Karneval in KölnDas waren die Veranstaltungen am Wochenende

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Kinderbauer Robin und Jungfrau Helena begrüßen die Tollitäten aus Belgien.

  • Die Kölner wollen auch in dieser Session den Karneval in irgendeiner Form begehen.
  • Bislang gibt es in Köln keine Planungen für den Straßenkarneval.
  • Dafür fanden am Wochenende bereits einige kleinere Veranstaltungen statt, bei denen jeckes Treiben in der Luft lag.

Köln – Jecker Staatsbesuch am Maarweg: Besuch aus dem Ausland hatte es beim Kölner Kinderdreigestirn bislang noch nie gegeben. Aus der deutschsprachigen Region Belgiens rund um Kelmis war deren Kinderprinz mit seinem Gefolge, den Eltern und Omas sowie Vertretern der KG Lustige Brüder mit einem großen Reisebus nach Köln gekommen.

Doch auf die direkte Begegnung von Prinz zu Prinz musste Robin Sebastian (11) verzichten. Sein Kollege Kollege Felix I. fehlte nach einem positiven Corona-Test. Und so führten Kinderbauer Robin und Jungfrau Helena die auswärtigen Gäste – zum Prinzen gehörten noch die beiden Pagen Marie Braun und Zoé Klingenberg sowie Leon Sebastian als Hofnarr – durch ihre mit „Heimat kleiner Helden“ betitelten Umkleide- und Besprechungszimmer im Haus des Festkomitees.

Dann präsentierten die jeweiligen Mini-Tollitäten ihr Sessionslied mit dem zugehörigen Tänzchen bevor man noch Orden und Geschenke austauschte. Für die belgische Reisegruppe ging es dann weiter mit einer Führung durchs Karnevalsmuseum von Festkomitee-Vize Joachim Wüst ehe man im Dom noch Kerzen für einen glücklichen Verlauf der restlichen Session aufstellte und sich mit einem dicken Schloss an der Hohenzollernbrücke verewigte.

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In dem der Grenze benachbarten Teil Belgiens wird schon seit den 1870er Jahren Karneval gefeiert. Zunächst orientierte man sich an den Mainzern, schwenkte aber schnell um auf Aachen und vor allem in Richtung Köln und rief „Alaaf“, weiß Joseph Demonthy („Ich bin Belgier, aber meine Eltern stammen beide aus Köln“), der für einen Rundfunksender in seiner Heimat regelmäßig auch von Kölner Karneval berichtet. Und daher hatte Demonthy nun auch den internationalen Austausch der kleinen Jecken organisiert.

Grosse Kölner

Schon am Abend zuvor hatte Joseph Demonthy im Gürzenich mitgefeiert. Beim Redner-Häre-Ovend der KG Grosse Kölner, der der Belgier seit 17 Jahren als Mitglied angehört: „Aus meiner Heimat bringe ich normalerweise jedes Jahr so 170 bis 200 Besucher zu den verschieden Veranstaltungen der KG mit.“

Rund um ein Hämmchenessen amüsierten sich die gut 400 Herren im großen Saal des Gürzenich vor allem über die Büttenredner und deren Pointen zum Spitzenpersonal der Ampel-Koalition. „Außenministerin Annalena Baerbock erinnert mit an Drei-Wetter Taft.“, witzelte „Hausmann“ Jürgen Beckers. Morgens Berlin: die Frisur sitzt. Mittags London: Die Frisur ist Frisur. Das sei aber auch gegenüber Boris Johnson nicht so schwer.

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Abends Washington. „Besuchen Sie Biden“ wurde sie gefragt. „Nein, nur einen.“ Wirtschaftsminister Robert Habeck ist, so der Hausmann, „der sexiest Minister alive. Mit der Ausstrahlung eines Erdkunde- und Sportlehrers, der von seinen Schülerinnen angehimmelt wird.“ Und Bundeskanzler Olaf Scholz wirke wie ein Amazon-Bote, der im Kanzleramt ein Paket abgeben will – und als Kanzler rauskommt.

