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Aktive Schule KölnLernen im ganz eigenen Tempo

Lesezeit 5 Minuten

Viel Licht und Raum bestimmt die Architektur des Gebäudes, das die Sekundarstufe 1 der Aktiven Schule Köln beherbergen wird.

Vogelsang – Noch ist es ein Rohbau mit Wänden aus nacktem Beton, in dem die Fenster fehlen. Dennoch ist beim Richtfest am Wasseramselweg, zu dem die Aktive Schule Köln eingeladen hat, bereits sichtbar, dass sie anders ist. Das Gebäude der weiterführenden inklusiven Schule wirkt licht. Im Zentrum jedes der drei Stockwerke ist ein riesiger Raum, an dessen Rand jeweils gemütliche Arbeitskojen entstehen werden. Dort sollen die Schüler in verschiedenen Gruppen lernen, ihrem jeweiligen individuellen Tempo entsprechend. Lange Flure und Klassenzimmer gibt es in dieser Schule nicht. Auch keine Stundenpläne, keine Klassenarbeiten, keine Noten und keine Hausaufgaben.

Die weiterführende aktive Schule Köln ist so eine Schule, wie Kinder sie sich wünschen – und viele Eltern. Es sind Eltern, die darauf vertrauen, dass Kinder selbst gerne lernen möchten und es am besten tun, wenn man sie die Inhalte wählen und ihr Lerntempo selbst bestimmen lässt. Dass Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen, ist dabei selbstverständlich.

Expedition durch das Gebäude

Auf dem Schotter vor dem Rohbau, wo nun ein riesiger Kran den mit bunten Bändern geschmückten Richtkranz in die Höhe hievt, herrscht Pioniergeist. Ein Stoßtrupp aus neugierigen Besuchern wagt mit der Schulleiterin Petra Aubart, dem Bauherrn Anton Bausinger und der Archtitektin des Büros Angelis, Claudia Kister, eine Expedition durch das Gebäude in den obersten Stock. Das Dach weist ungewöhnlich viele Fensteröffnungen auf. „Hier wird das Leseforum entstehen. Diese Schule ist ein Kleinod, ein Pilotprojekt. Die modernste Schule in Köln“, schwärmt die Architektin.

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Das stimmt nicht ganz. Die weiterführende Schule ist nicht die erste Schule dieser Art, die am Wasseramselweg entsteht. Sie ist Teil zwei eines Experimentes, quasi die Konsequenz daraus, dass Teil eins erfolgreich war: Denn bereits 2009 hat das aus mehreren Lehrern bestehende Gründungsteam der Aktiven Schule im Wasseramselweg eine Grundschule eröffnet. An das Gebäude wurde die weiterführende Schule angebaut.

In der Grundschule lernen jeweils 25 Schüler der ersten bis vierten Klassen in einer Gruppe gemischt nach dem alternativen Schulkonzept. Es gibt zwei Gruppen, die jeweils fest von einem Grundschullehrer und einem Sonderpädagogen begleitet werden. Daneben stehen weitere Pädagogen je nach Bedarf der Kinder zur Verfügung. Die Schüler dürfen sich selbst entscheiden, für welche Kurse sie sich verpflichten wollen. Feste Regeln gibt es vor allem im Hinblick auf den Umgang miteinander. „Unser Konzept hat nichts mit antiautoritärer Erziehung zu tun“, betont die Geschäftsführerin der Schule Corinna Thierhoff.

Das Lernen an der Aktiven Schule macht den Kindern Spaß. Die ersten Schüler, die die Aktive Grundschule absolviert haben, möchten nun nach demselben Konzept weiterlernen. Es dauerte allerdings eine Weile, bis die Schule die Genehmigung bekam, eine Sekundarstufe zu eröffnen, die das Lernen bis zur 10. Klasse ermöglicht. Manche Grundschüler mussten für eine Weile auf eine städtische Schule ausweichen. Doch dieses Jahr im Sommer war es soweit. Die ersten Fünft- und Sechsklässler konnten loslegen.

