Hilferuf eines Kölners„Die Sea-Watch 3 braucht Unterstützung“

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Auf der Sea-Watch 3 harren seit knapp zwei Wochen 32 Flüchtlinge aus.

Auf der Sea-Watch 3 harren seit knapp zwei Wochen 32 Flüchtlinge aus.

Köln – Am Mittwoch war es der 13. Tag, den das Seenotrettungsschiff „Sea-Watch 3“ ununterbrochen auf dem Mittelmeer kreuzte. An Bord befinden sich seit kurz vor Weihnachten neben den 22 Besatzungsmitgliedern, darunter der Kölner Thomas Scheible, auch 32 Flüchtlinge, die die „Sea-Watch 3“ vor der libyschen Küste aus Seenot gerettet hatte. Die Lage an Bord werde prekärer, sagte Sea-Watch-Sprecher Ruben Neugebauer am Mittwoch.

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Außer Reis und Bohnen seien kaum weitere Nahrungsmittel an Bord, das Trinkwasser werde knapp und wegen eines Sturms mit meterhohen Wellen seien zahlreiche Menschen derzeit seekrank. „Das Schiff ist nicht dafür ausgelegt, so viele Menschen für eine so lange Zeit unterzubringen“, so Neugebauer. Mehr als schlechtes Wetter und knappe Vorräte frustriert Flüchtlinge und Seenothelfer aber, dass es noch immer keinen Hafen gibt, der die Flüchtlinge ankern lässt. Dabei wäre dies nach dem internationalen Seerecht geboten, so Neugebauer. Absagen gab es laut Sea-Watch von Italien, Spanien, den Niederlanden, Deutschland und Malta. Der Inselstaat Malta habe dem Schiff immerhin erlaubt, wegen des Sturms in seinen Hoheitsgewässern Schutz zu suchen, nicht aber anzulegen.

Alles zum Thema Henriette Reker

Unterstützung für Flüchtlinge von Kölner Sozialpolitikern

Der Kölner Flüchtlingsrat fordert nun, dass die Stadt Köln und die Kölner Politik im Fall der „Sea-Watch 3“, aber auch in ähnlichen Situationen, Flüchtlinge aufnimmt. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte sich im Sommer 2018 in einem offenem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel – mit den Oberbürgermeistern von Düsseldorf und Bonn – bereiterklärt, in Seenot geratene Bootsflüchtlinge aufzunehmen. „Das ist der OB hoch anzurechnen“, sagte der Sprecher des Flüchtlingsrats, Claus-Ulrich Prölß.

Prölß verlangt nun, dass nachgelegt wird. Reker soll sich im Fall der „Sea-Watch 3“ für die Aufnahme der Flüchtlinge bei der Bundesregierung einsetzen. In einer E-Mail an Reker, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, schreibt Prölß: „Aus unserer Sicht ginge es nunmehr darum, das humanitäre Anliegen zu konkretisieren. Die »Sea-Watch 3« braucht jetzt Unterstützung.“ Deutschland habe 2018 lediglich 115 aus Seenot gerettete Menschen aufgenommen. „Ein Armutszeugnis“, so Prölß. Dabei würden die Regelungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, die die Zurückweisung von politisch Verfolgten verbietet, auch für das Mittelmeer gelten. Unterstützt werden solle Reker durch den Kölner Rat, der eine Aufnahme in Seenot geratener Flüchtlinge zustimmen soll. Ähnliche Beschlüsse wurden in anderen Kommunen gefasst, unter anderem in Kiel und Heidelberg. „Ein politischer Beschluss würde den Druck erhöhen“, sagte Prölß.

Unterstützung für die Flüchtlinge kommt von mehreren Kölner Sozialpolitikern: Es sei ein „Skandal“, dass fünf Staaten verweigert hätten, die Menschen aufzunehmen, sagt Jörg Detjen (Linke). „Wichtig und lebenserhaltend wäre aber, dass die drei Oberbürgermeister bei der Bundeskanzlerin intervenieren“, so betonte auch Linken-Sprecherin Angelika Link-Wilden. „»Sea-Watch 3« könnte ein Anlegerecht erhalten mit der Option, dass die 32 Geflüchteten in deutschen Städten aufgenommen werden.“

Auch Marion Heuser (Grüne) würde einen Ratsbeschluss begrüßen: „Ich bin absolut dafür, dass die Menschen der »Sea-Watch 3« nach Köln kommen können.“ Zur Rettung von in Seenot geratenen Flüchtlingen gebe es keine Alternative. „Was sind wir denn für eine Gesellschaft, wenn man in Kauf nimmt, dass man solche Menschen im Stich lässt?“ Ähnlich äußerte sich der Vorsitzende des Sozialausschusses, Michael Paetzold: „Wir unterstützen das Anliegen des Flüchtlingsrates voll umfänglich.“ Stephan Pohl (CDU) sagte, seine Partei werde sich nicht verschließen, wenn sie etwa von der Bezirksregierung gefragt werde, riet aber von „Aktionismus“ ab.

Die Stadt Köln hatte erklärt, sie könne die Flüchtlinge nur im Rahmen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens aufnehmen. Zunächst müsste die Bundesregierung ihre Zusagen geben. Anschließend könnten die Flüchtlinge weiter an Länder und Kommunen verteilt werden.

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