FDP-Chef Christian Linder habe, da ist sich Beckers mit Rednerkollege Jörg Runge (Tuppes vom Land) einig, durchaus Dressman-Qualitäten. Denn der reimt: „Wenn ich den Christian Lindner seh, den Kosmetikberater der FDP, denk ich oft, wenn der um die Ecke biegt, dass Driss- und Dressman dicht beisammen liegt..“

Saalkapellen

Bei den Rednern geriet Kapellmeister Markus Quodt - im 30. Jahr im Einsatz - schon ein wenig in Stress. „Wir sind ja keine reine Tusch-Kapelle. Es ist ja eine meiner Spezialitäten, zu einer Pointe ganz schnell eine passende Melodie zu finden.“

In diesem Jahre habe er ja kaum Möglichkeiten, einen Redner häufiger zu hören. Daher müsse er stets improvisieren. „Es gilt zu erahnen, in welche Richtung die jeweilige Pointe geht, im Nu ein dazu passendes Lied im Kopf zu haben und diese Idee so schnell es geht per Handzeichen an die Musiker weiterzugeben: „Das ist schon eine Herausforderung“.

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Der Musiker Markus Quodt mit seiner Band im Pullmann Hotel.

Am vergangenen Wochenende wäre er mit seinen Orchestermusikern eigentlich an drei Tagen bei zehn Veranstaltungen im Einsatz. Übrig geblieben sind davon zwei. Außer bei der Grossen noch der Häre-Kommers der Altstädter am Sonntag an gleicher Stelle.

Der wurde von Kommandant Michael Klaas moderiert, da sich Präsident Hans Kölschbach in häuslicher Quarantäne befand. Wie seit vielen Jahren Tradition wurde die Veranstaltungen mit böhmischer Blasmusik eröffnet. „Vor vielen Jahren haben hier stets die Isartaler Hexen gespielt. Inzwischen haben wir diese Tradition mit Klängen aus Böhmen und dem Egerland übernommen“, sagt Quodt, der ansonsten für sich und seine Musiker auf Gelder aus dem Förderprogramm hofft.

Wie die anderen Kapellen auch, habe man diese dieser Session höchsten zehn Prozent der Auftritte im Vergleich zu Vor-Corona-Zeiten. „Und wenn dann mal eine KG eine kleinere Veranstaltung für 150 bis 200 Gäste macht, reicht denen ein Alleinunterhalter.“ Der WDR und das Festkomitee setzen allerdings weiter auf die große Orchester-Variante. Quodt: „Bei den beiden Aufzeichnungen zur Fernsehsitzung bin ich mit meinem Orchester in der Big-Band-Version dabei – mit 15 Musikern.“

Kölnische KG

Ein Alleinunterhalter reichte dann auch beim Senats-Stammtisch der Kölnische KG in der Lounge des Früh-Brauhauses – mit den ehemaligen Polizeipräsidenten Uwe Jacob und Jürgen Mathies als Ehrengästen.

Zur Moderation von Ex-Prinz Walter Passmann gab es zum Zwei-Gang-Menü drei Programmpunkte: das Dreigestirn als Zweigestirn, Jörg P. Weber mit seiner Flitsch und der „bergische Jung“ Willibert Pauels. Was den in gut zwei Wochen anstehenden Straßenkarneval angeht, ist die Kölnische KG in ihren Planungen wohl schon weiter als die Stadt oder das Festkomitee.

So wurde der traditionelle „Harlekin“-Ball an Weiberfastnacht bereits in eine Open-Air-Veranstaltung umgewandelt. Gefeiert werden soll dann mit 400 Besuchern rund um Biertische auf der Außenfläche vor der Südtribüne des Rheinenergie-Stadions.

