Zahlung der GerchgroupKölner CDU droht 150.000 Euro Strafe wegen möglicherweise illegaler Parteispende

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Die Visualisierung zeigt das geplante Gebäude mit Domblick und Dachgarten.

Die Visualisierung zeigt das geplante Gebäude mit Domblick und Dachgarten.

Der Kölner CDU droht eine jahrelange Hängepartie, bis sie weiß, ob sie eine illegale Spende angenommen hat. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Hat die Kölner CDU eine illegale 50.000-Euro-Spende vom Projektentwickler Gerchgroup bekommen oder nicht? Dafür muss die Frage geklärt werden, ob die Gerchgroup der CDU die Summe im August 2017 in der Erwartung gespendet hat, dass die CDU-Fraktion im Stadtrat ihr großes Bauprojekt am Dom unterstützt und der Investor möglicherweise weniger Wohnungen mit günstigen Mieten bauen muss als vorgeschrieben.

Um das zu klären, hat die Bundes-CDU am 28. September eine Selbstanzeige bei der Bundestagsverwaltung gestellt, das bestätigte deren Sprecher. Zuvor hatte die Kölner CDU sich mit der Landes-CDU beraten, die zu diesem Schritt geraten hatte. Zuerst hatten „Zeit“ und „Kontraste“ über das Thema berichtet. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was baut die Gerchgroup am Dom?

Die Gerchgroup baut 200 Meter südlich des Doms zwei neue Gebäudeblöcke mit Wohnungen, einem Hotel und Gewerbe. Das Projekt firmiert unter dem Namen „Laurenz-Carré“, es sollte bis 2025 fertig sein. Aktuell ruht der Bau am Roncalliplatz; die Gerchgroup ist insolvent, auch wenn die untergeordneten Projektgesellschaften für das Kölner Projekt noch nicht insolvent sind. Die Gerchgroup wollte an der Stelle am liebsten auf den öffentlich geförderten Wohnbau verzichten, er gilt als wenig lukrativ wegen der festgelegten relativ niedrigen Mieten. Eigentlich muss ein Investor bei solchen Großbauprojekten 30 Prozent der Wohnfläche für diese Wohnungen reservieren, das regelt das Kooperative Baulandmodell, es gibt aber Ausnahmen. Der Vorstandsvorsitzende Mathias Düsterdick hatte nach dem Kauf im Jahr 2017 der „Kölnischen Rundschau“ zum öffentlich geförderten Wohnungsbau gesagt: „Das stelle ich mir schwierig vor. Ich hoffe auf die Einsicht der Stadt, dass es dort nicht geeignet ist.“

Alles zum Thema Bernd Petelkau

Das „Laurenz-Carré“ rund 200 Meter südlich des Doms. Momentan ruhen die Arbeiten.

Das „Laurenz-Carré“ rund 200 Meter südlich des Doms. Momentan ruhen die Arbeiten.

Gilt das Kooperative Baulandmodell verpflichtend an der Stelle?

Laut Verwaltung: nein. Dadurch wird der politische Wille des Rates und damit die Stimme der CDU relevanter. Sie verfügte damals mit 25 von 90 Mandaten über die zweitmeisten im Rat. Im Stadtentwicklungsausschuss am 21. September 2017 – also kurz nach Spendeneingang – brachten SPD und Linke einen Antrag ein, den Investor dazu zu verpflichten, 30 Prozent der Wohneinheiten für öffentlich rechtliche Wohnungen zu reservieren. Und damals stimmten CDU und FDP tatsächlich dagegen, doch sie wurden überstimmt.

Wie lautet das Parteiengesetz?

Dort steht: „Von der Befugnis der Parteien, Spenden anzunehmen ausgeschlossen sind: Spenden, die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden.“ Verstößt eine Partei gegen diesen Passus, „entsteht gegen sie ein Anspruch in Höhe des Dreifachen des rechtswidrig erlangten Betrages“, das wären im Fall der Kölner CDU 150.000 Euro. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ plant die Kölner CDU, die Spendensumme prophylaktisch beim Bundestag zu hinterlegen.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Bundestagsverwaltung prüft, ob die CDU gegen das Parteiengesetz verstoßen hat. Zu einer durchschnittlichen Verfahrensdauer wollte ein Sprecher sich inhaltlich nicht äußern, es kann aber Jahre dauern, ist aus der CDU zu hören. Aktuell ist also völlig unklar, ob die Kölner CDU gegen Gesetze verstoßen hat, zumal die CDU beispielsweise 2020 und 2023 auch gegen die Interessen der Gerchgroup abgestimmt hat.

Was sagt die Gerchgroup?

