Neuer Hightech-ContainerFeuerwehr Köln probt bei 500 Grad den Ernstfall – Ein Selbstversuch

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Zwei Männer in Feuerwehruniformen knien im Brandcontainer der Feuerwehr, im Hintergrund sind Flammen zu sehen.

Blick in den Übungs-Brandcontainer der Kölner Berufsfeuerwehr.

Im Brandcontainer lernen Feuerwehranwärter den ersten Umgang mit Flammen – und erleben einen gefährlichen „Rollover“.

Ich stand noch nie in einem brennenden Haus, habe noch nie ein Atemschutzgerät getragen, und die höchste Temperatur, der ich jemals ausgesetzt war, waren 90 Grad in der Sauna. Aber fürs Erste scheint meine Ahnungslosigkeit nicht aufzufallen. „Bist du ein neuer Kollege?“, fragt ein Feuerwehrmann freundlich, als ich ihn auf dem Hof der Wache in Kalk nach dem Weg zur Kleiderkammer frage.

Anprobe für einen Selbstversuch im sogenannten Brandcontainer. Eine moderne Übungsanlage, in der ein Zimmerbrand mit knapp 500 Grad und ein „Rollover“ simuliert werden – die vielleicht größte Gefahr für Feuerwehrleute im Einsatz.

Am Boden herrschen 70, unter der Decke fast 500 Grad Celsius

Der Brandcontainer ist das neue Highlight in der Grundausbildung für angehende Brandmeisterinnen und Brandmeister und für die Freiwillige Feuerwehr in Köln. 100.000 Euro hat die Anlage gekostet, sie steht auf dem Hof der Hauptwache der Berufsfeuerwehr in Weidenpesch. Nach den Sommerferien geht sie in den Regelbetrieb, dann wird hier fast täglich geschult.

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Reporter Tim Stinauer vor dem Brandübungs-Container der Feuerwehrschule

Reporter Tim Stinauer vor dem Brandübungs-Container der Feuerwehrschule

Feuerwehrsprecher Ulrich Laschet und sein Kollege Reiner Oepen, Leiter der Feuerwehrschule der Berufsfeuerwehr, haben angeboten, mich in den Container mitzunehmen. Die Berufsanfänger sollen darin spüren: Was bedeutet Wärme überhaupt? Was leistet die Schutzkleidung? „Sie lernen die verschiedenen Temperaturzonen bei einem Feuer kennen“, sagt Oberbrandrat Oepen. Unter der Decke ist es mit etwa 470 Grad im Container am heißesten, direkt über dem Boden herrschen 65 bis 70 Grad. „Es geht um ein erstes langsames Heranführen an Wärme bei maximaler Sicherheit. Die meisten sind erst einmal völlig fasziniert vom Flammenbild.“

In der Kleiderkammer fliege ich als Laie sofort auf. „Welchen Dienstgrad hast du?“, fragt ein Mitarbeiter irritiert, als er sieht, wie umständlich ich in die Uniformhose steige. Die Kleiderkammer ist aufgebaut wie ein Kaufhaus. An meterlangen Stangen hängen Uniformhemden, Poloshirts, Hosen und Jacken. Auf einem Regal stehen Einsatzstiefel in allen Größen.

„Wichtig ist, dass die Bekleidung nicht hauteng ist, zwischen Haut und Schutzkleidung muss ein kleines Luftpolster bleiben, das schützt zusätzlich“, erklärt Reiner Oepen. Mehr als 1000 Grad Hitze hält die Uniform laut Hersteller aus. Für einige wenige Sekunden könne man so mitten in den Flammen stehen, ohne Verbrennungen davonzutragen, sagt Ulrich Laschet.

„Rollover“ ist eine der größten Gefahren im Einsatz

Der Brandcontainer wird mit Gas betrieben. In einem hinteren, abgetrennten Teil des zwölf Meter langen, 2,40 Meter breiten und 2,70 Meter hohen Gehäuses aus isoliertem Stahl befindet sich der Steuerstand. Per Computer kann der Bediener hier festlegen, wann und wie viel Gas entzündet wird. Im eigentlichen Brandraum steht ein Ofen in der Ecke, aus dem die Flammen schlagen. Unter der Decke führen gasbefüllte Rohre entlang, die gleich den „Rollover“ simulieren werden. Flammen ziehen dann direkt über die Köpfe hinweg.

Flammen schlagen im Brandcontainer an der Decke entlang.

