Kölner ins Wachkoma geprügeltWarum der Täter einen Freispruch bekommen könnte

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Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Marc Donay beim Prozessauftakt im Landgericht.

Köln – Es war ein Gewaltexzess in einer Souterrain-Wohnung in Neuehrenfeld. Im Streit mit einem Nachbarn zog der Bewohner diesem eine Weinflasche über den Kopf, schlug und trat auf den Mann ein. Und deckte ihn danach mit einer Gardine zu, Hilfe holte er nicht. Das Opfer überlebte, befindet sich im Wachkoma. Nun könnte der Täter vor dem Landgericht sogar einen Freispruch bekommen.

Kölner Landgericht sah vorsätzlichen Vollrausch

Der Fall wurde im vergangenen Jahr schon einmal verhandelt. Damals entschied der Vorsitzende Richter Jörg Michael Bern aufgrund des Drogenkonsums des Täters auf Schuldunfähigkeit, verurteilte den Angeklagten aber gleichzeitig wegen vorsätzlichen Vollrausches zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten. Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (BGH) jüngst kassiert.

In einem neuen Prozess, der am Freitag startete, muss die Drogenthematik nach Hinweis des BGH noch einmal neu beleuchtet werden. Im alten Urteil sei nämlich nicht ausreichend begründet worden, warum der Angeklagte davon ausgehen konnte, sich durch seinen vorherigen Kokainkonsum in einen Rauschzustand versetzt, der etwa sein Hemmungsvermögen erheblich vermindert.

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Kölner Angeklagter: Von Handy-Musik gestört?

Die Staatsanwaltschaft hatte im ersten Durchgang vor dem Landgericht einen Freispruch und die Einweisung in eine Entziehungsanstalt beantragt. Auch Verteidiger Marc Donay hatte Freispruch gefordert. Auch, weil der Prozess am Ende nicht habe klären können, warum der Angeklagte seinen Nachbarn tatsächlich attackiert hatte. Der Täter hatte sich auf Erinnerungslücken berufen.

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Möglicher Auslöser für die Tat soll gewesen sein, dass der 36-jährige Nachbar den Angeklagten in der Tatnacht des 8. Oktober 2020 mit lauter Handy-Musik gestört habe. Weitere Hausbewohner hatten Hilfeschreie gehört und den Vermieter alarmiert. Der wiederum rief die Polizei, nachdem er am Morgen das zugedeckte Opfer in einer Blutlache liegend im Wohnungsflur entdeckt hatte.

Köln: Opfer wird wohl für immer ein Pflegefall bleiben

Zum Zustand seines Mandanten während der Tat erklärte Verteidiger Marc Donay, dass dieser nach einer Trennung von Ehefrau und Söhnen Kokain „gegen den Schmerz“ genommen habe, um das Leben besser zu ertragen. Er werde kein Kokain mehr anrühren. „Ich dachte, ich hätte es unter Kontrolle, jetzt weiß ich, dass es nicht so war“, trug der Verteidiger die Worte seines Mandanten vor.

Der ehemalige Erzieher, der mittlerweile aus der Untersuchungshaft entlassen wurde, stritt somit den vorsätzlichen Vollrausch ab. Seine Tat tue ihm „unendlich leid“. Das Opfer, das durch die Tat Blutungen im Gehirn und Knochenbrüche im Gesicht erlitten hatte, wird wohl für immer ein Pflegefall bleiben. Der Mann muss zeitweise beatmet werden. Der Prozess wird fortgesetzt.

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