Prinzen-Garde

Etwas lauter ging es bei der Prinzen-Garde zur Sache. Beim Litewka-Abend im Gürzenich-Grill spielte zum Start wie zum Finale der Regimentsspielmannszug auf. Der begleitete auch den neu einstudierten Mariechentanz von Tanzpaar Sandra Wüst und Tommy Engel.

Bei regulärem Sessionsverlauf wäre der Abend mit weiteren Auftritten vom Herrengedeck, von den Klüngelköpp und von Tenor Norbert Conrads die 100. Sitzung für Ex-Prinz Marcus Gottschalk als Sitzungspräsident der Prinzen-Garde gewesen. Dieses runde Jubiläum will er in der nächsten Session nachfeiern.

Stattgarde

„Ein Leben ohne Karneval ist möglich, aber sinnlos“, war sich Präsident André Schulze Isfort mit den übrigen Mitgliedern der Stattgarde Colonia Ahoi einig. Und so traf man sich anstelle des großen Kostümballs „Jeck op Deck“ mit rund 1600 Besuchern auf der MS Rheinenergie – der war ja schon seit Wochen abgesagt – nun unter dem Motto „Landgang“ in der Wolkenburg.

Bedingt durch die Pandemie-Beschränkungen waren nur rund 200 Gäste aus der Abteilung „Family and Friends“ dabei. Plötzlich war das Dreigestirn doch wieder komplett. Na ja – fast. Denn ganz ohne Jungfrau – auch wenn die amtierende Gerdemie (Björn Braun) derzeit nach einem positiven Corona-Test ausfällt - geht es bei der Stattgarde nicht.

Schließlich wird die jeweilige Jungfrau bei dem Ball regelrecht abgefeiert und muss minuten- und gefühlt stundenlang zu den „Oh wie ist das schön“-Gesängen tanzen. Diesmal wirbelte Schulze Isfort zu dem Lied zumindest mit dem Ornat einer Jungfrau über die Bühne.

Das Kleid, das einst Wolfgang Fritsch getragen hat und das als Leihgabe im Vereinslokal „Leuchtturm“ hängt, hatte die Stattgardisten auf einen Rollwagen drappiert – sehr zur Freude und Überraschung von Prinz Sven I. Und Bauer Gereon, die das rollende Ornat in ihren Vortrag einbauten.

Rosen-Montags-Divertissementchen

Fast unbemerkt hat das Kölner Festkomitee einen neuen Ehrentitel eingeführt. Neben den „Traditionskorps“ - das sind derzeit neun - gibt es künftig auch sogenannte „Traditionsgesellschaften“. Nachdem Kölns älteste Gesellschaft, die KG Die Große von 1823, schon vor einigen Wochen und ohne großes Aufsehen als erste diese neue Auszeichnung erhalten hatte, ging nun die zweite derartige Urkunde an das Rosen-Montags-Divertissementchen von 1861, bei deren Matinee im kleinen Saal des Gürzenich.

Da deren Präsident Udo Marx als Mitgliederbeauftragter zum erweiterten Vorstand des Festkomitees zählt, waren die Fastelovends-Oberen um FK-Präsident Christoph Kuckelkorn gar seit 15 Jahren erstmals wieder mit ihrer Standarte aufmarschiert. „Den neuen Titel sehen wir als besondere Auszeichnung und als Motor für die nächsten Jahre“, sagte Marx. Den Titel „Traditionsgesellschaft“ können, so heißt es, alle Karnevalsgesellschaften beantragen, die älter als 111 Jahre sind.

Andere Auflagen als das Alter gibt es nicht. Entsprechend ähnlich ausgezeichnet werden sollen in diesem Jahr noch die KG Greesberger, die KG Blomekörfge und die KG Schnüsse Tring. Andere Gesellschaften – in Frage kämen noch die Kölner Narren-Zunft, die KG Grosse Kölner, die KG Alt-Köllen und die Große Mülheimer KG – wollen sich erst im nächsten Jahr ehren lassen. Dann hoffentlich wieder in vollen Sälen.

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