Am Anfang stand ein Genehmigungsmarathon

Bislang lernen sie allerdings in Übergangsbaracken. Nun steht der Anbau, im April 2014 wird er bezugsfertig sein. „Wir sind stolz auf das, was wir hier in den letzten Jahren geschafft haben“, sagt Petra Aubart. „Und wir sind unheimlich froh, dass wir Herrn Bausinger als Investor und Eigentümer der Gebäude gewinnen konnten. Wir als gGmbH hätten das Geld für die Bauten nicht gehabt“, fügt Corinna Thierhoff an. Auch während des Genehmigungsmarathons bei den Behörden hat der Investor das Lehrerteam unterstützt.

Die Sekundarstufe Eins der privaten, staatlich anerkannten Ersatzschule ist amtlich als Hauptschule ausgewiesen. „Das hat genehmigungs-technische Gründe. Alle anderen Schulformen waren vor allem aufgrund unserer Größe leider keine Option. Inhaltlich fühlen wir uns wie eine inklusive Gesamtschule – also als Schule mit einem Angebot für Schülerinnen und Schüler auf allen Leistungsniveaus. Nach der 10. Klasse können an der ASK alle Abschlüsse gemacht werden, also auch die Qualifikation für die gymnasiale Oberstufe“, kommentiert Corinna Thierhoff.

Um Schüler auf das Abitur vorzubereiten, strebt die Schule eine Kooperation mit einer Gesamtschule oder einem Gymnasium an.Wie diese Kooperation aussehen wird, steht noch nicht fest. „Wenn es eine staatliche Schule sein wird, mit der wir kooperieren, werden die unsere Schüler wahrscheinlich in die zehnten oder elften Klasse einfach dort einsteigen. Unsere Erfahrung nach der Grundschule hat aber gezeigt, dass es für die Kinder kein Problem ist, dann mit dem Klassen- und Bewertungssystem an den herkömmlichen Schulen zurechtzukommen“, schildert Corinna Thierhoff.

Alternatives Konzept lockt auch Quereinsteiger

Für viele Schüler ist die weiterführenden Aktive Schule eine Alternative zum Besuch eines städtischen Gymnasiums. Die elfjährige Majbritt hat ein Jahr auf einem Gymnasium in Brauweiler verbracht. Warum sie lieber die Sekundarstufe Eins der weiterführenden Schule besucht? „Hier schreibt man keine Arbeiten, für die man alles auf einmal lernen muss, um es dann hinterher wieder zu vergessen“, sagt Majbritt.

Auch die Eltern der Schüler haben sich sehr bewusst für das besondere Konzept der Schule entschieden: „Ich finde es wichtig, dass die Kinder lernen, weil sie es selbst wollen und nicht gefüttert werden“, schildert Josie Kaiser. Ihre Kinder Linus (elf Jahre) und Wendelin (neun Jahre) gehören zu den Quereinsteigern, die vorher eine städtische Schule besucht haben

Für das alternative Konzept nimmt die Familie einen weiten Schulweg in Kauf und auch die Zusatzkosten. 275 Euro müssen die Eltern pro Monat bezahlen. Davon entfallen 60 Euro auf das Mittagessen und 40 Euro auf die Nachmittagsbetreuung. Bei Bedarf gibt es die Möglichkeit einer Ermäßigung. „Leider müssen wir diesen Betrag fordern. Denn wir werden nur zu 87 Prozent staatlich finanziert. Den Rest muss die Schule über Beiträge erwirtschaften“, sagt Petra Aubart.

Das ist eine finanzielle Hürde. Auch die Erreichbarkeit der Schule mit öffentlichen Verkehrsmitteln lässt noch zu wünschen übrig. „Wir arbeiten daran. Die KVB muss nur einen kleinen Schlenker in diese Richtung machen“, erläutert Anton Bausinger. Der Bauunternehmer lobt die Schule, die am Wasseramselweg entstanden ist: „Das hier ist ein wertvoller Mosaikstein in unserer Bildungslandschaft.“

www.aktive-schule-koeln.de