Bewohner vor Verdrängung durch hohe Mieten geschützt werden sollen, würden auf weitere Stadtteile ausgeweitet.

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400 Millionen Euro für Schulbau in Köln

Mehr als 400 Millionen Euro stünden allein in diesem Jahr für Investitionen in den Schulbau bereit, betonte Petelkau. 2017 seien es nicht einmal 60 Millionen Euro gewesen. „Wir haben aus einem leeren Glas ein halb volles gemacht“, sagte Petelkau.

Ziel sei es, die Zeit von der Planung einer neuen Schule, über deren Bau bis zur Eröffnung auf drei Jahre zu verkürzen. „Wir möchten bis 2025 jedem Kind eine wohnortnahe Beschulung ermöglichen.“ Auch bei den Kulturbauten sehe Petelkau Fortschritte. Wenngleich, das sagte das Ratsbündnis nicht, sowohl Probleme als auch manche Lösungen länger zurück liegen als die drei Parteien die Geschicke der Stadt führen.

„Sorgenkind“ Jüdisches Museum in Köln

Jedenfalls rechne Petelkau zum Beispiel damit, dass die Oper im kommenden Jahr den Probebetrieb starte und 2024 eröffnet werden könne. „Sorgenkind“ sei das Jüdische Museum und die Archäologische Zone. Nach der Kündigung des Stahlbauers, einem Schlüsselgewerk des Neubauprojekts, drohen dem Vorhaben Verzögerungen und Mehrkosten.

Bei künftigen Großprojekten müsse die Planung schon im Vorfeld tiefer gehen, um unschöne Überraschungen zu vermeiden, ergänzte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz. In puncto Sicherheit auf den Straßen hat das Bündnis Geld für einen Masterplan bereitgestellt und Ordnungskräfte mit Bodycams ausgestattet. Zudem müssten Plätze wie der Neumarkt künftig „besser bespielt werden“, damit dort weniger Probleme entstünden, sagte Petelkau.

Drogenkonsumraum öffnet im Mai

Am Neumarkt werde am 1. Mai „endlich“ ein Drogenkonsumraum eröffnet, sagte Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen. Überhaupt müssten mehr Hilfsangebote für Menschen in Problemsituationen und Sozialarbeiter auf die Straße. „Unser Ziel ist das Ende der Obdachlosigkeit bis 2030“, erklärt Glashagen.

Manfred Richter, stellvertretender Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, betonte unter anderem, dass das Bündnis auf wichtigen Verkehrsachsen mehr Platz für Radler und Fußgänger geschaffen habe und das auf weiteren Magistralen wie der Luxemburger Straße plane. Auch seien mehr Fahrradparkplätze entstanden. E-Scooter-Betreiber sollen per Sondernutzungsverfügung künftig Gebühren zahlen, kündigte er an. Auch müsse der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs forciert werden.

Ost-West-Achse in Köln Streitthema im Kölner Ratsbündnis

Die Reibungspunkte in der Verkehrspolitik vor allem zwischen Grünen und CDU blieben derweil unerwähnt. So möchte die Union deutlich weniger Beschränkungen für Autofahrer, auch wenn sie das Rad verstärkt im Blick hat. Und bei einer zentralen Frage der Ost-West-Achse sind die Positionen bislang nachgerade unvereinbar: Die Grünen möchten einen oberirdischen Ausbau der Stadtbahn, die CDU einen Tunnel.

Nord-Süd-Fahrt tiefer legen?

Niklas Kienitz versicherte, große Wohnbauprojekte wie den Mülheimer Süden oder den Deutzer Hafen „in die Realisierung“ zu bringen. Um mehr Wohnraum zu schaffen, sollten Gebäude durchaus größer werden: „In der Höhe liegt die Kraft“, sagte er.

Die Wirtschaft müsse weiter wachsen, etwa mit einem Leitbild für einen qualitätsvollen Handel im Stadtzentrum oder einem Stadtentwicklungskonzept für Gewerbe- und Industrieflächen. Im Zuge dessen „müssen wir uns nochmal die Tieferlegung der Nord-Süd-Fahrt anschauen“, sobald die Machbarkeitsstudie dafür vorliege.

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Lucas Sickmöller, Geschäftsführer der Volt-Fraktion, sagte, das Bündnis werde Bürgerbeteiligungsverfahren wie Bürgerräte und die Digitalisierung weiter voranbringen. Köln könne zudem ein bedeutender Standort für den „Wachstumsmarkt E-Sport“ werden.

Sickmöller blieb es überlassen, für den vom Ratsbündnis beschlossenen Masterplan Parken zu werben, bei dem zwar tausende Parkplätze auf den Straße wegfallen, dafür aber mehr Raum für Radler und Fußgänger entstehen werden: „Das ist ein wegweisendes Konzept für die Zukunft.“

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