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In Köln schon im Einsatz„Kann deeskalierend wirken“ – Taser scheint sich bei NRW-Polizei zu bewähren

Lesezeit 4 Minuten
Den Gebrauch eines Tasers ist zu sehen, aus der Pistole ist eine Flugdynamik zu erkennen.

Der Einsatz von Elektroschockpistolen ist umstritten. Jetzt gibt es in NRW die Forderung, nach einer flächendeckenden Ausrüstung der Polizeistellen.

Die NRW-FDP fordert: Der Taser soll sofort an alle Polizeidienststellen ausgeteilt werden. Was ist derzeit erlaubt und was sagt Innenminister Reul?

Für Befürworter ist es im wahrsten Sinne des Wortes eine Wunderwaffe, aber vor allem die Grünen in der Regierungskoalition zaudern: Noch immer ist der Taser in NRW nur ein Pilotprojekt in ausgewählten Polizeibehörden. Die FDP bringt das Thema jetzt erneut in den Landtag und fordert: Die Elektroschockpistole solle sofort überall eingeführt werden. Dieses Jahr griffen Beamte schon hunderte Mal zu der Waffe. Innenminister Herbert Reul (CDU) lobt die deeskalierende Wirkung.

„Der Taser kann den Verlauf eines Einsatzes erheblich beeinflussen und kann deeskalierend wirken. Das Gerät muss meistens gar nicht eingesetzt werden. Oft reicht schon die Androhung aus, um die Situation zu beruhigen“, so Reul zum „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Ziel jedes Einsatzes ist es, dass alle unverletzt nach Hause kommen. Wenn der Taser dabei hilft, die Gefahr zu bannen und den Einsatz ohne Verletzte zu beenden, haben die beteiligten Beamtinnen und Beamten alles richtig gemacht“, sagte Reul.

Was der aktuelle Stand zum Tasereinsatz in NRW ist:

Alles zum Thema Herbert Reul

Was ist ein Taser überhaupt?

Den Namen „Taser“ hat sich die Firma Axon gesichert (deren Geräte auch in NRW genutzt werden), offiziell heißt die Waffe Distanzelektroimpulsgerät (DEIG). Polizisten können damit zunächst einen Lichtbogen erzeugen. Das reicht, wie Reul andeutet, meist schon, um das Gegenüber zur Räson zu bringen. Im schlimmsten Fall schießt der Taser Drähte mit kleinen Häkchen. Wenn die Häkchen den Störer treffen, fließt Strom (50.000 Volt). Dadurch wird ein Mensch außer Gefecht gesetzt.

Wer hat den Taser?

Bislang 18 Polizeibehörden in NRW - darunter vor allem Großstädte wie Köln oder Düsseldorf, 29 noch nicht. Im schwarz-grünen Koalitionsvertrag einigte man sich darauf, es erst einmal dabei zu belassen und den Einsatz der Taser zu „evaluieren“. Außerdem wurden mehrere Studien verabredet. Unter anderem eine medizinische und eine zu den Einsätzen selbst.

Uniklinik Köln erstellte medizinische Studie zu Tasern

Was haben die Studien ergeben?

Die medizinische Studie, durchgeführt von der Uniklinik Köln, ist fertig. Ergebnis der Mediziner: Der Taser sei eine „sinnvolle Ergänzung zu den vorhandenen Polizeimitteln“ mit einem „verhältnismäßig geringem Risiko für schwere Verletzungen.“ Das Gutachten bilanzierte: „Gesundheitliche Folgeschäden sind insgesamt selten und meist weniger schwer als zum Beispiel nach dem Einsatz von Schusswaffen, können aber vorkommen.“

Die anderen Studien stehen noch aus, so ein Sprecher des Innenministeriums: „Die Ergebnisse zur einsatztaktisch-technischen Evaluation (Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW) und die Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Evaluation (Hochschule für Wissenschaft und Recht Berlin) werden nicht vor Ende des dritten Quartals 2025 erwartet.“

Wie oft wird der Taser eingesetzt?

Wie das Innenministerium dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ mitteilte, kam es von Januar 2025 bis einschließlich April 2025 „insgesamt zu 482 DEIG-Einsätzen, bei denen es in 380 Fällen bei der reinen Androhung blieb“. Das waren rund 79 Prozent.

Grüne sind gegen, Polizeigewerkschaft für die Einsatzmöglichkeit

Was haben die Grünen gegen den Taser?

Bevor die Grünen in Regierungsverantwortung kamen, waren sie komplett gegen den Taser und wollten ihn abschaffen. Argument: Der sei eben nicht so ungefährlich, wie die Befürworter immer sagen würden. Dadurch könne die Hemmschwelle sinken, ein DEIG einzusetzen – statt mit dem Gegenüber zu sprechen und so zu deeskalieren.

Was sagen Polizisten dazu?

Unter anderem die Gewerkschaft der Polizei (GdP) fordert seit Jahren das flächendeckende Ausrollen des Tasers in NRW. GdP-Landeschef Michael Mertens sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Niemand zweifelt mehr am Sinn des Tasers. Er wirkt deeskalierend und schützt unsere Beamtinnen und Beamten. Alle medizinischen Bedenken sind inzwischen ausgeräumt. Es gibt keinen Grund mehr, ihn nicht überall einzuführen. Dass das nicht passiert, ist eine politische Entscheidung – und hat vielleicht auch Kostengründe.“

Was will die FDP in ihrem Antrag?

In dem Papier, das kommende Woche im Landtag debattiert werden soll, bezieht sich die FDP unter anderem auf den neuen Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU). Der hatte jüngst gesagt: „Ich bin davon überzeugt, dass der Einsatz von Tasern bei unserer Polizei zwingend notwendig ist.“ Also für die Bundespolizei.

Die FDP argumentiert unter anderem: „Es entsteht nun eine sicherheitspolitische Diskrepanz nicht nur zwischen den Kreispolizeibehörden innerhalb Nordrhein-Westfalens, sondern auch zwischen Bundes- und Landesebene: Während Bundespolizisten künftig beispielsweise an Bahnhöfen mit dem DEIG arbeiten dürfen, fehlt das Mittel der Landespolizei unmittelbar davor – ein Zustand, der sachlich nicht begründbar und haltbar ist.“

Die FDP fordert 9,6 Millionen Euro für Geräte, Schulung und Material – plus jährlich 1,14 Millionen Euro für dauerhaftes Training. FDP-Innenexperte Marc Lürbke: „Sicherheit darf nicht länger ein grünes Experimentierfeld sein – und Herbert Reul muss sich entscheiden, ob er weiter Innenminister oder Minister für grüne Ideologie sein will.“