Das Unternehmen ließ mehrere Anfragen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ unbeantwortet. Laut des Berichtes von „Zeit“ und „Kontraste“ teilte die Gerchgroup ihnen mit, es seien mit der Spende keine Gegenleistungen verbunden gewesen oder erwartet worden.

Demnach unterstütze die Gerchgroup regelmäßig Parteien auf der regionalen und kommunalen Ebene. Allerdings findet sich in der Spenden-Datenbank von „Lobbycontrol“ nur diese eine Spende der Gerchgroup an Parteien. In der Datenbank sind Spenden von 10.000 Euro und mehr gelistet. Demnach hat der Projektentwickler keine andere Kölner Partei mit einer Spende von 10.000 Euro oder mehr bedacht.

Das Foto zeigt CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau.

CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau

Was sagen die damals Verantwortlichen der CDU?

2017 war Bernd Petelkau noch Partei- und Fraktionschef in Doppelfunktion, Schatzmeister der Partei war der heutige ehrenamtliche Bürgermeister Ralph Elster. Petelkau ist seit März kein Vorsitzender mehr, er verlor die Wahl gegen Karl Mandl. Im Stadtrat ist Petelkau aber noch bis zur Kommunalwahl 2025 als Fraktionschef gewählt, Elster ist ebenfalls Fraktionsmitglied der CDU. Beide bestätigen die Spende, die Partei habe sie im Zuge der Bundestagswahl am 24. September 2017 erhalten.

Beide teilten in einer gemeinsamen Erklärung mit, dass alle zuständigen Gremien die Spende geprüft hätten. „Auch die von uns beauftragten Wirtschaftsprüfer haben den Sachverhalt geprüft und für einwandfrei erklärt. Selbstverständlich gab es keine Gegenleistungen und auch keine Erwartung einer solchen.“ Und: „Es ist uns nicht bekannt, auf welchen konkreten und belegbaren Sachverhalt der Vorwurf einer nicht ordnungsgemäß behandelten Spende gestützt wird.“

Karl Mandl ist seit März CDU-Vorsitzender.

Karl Mandl ist seit März CDU-Vorsitzender.

Was sagt der neue CDU-Parteichef?

Mandl teilte mit: „Der im März dieses Jahres neugewählte Vorstand prüft, wie allgemein bekannt, verschiedene Sachverhalte aus der Vergangenheit. Diese Prüfung verläuft gewissenhaft und redlich, weshalb sie Zeit benötigt. Wir werden uns vor Abschluss der Prüfung nicht öffentlich äußern.“ Ein Ergebnis wird in einigen Wochen erwartet, aber der Vorstand spricht über das Thema Finanzen auch am Montag in seiner Sitzung, es steht auf der Tagesordnung. Die Sitzung ist von 19 bis 23.30 Uhr ungewöhnlich lange angesetzt.

Warum wird die Spende nach sechs Jahren ein Thema?

Unter anderem soll ein Wort-Beitrag unter einem Facebook-Artikel des „Kölner Stadt-Anzeiger“ eine Rolle spielen. In dem Artikel von Juni 2023 geht es darum, dass die Gerchgroup im Laurenz-Carré auf den öffentlich geförderten Wohnungsbau verzichten will, weil er sich nicht rechne. Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz sagte damals, man müsse abwägen. „Zum jetzigen Zeitpunkt lege ich mich nicht fest, es wäre aber eine Option, den geförderten Wohnbau für das Laurenz-Carré zu streichen.“

Unter dem Beitrag kommentierte eine Leserin, dass man meinen könne, eine Spende an die Kölner CDU habe das Stimmungsbild beeinflusst. Vier Wochen später ruderte Kienitz zurück, er sagte zum öffentlich geförderten Wohnungsbau: „Es wird mit der CDU keine Aufweichung geben.“ Am Mittwoch betonte Kienitz: „Unser politisches Agieren gegenüber dem Investor war in den vergangenen Jahren alles andere als wohlwollend, bis hin zum Beschluss in diesem Sommer, dass an der Stelle öffentlich geförderter Wohnungsbau realisiert werden muss.“

Wie geht es der CDU finanziell?

Mies, eine hohe Strafe täte ihr extrem weh. Sie hat hohe Schulden und musste sich rund 250.000 Euro leihen, unter anderem beim Kreisverband Borken, dem NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst angehört. Über Jahre hatte die Partei zudem keine ausstehenden Mitgliedsbeiträge eingetrieben.

Mitte September berichtete der neue Schatzmeister Sebastien Benz unerwartet offen auf einem Kreisparteitag, dass möglicherweise die Insolvenz drohe. Diese Aussage holte Mandl tags darauf zurück, die Finanzlage sei „schwierig“, die Partei aber zahlungsfähig.

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