„Demokratie muss Flagge zeigen“Kölner Bezirksvertretung tagt wegen Corona draußen

Lesezeit 3 Minuten
BV Innenstadt draußen

Erste Open-Air-Sitzung der Bezirksvertretung Innenstadt im neuen Innenhof des Rathauses.

Köln – Am Mittwochmorgen hatte Andreas Hupke bei der Schwarzen Mutter Gottes in der Kirche St. Maria in der Kupferasse eine Opferkerze aufgestellt. Damit wollte der Bezirksbürgermeister der Innenstadt nach seinen Worten „Petrus wohlwollend stimmen“, das heißt, ihn um gutes Wetter am Nachmittag des nächsten Tages bitten. Seine Bitte wurde erhört: Wie geplant konnte die Sitzung der Bezirksvertretung Innenstadt am Donnerstag unter freiem Himmel stattfinden, im Atrium des Café-Restaurants „Consilium“ im Spanischen Bau des Rathauses.

Zum ersten Mal tagten die Politiker, die ihre Maske aufbehalten mussten, mit Rücksicht auf die Conora-Pandemie an diesem Ort. Die vorangegangenen Sitzungen hatten noch im überdachten Lichthof des Spanischen Baus stattgefunden. Ralf Uerlich (CDU) gab seine Bedenken zu Protokoll, die Sitzung überhaupt abzuhalten in einer Zeit, in der den Bürgern etliche Einschränkungen zugemutet würden. Hupke erwiderte: „Demokratie muss Flagge zeigen“, in diesem Fall unter blauem Himmel. Die Temperatur war weniger dazu angetan, länger draußen zu sitzen.

Stadt bekommt „Kleinen-Kölner-Klub-Weg“

Einstimmig beschlossen die Bezirksverteter unter anderem die Vorlage der Stadtverwaltung, die vorsieht, den etwa 55 Meter langen Weg, der am Pantaleonswall gegenüber dem Humboldt-Gymnasium beginnt, in westliche Richtung verläuft und an der Straße Am Trutzenberg endet, in „Kleiner-Kölner-Klub-Weg“ zu benennen. 1922 gegründet, war der Kleine Kölner Klub der einzige jüdische Karnevalsverein in Köln. Seine Gründung war nicht zuletzt eine Reaktion auf die zunehmenden antisemitischen Tendenzen im Kölner Karneval.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der Klub richtete zahlreiche Veranstaltungen aus, und seine Mitglieder unterhielten Beziehungen zu nichtjüdischen Karnevalisten und Gesellschaften. Erster Präsident des Klubs, dessen Orden die Gestalt eine Davidsterns hatte, war Max Salomon. Er wurde 1886 als Sohn eines jüdischen Textilgroßhändlers in Köln geboren. Nach der Machtergreifung er Nationalsozialisten durfte er bis 1935 nur noch vereinzelt auftreten. Im November 1939 gelang ihm die Flucht in die USA. Dort starb er 1970.

Der Vorschlag der Verwaltung, den Kleinen Kölner Klub und seinen Präsidenten Max Salomon mit einer Straßenbenennung zu ehren, geht auf eine Initiative von Aaron Knappstein zurück. Er ist Präsident des jüdischen Karnevalsvereins „Kölsche Kippa Köpp“, der sich 2017 gegründet hat. Im Umfeld des Wegs, in dessen unmittelbarer Nähe Salomon gewohnt hat, sind bereits andere Wege nach Karnevalsgesellschaften benannt: der Prinzen-Garde-Weg und der Blaue-Funke-Weg. Hupke sagte, der Beschluss der Bezirksvertretung sei ihr Beitrag zum Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. Anlass, es zu feiern, ist, dass Kaiser Konstantin im Jahr 321 in einem an den Kölner Stadtrat gerichteten Edikt verfügte, das Juden in öffentliche Ämter berufen werden durften. Es ist der früheste urkundliche Beleg für jüdisches Leben nördlich der Alpen. 

KStA abonnieren