Aufstand der Laien gegen WoelkiDiözesanrat setzt Mitarbeit an Reformprozess aus

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Rainer Maria Kardinal Woelki

Köln – Die Pfarrgemeinden und katholischen Verbände im Erzbistum Köln haben Kardinal Rainer Woelki und der Bistumsleitung die Mitwirkung am Reformprozess „Pastoraler Zukunftsweg“ bis auf Weiteres aufgekündigt. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ beschloss der Diözesanrat in einer Vollversammlung am Donnerstagabend, die aktive Mitarbeit am Pastoralen Zukunftsweg sowie dessen weitere Beratung vorläufig auszusetzen, da „aufgrund der ungeklärten Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln keine hinreichende Akzeptanz vorhanden sei“.

Diese Aktion dürfte in der Bistumsgeschichte einmalig sein. Die Entscheidung des Gremiums fiel einstimmig bei einer Gegenstimme: Weihbischof Ansgar Puff, der dem Diözesanrat als Bischofsvikar zugeordnet ist, lehnte den Antrag ab.

In einer weiteren Entschließung fordert die Laienvertretung Kardinal Woelki sowie alle amtierenden und ehemaligen leitenden Geistlichen mit Personalverantwortung zu persönlichen Konsequenzen aus etwaigen Pflichtverletzungen und Verfehlungen im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs auf. „Übernehmen Sie Verantwortung, und verzögern Sie die Entscheidung darüber nicht länger auf die Klärung juristischer Fragestellungen nach Aktenlage. Warten Sie nicht, bis Rom entscheidet oder bis Rechtsgutachter Ihnen sagen, was Sie falsch gemacht haben.“ Nach Jahren des Verschweigens und Leugnens erwarteten die Menschen im Erzbistum „endlich Klartext und konkrete Schritte der Verantwortung“.

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In scharfer Form kritisiert die Erklärung den „fragwürdigen Publikationsstopp“ des Rechtsgutachtens der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl und die „Verengung auf juristische Streitfragen“. Dadurch seien erneut die Opferperspektive und die Ebene der moralischen Verantwortung in den Hintergrund getreten. Genau darauf komme es aber jetzt an.

Neben der Herausgabe des Münchner Gutachtens „im Sinne der versprochenen Transparenz fordert der vom Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) geführte Diözesanrat von der Bistumsleitung zu einer Gewissensprüfung auf. Dazu legt das Gremium den leitenden Geistlichen verschiedene Fragen vor. Darin geht unter anderem um den Vorrang der Missbrauchsopfer und ihrer Interessen als Maßstab des eigenen Handelns.

Weitere Fragen lauten: „Habe ich alle Informationen weitergegeben? Bin ich allen Verdachtsmomenten nachgegangen, vor allem auch, um weiteres Leid zu verhindern? Wo habe ich mich vermeintlich »höheren Interessen« gebeugt? Wo habe ich geschwiegen, weggesehen, verharmlost und damit – direkt oder indirekt zur Vertuschung von Missbrauch beigetragen?“ Die wenigsten Antworten, heißt es weiter, „werden sie in den Akten finden.“ Einen solchen Fragenkatalog der Laien an ihre Bistumsleitung im Stil eines Beichtspiegels dürfte es in dieser Form auch noch nicht gegeben haben.

Kölner Katholikenausschuss spricht von „beispielloser Krise“

Ebenfalls am Donnerstag meldete sich der Kölner Katholikenausschuss mit einem vernichtenden Urteil zur Lage im Erzbistum zu Wort. Die Kirche in Köln sei „in einer beispiellosen Krise“, die Glaubwürdigkeit massiv beschädigt, das Vertrauen in Kardinal Rainer Woelki und die Bistumsverwaltung „vollständig verloren gegangen“, heißt es in einer Stellungnahme des Vorsitzenden der Kölner Laienvertretung, Gregor Stiels.

„Fassungslos schauen wir auf die Haltung und das autoritäre Selbstverständnis unserer Kirchenleitung, die – gepaart mit einer desaströsen Kommunikation – für diese Krise verantwortlich ist.“ Auch der Katholikenausschuss verlangt die Übernahme persönlicher und institutioneller Verantwortung. Es gehe um die Anerkennung von Schuld für juristisch und moralisch falsches Handeln. „Wir erwarten pastorale Zeichen der Reue, Umkehr und Wiedergutmachung, die bis heute fehlen.“

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