Geheimnis Kölner DomWas der Staub im Kölner Dom anrichtet – und wie man ihn loswird

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Eine Reinigungskraft wischt das Mosaik zwischen Chorgestühl und Dreikönigenschrein.

Eine Reinigungskraft wischt das Mosaik zwischen Chorgestühl und Dreikönigenschrein.

Wie putzt man ein so großes Gebäude wie den Kölner Dom? An was dürfen die Reinigungskräfte auf keinen Fall ran?

Sechs Millionen Besucher Jahr für Jahr hinterlassen Spuren, auch in so einem riesigen Gebäude wie dem Kölner Dom. Atemluft und feuchte Kleidung haben auf das Klima im Inneren zum Glück keinen negativen Einfluss. Dafür ist der Raum einfach viel zu hoch.

Ein echtes Problem im Kölner Dom hingegen ist der Staub, der sich nicht nur auf dem Boden oder den Bänken ansammelt, wo ihn die Reinigungsfachkräfte des Doms (seit ich mir einmal – zu Recht – eine gehörige Standpauke eingefangen habe, werde ich nie wieder „Putzfrauen“ sagen!) regelmäßig wegwischen können, sondern auch auf den Kunstwerken wie Altären, Grabmälern, Säulenfiguren.

Kölner Dom: Die „Putzrestauratorin“

In der ersten Phase meiner Amtszeit im Kölner Dom gab es regelmäßig Ärger mit den Restauratoren, wenn das Reinigungsteam dem gotischen Chorgestühl mal wieder mit Pronto zu Leibe gerückt war. Ich habe deshalb mit Genehmigung des Domkapitels die Halbtagsstelle einer „Putzrestauratorin“ eingerichtet.

Alles zum Thema Barbara Schock-Werner

Beim Arbeitsamt waren sie damals etwas verwirrt, weil sie diese Stellenbeschreibung nicht kannten. „Das glaube ich gern“, sagte ich, „die habe ich nämlich gerade erfunden“. Die Stelleninhaberin kommt seither täglich für ein paar Stunden und reinigt alle empfindlichen Stellen. An die höher gelegenen kommt sie mithilfe einer fahrbaren elektrischen Hebebühne heran, die bis in die Triforiumszone reicht.

Mit Hilfe eines Hubsteigers saugen Handwerker im Nordquerhaus in schwindelnder Höhe Staub ab.

Mit Hilfe eines Hubsteigers saugen Handwerker im Nordquerhaus in schwindelnder Höhe Staub ab.

Wo Säuberungen im Kölner Dom nur vergleichsweise selten vorgenommen werden, etwa bei den 2010 bis 2012 zuletzt restaurierten Chorpfeilerfiguren, setzt sich der Staub in einer zentimeterdicken Schicht fest, die man dann teils fast wie einen Klebefilz abziehen kann. Andernfalls werden die Oberflächen säuberlich abgepinselt und der Staub direkt mit einem handelsüblichen Handstaubsauger aufgenommen. Bei Verklebungen mit Ruß muss die Restauratorin ganz vorsichtig mit Wattestäbchen und verdünntem Alkohol ran.

Aber der Ruß im Kölner Dom ist nicht gar so sehr das Problem, wie man wegen der Tausenden Votivkerzen vor der Schmuckmadonna vielleicht denken könnte. Schon mein Vorgänger Arnold Wolff hat für den Dom einen bestimmten Kerzentyp ausgesucht, der besonders rußarm verbrennt. Überhaupt keine Kerzen wären natürlich besser. Aber der Schaden ist nicht so groß, als dass man Menschen ihre liebgewonnene Gewohnheit nehmen müsste, die vielen ja auch religiös etwas bedeutet.

Kölner Dom: Analyse des Domstaubs

Ich habe die Konsistenz des Domstaubs eigens analysieren lassen: Er besteht zu 90 Prozent aus Textilfasern, dazu Schuppen und Haare – dem „Abrieb der Menschen“, wie ich das nenne. Einmal haben wir uns daran gemacht, sämtliche Kaugummireste vom Fußboden zu entfernen. Ein Unternehmen aus Schweden hat uns dafür den Prototyp eines von ihm entwickelten Spezialgeräts zum Ausprobieren angeboten.

Das war fabelhaft: Vorn stieß es heißen Dampf aus und saugte das Kondenswasser mit dem aufgelösten Kaugummi hinten gleich wieder ein, sodass der Dampf nicht in die Raumluft gelangte. Von der aufgefangenen Brühe erzähle ich jetzt lieber nicht. Unglaublich ekelhaft, kann ich Ihnen sagen. Aber ich will niemandem den Appetit verderben.

So sauber wie nach dieser Putzaktion habe ich die Bodenplatten im Dom übrigens nie wieder gesehen. Leider hielt sich der Effekt nur für drei, vier Wochen. Die Maschine hätten wir den Schweden sofort abgekauft. Doch der Ingenieur und der Geschäftsführer hatten sich zerstritten, und so gelangte sie nie zur Marktreife. Schade eigentlich.

Einen Teil des Hausputzes, der bei vielen von Ihnen sicher ähnlich unbeliebt ist wie bei mir daheim, können wir uns im Dom übrigens schenken: die Fenster. Außen reicht der Regen. Innen gehen unsere Glasrestauratoren nur dann ans Werk, wenn einmal eine Scheibe zur Reparatur ausgebaut werden muss. Aber das kommt geschätzt nur vielleicht alle 50 Jahre vor.

Geheimnis Kölner Dom – die Serie

Den Dom kennt jeder. Aber wie gut kennen sich die Kölnerinnen und Kölner wirklich aus in „ihrer“ Kathedrale? Dombaumeisterin a.D. Barbara Schock-Werner erzählt die spektakulärsten und spannendsten Geschichten. Das Buch Dom-Geschichten mit den gesammelten Kolumnen von Barbara Schock-Werner können Sie im KSTA-Shop kaufen.

Dieser Text ist zuerst im August 2019 im Kölner Stadt-Anzeiger erschienen.

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