Mirja Boes liebt die Südstadt, in der sie gelebt und gefeiert hat. Vor allem Karneval, der ihr trotz oder gerade wegen ihrer niederrheinischen Heimat im Blut liegt.
Mein Veedel mit Mirja Boes„Ich musste fast weinen, weil ich mich so spießig fand“

Home is where the heart is: Mirja Boes in der kleinen Straße Am Severinskloster in der Südstadt
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Mirja Boes kommt auf ihrer Vespa zu „Massimo“ in der Alteburger Straße. Das Restaurant hatte sie als Treffpunkt für den Spaziergang durch die Südstadt vorgeschlagen. Massimo, das inzwischen sieben Ableger überall in Köln hat, ist Kult. Der Laden in der Südstadt aber war der Erste. „Wir kamen im Jahr 2004 quasi gleichzeitig“, sagt Boes, die gerade erst zurück ist aus dem Urlaub auf der kleinen Balearen-Insel Formentera und auch so aussieht: Gebräuntes Gesicht unter raspelkurzem Blondhaar, Audrey Hepburn mit Strass auf dem T-Shirt, kurzes Röckchen und Flecht-Sandalen. Auf ihrem Korbtäschchen steht Mirja in pink. Die 54-Jährige verbreitet Sommerlaune.
„Massimo“ ist Boes' Stamm-Italiener in der Kölner Südstadt
Mit Massimo und dessen Nachfahren, die nach seinem Tod die Restaurant-Dynastie weiterführen, verbindet Boes die Liebe zu Rom. Dort verliebte sie sich als Teenager in Fabrizio, der sie anschließend in ihrer Heimatstadt Dülken besuchte. „Nur leider fand ich ihn dann nicht mehr so toll wie im Urlaub. Er war gar nicht mehr der coole Anführer und auch nicht mehr so braun, mein Vater hat sich dann die eine Woche um ihn gekümmert. Am liebsten würde ich ihn heute mal treffen und mich für mein Verhalten als 15-Jährige entschuldigen“, erzählt Boes, als ihr Francesco Polzoni, genannt Gecko, einen Espresso hinstellt.

Mirja Boes in ihrem ehemaligen Wohnzimmer „Massimo“, wo sie Gastgeber Francesco Polzoni zu einem Espresso einlädt.
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Der Gastronom, der aus Rom stammt, freut sich über den Besuch seines bekannten Stammgastes. „Massimo war mein Wohnzimmer, ich habe hier immer Spaghetti Scampi gegessen, immer“, erzählt Boes, als wir uns in Richtung ihrer alten Adresse auf den Weg machen. Unten im Erdgeschoss „ihres“ Hauses in der Kurfürstenstraße 27 ist das Keimaks, gegenüber der kleine Spanier Patata, auch hier war Boes häufig zu Gast. „Nach dem Dreh sind wir hier oft noch eingekehrt. Das war eine schöne Zeit“, berichtet die 54-Jährige, die vor einigen Jahren der Familie wegen in den gediegenen Kölner Westen zog.
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Zwischen Bütt und Bühne
„Als ich den Kauf klarmachte, musste ich fast weinen, weil ich mich so spießig fand. Für die Kinder ist es einfach besser, und es ist auch schön da.“ Zwei Söhne, 12 und 14, hat Boes, die sie mit ihren pubertären Launen gerade immer wieder an den Rand ihrer Geduld bringen. „Ich versuche es mit Humor zu nehmen, wenn ich an der Tür lausche und höre, wie sich mein älterer Sohn mit seinen Freunden beim Online-Gaming unterhält. Da wird sich ganz ordentlich entschuldigt, wenn einer dem anderen beim Umbringen von Avataren in die Quere kommt. Am liebsten wäre ich doch in den 80ern Mutter gewesen. Da musste man sich mit sowas nicht herumärgern oder mit Kindern, die im Urlaub nur am Handy hängen.“
Von der Kurfürstenstraße aus geht es rüber zum Chlodwigplatz. Boes‘ Herz schlägt für den Karneval. Ihre Heimatstadt Dülken hat zwar nur 20.000 Einwohner, aber einen der größten Rosenmontagszüge am Niederrhein. „Ich war da auch schon als Kind super aktiv, habe alles Mögliche gemacht, von Tanzen bis Bütten-Reden halten.“ Dass sie nach dem Abitur dann erstmal auf einer Musical-Schule in Leipzig landete, stellte sich für sie bald als Fehler heraus. „Dass ich dann jeden Abend monatelang den gleichen Schritt nach rechts machen soll, das war nichts für mich. Ich muss als Künstlerin kreativ sein. Musik und Comedy zu verbinden, das ist für mich einfach ideal“.

