Erzbistum KölnKeine Ermittlungen wegen „Pornoliste“ – Zugriffe von Dienstrechnern

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18.03.2021, Köln:
Am 18. März 2021 wird das neue Gutachten zu den Missbrauchsfällen im Erzbistum Köln an Kinder und Jugendlichen vorgestellt.
Hier: Das Erzbischöfliche Generalvikariat Köln
Donnerdstag 18. März 2021
Aufgenommen am: 18.03.2021
Foto: Alexander Roll (Staff)

Das Erzbischöfliche Generalvikariat Köln in der Marzellenstraße. Von hier aus wurde versucht, auf Pornoseiten zuzugreifen.

Nach Angaben der Kölner Staatsanwaltschaft für Cyberkriminalität ZAC ergaben sich keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten.

Der massenhafte Aufruf von Webseiten mit pornografischen Inhalten durch Mitarbeitende des Erzbistums Köln hat keine strafrechtlichen Konsequenzen. Die zuständige Sonderstaatsanwaltschaft für Cyberkriminalität ZAC in Köln sah nach Prüfung einer Liste mit mehr als 1000 Einträgen „keine Anhaltspunkte für strafbares Verhalten“, sagte Behördensprecherin Gianna Maria Graf dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Aufgrund eines fehlenden Anfangsverdachts habe es für die Staatsanwaltschaft keinen Anlass gegeben, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, sagte Graf. Sie bestätigte damit einen Bericht des WDR.

Das Erzbistum verwies auf eine Dienstvereinbarung, wonach Beschäftigte ihre Dienstgeräte „nicht für pornografische, rassistische, sexuell belästigende, kompromittierende oder diskriminierende, sonstige gesetz- oder rechtswidrige oder gegen die Systemsicherheit gerichtete Aktivitäten“ nutzen dürfen. Die Funktionsfähigkeit einer internen Firewall werde regelmäßig überprüft, teilte das Erzbistum dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Nachfrage mit.

Gegen einen inzwischen aus dem Dienst des Erzbistums ausgeschiedenen Mitarbeiter läuft aber aktuell noch ein eigenes Ermittlungsverfahren. Ihm wird der Besitz kinderpornografischen Materials vorgeworfen. Im Juni fanden dazu Durchsuchungen sowohl im Generalvikariat als auch in der Privatwohnung des Verdächtigen statt. Nach Grafs Angaben ist mit Ergebnissen nicht vor dem nächsten Frühjahr zu rechnen. Geprüft würden neben dem Besitz auch der mögliche Erwerb und die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte, die nach Paragraf 184 des Strafgesetzbuchs ebenfalls unter Strafe stehen.

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Interner Schutzfilter verhindert Zugriff auf Pornoseiten

Der Name des Verdächtigen in diesem Verfahren steht auch auf der „Pornoliste“ des Erzbistums, über die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ im August berichtet hatte. Er gehört zu den 15 Beschäftigten mit den meisten Zugriffsversuchen, die von dienstlich genutzten Rechnern oder mobilen Endgeräten ausgingen. Ein interner Schutzfilter verhinderte jeweils den Zugriff. Sämtliche Aktivitäten wurden aber im Rahmen einer stichprobenartigen Überprüfung der IT-Sicherheit durch die Software protokolliert. Das Bistum bekräftigte jetzt, die routinemäßig erstellte Liste sei „explizit nicht“ auf das „Nutzungsverhalten einzelner Personen“ gerichtet gewesen.

Auf der Liste, die den Zeitraum von Ende Mai bis Ende Juni 2022 umfasst, befinden sich Dutzende Mitarbeitende, sowohl Laien als auch – zum Teil hochrangige – Kleriker. In einer Dienstvereinbarung hat das Erzbistum den Aufruf „risikobehafteter Seiten“ im Internet mit pornografischen, gewaltverherrlichenden oder rassistischen Inhalten untersagt. Vergehen können dienstrechtlich geahndet werden.

Kölner Kardinal Woelki verurteilt Pornografie

Beschaffung, Aufbewahrung, Konsum oder Weitergabe pornografischer Aufnahmen von Erwachsenen sind weder nach staatlichem noch nach kirchlichem Recht strafbar. Allerdings gilt Pornografie nach der katholischen Sexualmoral als schwere Verfehlung. „Sie verletzt die Keuschheit, weil sie den ehelichen Akt ... entstellt. Sie verletzt die Würde aller Beteiligten (Schauspieler, Händler, Publikum) schwer; diese werden nämlich zum Gegenstand eines primitiven Vergnügens und zur Quelle eines unerlaubten Profits“, heißt es im „Katechismus der Katholischen Kirche“ (Nummer 2354).

„Manch einem mag der Konsum von Pornografie als harmlos erscheinen“, erklärte Kardinal Rainer Woelki im August nach Bekanntwerden der Liste. Er aber stimme Papst Franziskus zu, der Pornografie verurteile. Der Papst warnt speziell Priester vor diesem – wie er sagt – teuflischen Laster. Woelki betonte auch, die Firewalls im IT-Netzwerk des Erzbistums hätten „gegriffen“. Somit hätten Pornoseiten erst gar nicht angesteuert werden können.

Meldung an die staatlichen Ermittler

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ erhielt die Bistumsleitung mit Generalvikar Guido Assmann im Juli 2022 Kenntnis der Liste. In einer eigenen Erklärung stellte das Erzbistum klar, dass Woelki selbst nicht zu den Nutzern der inkriminierten Seiten gehört habe. Die hausinternen Nachforschungen haben eindeutig ergeben, dass das nicht der Fall ist.“

Als der Kardinal von den „Vorfällen“ erfahren habe, habe er gebeten, sie umgehend zu prüfen und entsprechend den rechtlichen Regelungen zu verfahren, gab Woelki selbst dazu an.

In die Frage des weiteren Umgangs mit der Liste war unter anderem auch die Mitarbeitervertretung (MAV) im Generalvikariat involviert. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ versuchte die MAV vergeblich, das Erzbistum zur Weitergabe der Liste an die staatlichen Ermittler zu veranlassen. Schließlich wandten sie sich – im Lichte der Razzia vom Juli und den Ermittlungen wegen Kinderpornografie - Anfang Juli selbst an die Behörden und berichteten von der Existenz der Liste.

Dem Vernehmen nach wollten die Mitarbeitervertreter transparent machen, was es bereits 2022 an möglichen Hinweisen auf Kinderpornografie gegeben habe - für den Fall, dass man damals aus Unkenntnis oder Absicht Dinge übersehen habe. Die Meldung sei nicht schon früher erfolgt, weil Assmann der MAV versichert habe, dass die Liste bei ihm in guten Händen sei. Und weil Experten im Haus bekundet hätten, dass da „strafrechtlich nichts dran“ sei. Zu diesem Ergebnis kam nun auch die Staatsanwaltschaft.

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