Trotz offiziellen VerbotsViele queere Paare lassen sich vor dem Kölner Dom segnen – Protest gegen Woelki

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Pastoralreferent Manfred Becker-Irrnen während seiner Predigt beim Gottesdienst "Segen für alle" am Kölner Dom. Im Hintergrund der Jugendchors St. Stephan.

Pastoralreferent Manfred Becker-Irrnen während seiner Predigt beim Gottesdienst am Kölner Dom.

Viele wiederverheiratete und queere Paare nahmen das Angebot vor dem Kölner Dom am Mittwoch an. Lautstarken Gegenprotest gab es auch.

Die Segnung queerer Paare war ein Aufbegehren gegen Kardinal Rainer Maria Woelki und seine Auslegung der katholischen Lehre. Für viele war die Teilnahme am Gottesdienst auf dem Bahnhofsvorplatz am Mittwochabend jedoch auch die Erfüllung eines lang ersehnten Wunsches. Rund 15 Seelsorgerinnen und Seelsorger, darunter einige Pfarrer, machten es möglich und sprachen den Segen für queere Paare und wiederverheiratete Geschiedene vor dem Antlitz des Kölner Doms.

Dort, im Schatten des Wahrzeichens des Erzbistums Köln, wo die Regenbogenfarben an diesem Abend vor dem Grau hervorstachen, hallte es von über 100 Sängerinnen und Sängern des Jugendchors St. Stephan über den Bahnhofsvorplatz: „All you need is love“ – der Klassiker der Beatles, nun Leitwort des Gottesdienstes, der sich an „alle sich liebenden Paare“ richtete.

„Große Dankbarkeit“ von queeren Paaren für Kölner Gottesdienst

„Dieser Tag ist für uns etwas ganz Besonderes“, sagten Peter Bispeling und Klaus Schulze Herdering nach der Feier. Sie seien seit 22 Jahren zusammen, heirateten bereits im Juni und nutzten endlich die Möglichkeit, sich vor der Öffentlichkeit segnen zu lassen. „Das erfüllt uns mit großem Stolz und großer Dankbarkeit.“

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Die Organisatorinnen und Organisatoren veranstalteten die Segensfeier aus Protest gegen den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Das Datum des Gottesdienstes – der Jahrestag von Woelkis Amtseinführung vor neun Jahren – unterstrich das Aufbegehren gegen den Kardinal.

Segensfeier in Mettmann missfällt Erzbistum Köln

Die Gemeindereferentinnen Marianne Arndt (Köln) und Ulrike Platzhoff (Mettmann) sowie der Münchner Pfarrer Wolfgang F. Rothe initiierten die Veranstaltung als Reaktion auf die Maßregelung des Pfarrers Herbert Ullmann. Dieser hatte in seiner Gemeinde in Mettmann im März eine Segensfeier für Liebende – darunter gleichgeschlechtliche und wiederverheiratete Paare – abgehalten. Nachdem der Gottesdienst publik wurde, rügte das Erzbistum den Pfarrer und untersagte weitere Feiern dieser Art.

Dem trotzten die weniger konservativ eingestellten Geistlichen. Auch Ullmann selbst besuchte die Feierlichkeiten und zeigte sich von der Kulisse beeindruckt: „Dass die Menschen an einem solchen Platz zusammenkommen, unabhängig ihrer sexuellen Orientierung, setzt ein Zeichen.“ Er hoffe, dass die breite Öffentlichkeit die katholische Kirche in Zukunft wieder mit ihrer Willkommenskultur gleichsetze.

Köln: Gegendemonstranten stören Segnung der queeren Paare

Anders sahen das Teilnehmende der Gegenveranstaltung, die den Gottesdienst mit Lärm im Hintergrund störten.

Die Gesegneten, mehrere hundert Zuschauende sowie Seelsorgerinnen und Seelsorger ließen sich wenig beirren. „Lasst uns solidarischer und freier werden, nicht so engstirnig“ hieß es in der Fürbitte. Der Menschenchor, der langsam zum Lied „Die Gedanken sind frei“ einstimmte und unter großem Jubel endete, unterstrich die Botschaft.

Neben der Durchführung der Segnungen machten Rednerinnen und Redner auch auf die Reformgespräche des Synodalen Wegs aufmerksam. Dessen Teilnehmende hatten sich im März mehrheitlich für Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare ausgesprochen. „Diesen Forderungen haben wir nun auch hier in Köln Nachdruck verliehen“, sagte Mitinitiatorin Arndt. „Wir können doch nicht sagen, der Einzelne sei gesegnet, aber nicht das Paar.“ Mit Hohn und Machtmissbrauch dieser Art könne sie sich nicht identifizieren. „Das ist dann nicht mehr meine Kirche“, machte sie klar.

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