Mirja Boes mag das Flair der Südstadt und das Obstgeschäft im Schatten der Severinstorburg.
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An der Severinskirche biegen wir ein in die kleine Straße Severinskloster, wo der „Salon de Jazz“ liegt. „Hier ist das Studio von Philipp Bardenberg, dem Bassisten meiner Band. Hier proben wir oft“, erzählt Boes. Etwas weiter die schmale Gasse herunter steht ein großes rotes Haus. „Und hier hat früher die Managerin der Fabulösen Thekenschlampen gewohnt, da haben wir immer Rosenmontag gefeiert“, erinnert sich Boes mit Freude. Karneval ist ihr Ding. Sie ist Sitzungspräsidentin von „Deine Sitzung“, ein inzwischen etabliertes Format im Kölner Karneval, das der vor sechs Jahren verstorbene Comedian Olaf Bürger, alias Edno Bommel, mit Ebasa, dem Meister einst auf die Beine stellte. „Olaf war ein ganz toller Typ. Als ich ihn kurz vor seinem Tod besuchte, sagte er: Kind, mach ma weiter“.
Es ist ihr eine Ehre, sein Vermächtnis zu bewahren und freut sich sehr, dass im kommenden Jahr Jürgen Becker als einer der Gründer der Stunksitzung schon zum dritten Mal bei „Deine Sitzung“ in die Bütt steigt. Die kleine Gasse Severinskloster führt zum Platz an der Eiche, links geht es zum Hirschgäßchen. Am Lädchen Tagediebe schaut Boes mit großen Augen ins Schaufenster. „Hier finde ich immer etwas, die haben so schöne Sachen, die man zwar nicht braucht, aber man kann auf keinen Fall an ihnen vorbeigehen. Ich komme immer vorbei, wenn ich im Veedel bin.“
Zu Beginn auch im Bierkönig auf Mallorca
Zurück auf der Severinstraße, auf der es Richtung Chlodwigplatz geht, erzählt Boes noch, dass sie in einigen Tage wieder auf Tour geht. „Arschbombe Ole“ heißt ihr aktuelles Programm. Für sie sind Live-Auftritte, die zu Beginn ihrer Karriere auch öfter im Bierkönig auf Mallorca stattfanden, noch immer ihre Lieblingsaktivität. „Ich brauche den Kontakt zum Publikum, das ist eigentlich das Beste, wenn ich direkt Resonanz bekomme. Die Sachen, die ich fürs Fernsehen mache, sind dann gedreht und die Reaktion kommt erst, wenn es ausgestrahlt wird, da kann ich dann nichts mehr machen“.

Das Lädchen Tagediebe gehört zu den Lieblingsadressen von Mirja Boes.
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Einmal war sie mit dem Youtuber „Rewi“ in der Südstadt unterwegs. Als sie auf dem Severinskirchplatz jungen Leuten begegneten, flippten die total aus. „Natürlich seinetwegen, mich kannten die gar nicht, aber als ein Müllauto mit drei etwa 50-jährigen türkischstämmigen Arbeitern vorbeikam, riefen die mir aus dem Fenster zu ‘Hey, lustigste Frau der Welt‘. Das sind eben meine Fans“, erzählt Boes augenzwinkernd. Dass sie sich selbst nicht zu wichtig nimmt und auch großen Respekt hat vor Rewi, einem Repräsentanten der Nach-Fernseh-Generation, zeichnet sie aus.
Die 54-Jährige weiß, wer ihr Publikum ist. Sie scheut keine Herausforderung und nahm zuletzt auch an The Masked Singer teil. Nachdem ihre Musical-Karriere auch an einem Stimmbandknoten gescheitert war und man ihr riet „besser nichts zu machen, bei dem Sie auf Ihre Stimme angewiesen sind“, arbeitete sie für die ProSieben-Show erstmals mit einem Vocal Coach. „Ich bekam immer sonntags die neuen Lieder und musste sie dann trainieren, tatsächlich ist die Stimme ja auch nur ein Muskel.“ So hat sie also doch noch eine Art Musical Karriere gemacht, denn immerhin hat sie die Show gewonnen, im Floh-Kostüm.
Mirja Boes' Empfehlungen: Massimo, Alteburger Straße 41, La Patata, Kurfürstenstraße 24, Geschenkladen Tagediebe, Hirschgäßchen 1