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Ihm wird Folter vorgeworfenNiederländer darf im Kölner Gericht zum ersten Mal sein Baby sehen

Lesezeit 2 Minuten
Die drei Angeklagten mit Verteidigern, Dolmetscherin und Wachtmeister beim Prozess im Kölner Landgericht

Die drei Angeklagten mit Verteidigern, Dolmetscherin und Wachtmeister beim Prozess im Kölner Landgericht

Der Prozess am Landgericht läuft im Komplex des „Kölner Drogenkrieges“ mit drastischer Gewalt.

Er soll mit zwei Komplizen mehrere Männer in einer Hürther Lagerhalle gefoltert, ihnen gedroht haben, sie mit heißem Wasser zu übergießen und ihnen die Fußnägel zu ziehen. Als Teil des „Kölner Drogenkrieges“ soll der Niederländer als Auftragstäter gehandelt haben, um 350 Kilo Marihuana wiederzubeschaffen. Am Mittwoch im Landgericht zeigte der 35-Jährige auch eine menschliche Seite.

Köln: Angeklagter sieht zum ersten Mal seinen Sohn

Beim Prozessauftakt hatte Sudnyson B. berichtet, dass er in Untersuchungshaft sitzend Vater geworden sei und seinen Sohn noch nicht gesehen habe. Zum zweiten Verhandlungstag war seine Partnerin mit dem Baby von Amsterdam nach Köln gereist. Der Richter erlaubte ein kurzes Treffen. Der Angeklagte durfte sein Kind sehen, aus Sicherheitsgründen getrennt durch eine Plexiglasscheibe.

Den drei Angeklagten drohen wegen Geiselnahme und gefährlicher Körperverletzung empfindliche Haftstrafen. Verteidiger Maximilian Eßer fühlte am Mittwoch für seinen Mandanten Dhelmar B. einmal vor, ob Gericht und Staatsanwaltschaft womöglich zu einem Deal bereit wären und bereits vorab ein Strafrahmen festgesetzt werden kann. Voraussetzung wären hier geständige Einlassungen.

Köln: Mögliche Verständigung könnte den Prozess abkürzen

Die Prozessbeteiligten verabredeten sich nach dem Ende des Verhandlungstages zu einem sogenannten Rechtsgespräch. Sollte eine Verständigung zustande kommen, könnte das den aktuellen Prozess erheblich abkürzen. Auch würde ein Deal die Urteilsfindung für den Richter erheblich erleichtern. So haben etwa schon einige Zeugen angekündigt, nicht im Gericht aussagen zu wollen.

Denn viele Zeugen sind entweder in den Drogensumpf verstrickt oder würden sich bei einer freimütigen Aussage womöglich in die Gefahr der Strafverfolgung begeben. Deshalb gilt für sie ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht. Das wendete am Mittwoch auch ein Zeuge an, der die Polizei zur Geiselnahme in der Hürther Lagerhalle gelotst hatte. Ermittelt wird gegen ihn aber nicht.

Köln: Geiselnahmen in Hürth und Köln-Rodenkirchen

Hintergrund des Gewaltaktes in der Lagerhalle war der Raub einer großen Menge Marihuana – laut Anklage möglich gemacht durch einen Verrat innerhalb einer Kalker Bande. Um seine eigenen Leute unter Folterungen zum Reden zu bringen, soll der Drogenboss die Niederländer engagiert haben. Das SEK nahm die Männer fest. Der Verbleib der 350 Kilo Marihuana ist auch zehn Monate später unklar.

Nur wenige Tage später kam es zu einer weiteren Geiselnahme. Ein Paar aus Bochum, das mit dem Drogenraub letztlich nichts zu tun haben soll, wurde in einer Rodenkirchen Villa gefangen gehalten und misshandelt. Eines der Opfer hatte vor Gericht sein Martyrium geschildert. Am Landgericht laufen derzeit drei Strafprozesse, weitere Anklagen sind seitens der Staatsanwaltschaft in Vorbereitung.