Ein simulierter „Rollover“ im Brandcontainer der Kölner Berufsfeuerwehr

Wer jemals den Film „Backdraft“ gesehen hat, weiß, was das bedeutet: Wenn brennbare Gase in einem Raum eine bestimmte Temperatur erreichen, führt das zu einem schlagartigen Entzünden der gesamten Umgebung, vor allem wenn plötzlich Sauerstoff hinzukommt, zum Beispiel durch das Öffnen einer Tür. Um das zu verhindern, öffnen Einsatzkräfte die Tür zu einem in Brand stehenden Raum in der Regel erstmal nur einen Spalt und riskieren einen vorsichtigen Blick: Sie „lesen den Rauch“, wie Reiner Oepen es ausdrückt. Ist der Rauch besonders dicht, schwarz und pulsierend, steht ein „Rollover“ oft kurz bevor.

Schriller Piepton zeigt einen Notfall an

Schon allein in voller Montur, im Freien und ohne jede Bewegung, gerät der Körper schnell ins Schwitzen. Durch die Atemschutzmaske ist das Sehfeld stark eingeengt, das Einatmen gegen Widerstand ist gewöhnungsbedürftig. Eine Flammschutzhaube unter dem Helm und feuerfeste Handschuhe sollen zusätzlich vor Verbrennungen schützen.

Das Handbediengerät der Atemschutzmaske ist so eingestellt, dass es alle paar Sekunden schrill piepst, wenn man sich nicht bewegt – eine Art Totmannschaltung, die man vielleicht nicht zwangsläufig an der Bekleidung eines Beamten erwartet hätte. Aber im Notfall, wenn ein Feuerwehrmann oder eine Feuerwehrfrau verunglückt und sich nicht mehr regt, werden die Kollegen durch den Piepton alarmiert und können Hilfe leisten.

Hauptbrandmeister Kai Kempa überwacht die Übung im Steuerraum des Containers.

Hauptbrandmeister Kai Kempa überwacht die Übung im Steuerraum des Containers.

15 Minuten verbringen wir in dem Container. Kniend und stehend. Eine Nebelanlage simuliert den Brandrauch. Die Sicht ist schlecht, die Hitze dringt allmählich durch die Kleidung – vor allem immer dann, wenn Reiner Oepen mit einem Schlauch Wasser abgibt. Ein Liter Wasser ergeben 1700 Liter Wasserdampf, heißt es in der Theorie. In der Praxis wird es dann so heiß, dass man es ohne Bewegung zwar ganz gut aushalten kann.

Zwei Männer in Feuerwehruniform verlassen den Brandcontainer über eine Treppe.

Der Brandübungs-Container hat 100.000 Euro gekostet.

Aber der Gedanke, sich unter diesen Bedingungen durch ein brennendes, dicht verrauchtes Zimmer vortasten zu müssen, in dem man sich nicht auskennt, unter Lebensgefahr, dabei einen Schlauch zu bedienen, Wände einzuschlagen oder eine bewusstlose Person orten und herausziehen zu müssen, übersteigt meine Vorstellungskraft. Meine Fähigkeiten sowieso.

Diese Anlage ist dazu da, den jungen Kolleginnen und Kollegen die Angst zu nehmen.
Reiner Oepen, Leiter der Feuerwehrschule

„Diese Anlage ist dazu da, den jungen Kolleginnen und Kollegen die Angst zu nehmen, ihnen Vertrauen zu vermitteln ins Atemschutzgerät und Sicherheit im Umgang mit ihrem Handwerkszeug“, sagt Oepen. 18 Monate dauert die Ausbildung zum Brandmeister oder zur Brandmeisterin. Enthalten ist ein hoher Praxisanteil. „Wir geben den Berufsanfängern sozusagen verschiedene Schubladen mit Elementen mit, aus denen sie sich dann im Einsatz bedienen können.“

In Weeze und Bergisch Gladbach trainiert die Kölner Feuerwehr zusätzlich auch in sogenannten feststoffbefeuerten Anlagen, Brandcontainern also, die mit Holz statt mit Gas befeuert werden. „Diese Anlagen haben ein anderes Brandverhalten, sie haben echten Brandrauch, andere Sicherheitsbedingungen. Es ist wichtig, dass wir beim Training auch das abdecken“, sagt Oepen.

Wieder an der frischen Luft gibt es erst einmal etwas zu trinken. Im Ernstfall reicht der Vorrat in der Atemluftflasche auf dem Rücken für maximal eine halbe Stunde – bei starker körperlicher Anstrengung kürzer. Eine Viertelstunde ohne jede Anstrengung hat mir heute fürs Erste gereicht.


Bewerbungen für die 18-monatige Ausbildung zum Brandmeister bei der Berufsfeuerwehr Köln sind ganzjährig möglich. Voraussetzung ist eine abgeschlossene Berufsausbildung. Auch Schulabgänger mit mindestens Fachoberschulreife können sich bewerben, Lehrgangsstart ist am 1. September. Sie müssen mindestens sechzehneinhalb Jahre alt sein, die Ausbildung dauert drei Jahre. Weitere Informationen und Onlinebewerbungen unter: www.stadt-koeln.de/politik-und-verwaltung/feuerwehr/ausbildung.

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