„Schlichtweg vergessen“Könnte ein neues Hochhaus den Blick vom Kalkberg auf den Dom versperren?

Lesezeit 4 Minuten
Blick vom Kölnberg auf den Kölner Dom

Aktuell noch gut vom Kalkberg aus zu sehen: Der Kölner Dom.

Flossbach von Storch will in Köln ein neues Hochhaus bauen. Doch eine Bürgerinitiative fürchtet nun um den Domblick.

Erst Ende November stellte ein Architekturbüro neue Pläne für den Kalkberg vor: ein Sportpark statt verfallender Hubschrauberstation, Aufenthaltsqualität statt gesperrtem Hangar. So war es in der Machbarkeitsstudie zu sehen. Doch nach anfänglicher Begeisterung befürchtet die Bürgerinitiative Kalkberg nun das nächste Problem für den Kalkberg. Denn ein neues Hochhaus am Messekreisel könnte den Domblick vom Kalkberg aus versperren.

Neues Kölner Hochhaus soll bis zu 120 Meter hoch sein

Der Vermögensverwalter Flossbach von Storch kündigte im November im „Kölner Stadt-Anzeiger“ an, eine neue, bis zu 120 Meter hohe Unternehmenszentrale in Deutz bauen zu wollen. Das Grundstück an der Deutz-Mülheimer-Straße, an der Zufahrtrampe zur Zoobrücke und Stadtautobahn, hat das Unternehmen bereits von der Kölner Messe gekauft. Für seine rund 300 Beschäftigten will die Firma das Bürohaus bauen. Das Problem: Durch seine Höhe könnte das Gebäude Blickachsen auf den Kölner Dom behindern. Es läge innerhalb eines sogenannten Sichtfeldkegels auf den Dom.

„Damit wäre vom einzigen rechtsrheinischen Aussichtspunkt aus der Dom nicht mehr zu sehen“, sagt Boris Sieverts von der Bürgerinitiative. „Für die Kalker ist es wichtig, dass sie den Dom auch von der Schäl Sick aus betrachten können. Das Hochhaus stünde haargenau in der Blickachse des Kalkbergs. Das muss nicht sein.“ Zur Veranschaulichung des Problems hat die Initiative in Google Maps eine Visualisierung erstellt, die ein Hochhaus am geplanten Standort zeigt. Der Dom verschwindet dahinter.

Simulation des Hochhauses mit versperrtem Domblick vom Kalkberg aus.

Simulation des Hochhauses mit versperrtem Domblick vom Kalkberg aus.

Das Problem der Sichtachsen auf den Dom war bereits bei der ersten Diskussion der Pläne im November aufgekommen. „Jeder kennt doch das Gefühl, nach Hause zu kommen, egal aus welcher Richtung, und in der Ferne die ‚zwei Spitzen‘ zu sehen“, sagte Flossbach von Storch-Mitgründer Kurt von Storch damals dieser Zeitung. „Da wird einem warm ums Herz! Wir wollen dem Dom nicht im Wege stehen.“ Er versprach außerdem, dass es sich bei dem Hochhaus um „keine Standardimmobilie“ handeln soll. Vielmehr wolle man ein „visuelles Schmuckstück für das Stadtbild“ errichten.

Hochhaus läge nur knapp außerhalb der Pufferzone um den Dom

Zur Verträglichkeit mit dem Weltkulturerbe Dom muss aber eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Die Stadt teilt auf Anfrage mit, dass Flossbach von Storch und die Stadt „mit einem möglichen Gutachter im Gespräch sind“ und einen Zeitplan für das Gutachten vereinbaren werden. Abschließend prüft noch die Icomos, der Internationale Rat zur Denkmalpflege, die Pläne.

Der Standort des Hochhauses läge nur knapp außerhalb der Pufferzone für den Dom, innerhalb der größere Bauvorhaben verpflichtend an die Unesco beziehungsweise Icomos gemeldet werden müssen. Nach dem sogenannten „Sternplan“ von 1993 ist bereits eine erste Einschätzung zu eingeschränkten Sichtfeldern erstellt worden. Berücksichtigt sind dabei Blickwinkel von der Stadtautobahn, der Rodenkirchener Brücke und sogar dem Bensberger Schlosshügel. Simulationen vom Kalkberg fehlen. „Die haben den Kalkberg schlichtweg vergessen“, sagt Boris Sieverts.

Gutachten zu Sichtachsen ist noch nicht erstellt

Die Stadt sagt, es sei „Sache der Gutachter bzw. Icomos“, ob sich in der Bedeutung der Standorte und Sichtbeziehungen Änderungen ergeben hätten und deshalb gegebenenfalls einzelne Standorte entfallen „oder weitere Standorte (auch in Abhängigkeit ihrer Nutzung) mit in die Prüfung aufgenommen werden“. Heißt: Ob die Sichtachse zum Dom vom Kalkberg aus entscheidend ist, könnte auch damit zusammenhängen, ob dort tatsächlich ein Aufenthaltsort entsteht.

Bislang sind die Pläne für den Kalkberg nämlich nur eine Machbarkeitsstudie, konkret folgt aus ihnen noch nichts. Aktuell ist der Kalkberg mit seiner fast fertigen Rettungshubschrauber-Station größtenteils für Bürgerinnen und Bürger gesperrt – und der Dom von dort aus momentan für die Bevölkerung sowieso nicht zu sehen. Der Stadtrat hatte 2020 das Aus für die Station beschlossen, zuvor war die Halde stückweise abgerutscht. Die Machbarkeitsstudie sollte daher zeigen, welche Alternativen für den Kalkberg möglich sind. Sollte dort in Zukunft, wie in der Studie gezeigt, tatsächlich ein Sportpark und damit ein Freizeitort im Rechtsrheinischen entstehen, wäre wohl auch der Domblick vom Kalkberg aus für die Aufenthaltsqualität entscheidender.

KStA abonnieren