Prinzenproklamation am Freitag„Beim Kölsch besiegelt“ – So läuft die Bewerbung für das Kölner Dreigestirn

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Einzug des designierten Dreigestirn in die Hofburg.

Einzug des designierten Dreigestirn 2024 in die Hofburg.

Die Diskussion um ein weibliches Dreigestirn hält an. Aber was braucht es überhaupt, um Prinz, Bauer oder Jungfrau zu werden?

Ein weibliches Dreigestirn für Köln? Für viele ist es eine längst überfällige Frage. Für das Festkomitee hingegen stellt sie sich gar nicht: Jede und jeder kann theoretisch die wohl bekanntesten Figuren im Kölner Karneval verkörpern. Vorausgesetzt, er oder sie erfüllt einige Bedingungen.

Karneval in Köln: Festkomitee wählt das Dreigestirn aus

Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn hat zuletzt im „Kölner Stadt-Anzeiger“ wiederholt betont: Es gebe für das Dreigestirn keine Beschränkungen bezüglich Geschlecht, sexueller Orientierung oder Herkunft. „Wir haben ja auch rein weibliche und gemischte Karnevalsgesellschaften, und gefeiert wird sowieso zusammen“, sagt Kuckelkorn. Am Ende würde das Festkomitee das beste Bewerbungs-Trio zum designierten Dreigestirn küren.

Und so läuft das Prozedere ab:

  • Wer Prinz, Bauer oder Jungfrau werden möchte, muss einer ordentlichen Mitgliedsgesellschaft des Festkomitees angehören. 75 gibt es davon in Köln, darunter auch rein weibliche oder gemischte Karnevalsgesellschaften.
  • Diese 75 Mitgliedsgesellschaften haben ein Vorschlagsrecht. Sie können drei ihrer Mitglieder als Team ins Rennen schicken. Möglich ist auch, dass aus kleineren Vereinen, wie etwa Familiengesellschaften, jeweils eine Bewerberin oder Bewerber benannt wird.

Die Übersicht zu den „Ordentlichen Gesellschaften“ führt das Festkomitee auf seiner Webseite.

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  • In den neun Traditionskorps, reinen Männergesellschaften wie etwa den Blauen  Funken ist es aber gar nicht so leicht, Mitglied zu werden. Dafür braucht es bei vielen Gesellschaften zunächst zwei Paten, die jemanden vorschlagen.
  • Dieser darf dann zwei Jahre hospitieren. Am Ende wird entschieden, ob sich der „Neue“ bewährt hat oder nicht.

Um von der eigenen Gesellschaft nominiert zu werden, müssen sich die Kandidaten oder Kandidatinnen zunächst intern durchsetzen. Das bedeutet, dass man sich schon viele Jahre engagiert haben muss und als aktives Mitglied der Gruppierung aufgefallen sein sollte.

Prinz Boris I. war 2022/23 Prinz und hat im Interview mit dem Stadt-Anzeiger erklärt, wie das bei den Roten Funken abgelaufen ist.

Die Idee zu kandidieren habe das Trio „auf dem Polterabend von der Jungfrau – also vom Andre – im Sommer 2017“ gehabt. „Da waren wir schon zwei Jahre gemeinsam im Knubbelvorstand.“ Knubbel ist eine Untergruppe der Roten Funken. „Wir drei sind der Vorstand des dritten Knubbels. Da erkannten wir schon, dass wir gemeinsam im Team zusammenarbeiten können. Und da kam wir dann zu dem Entschluss, das wäre doch schön, wenn wir drei irgendwann Dreigestirn werden.“

Weiter erzählt Boris I.: „Und wie es dann so ist, wird das halt beim Kölsch besiegelt. Der Präsident wurde eingeweiht und dann mussten wir ein paar Monate später mit einem Konzept mal um die Ecke kommen. Und das haben wir dann tatsächlich auch gemacht. Und seit 2018 ist dann ‚der Bob in der Bahn‘.“

2018 haben wir mit dem Präsidenten [der Roten Funken] unser erstes Gespräch gehabt und ihm erstmal unsere Idee tatsächlich konkretisiert dargelegt. Was wir für eine Idee haben, wie wir die Figuren verkörpern möchten und wer welche Figur dann ausfüllen soll.
Prinz Boris I.

Danach seien dann ein paar Monate vergangen und man habe ein erstes kleines Bewerbungsvideo intern gedreht, um sich erstmal bei der eigenen Gesellschaft zu bewerben und beim Präsidenten, „um den dann auch milde zu stimmen, dass er auch dann hinter uns steht“, so Boris I. Und das habe dann bis 2019 so gedauert. 

Der nächste Schritt: die offizielle Bewerbung beim Festkomitee

  • Beim Festkomitee muss ein Trio, das Dreigstirn werden will, eine schriftliche Bewerbung einreichen. Gegebenenfalls folgt ein erstes Gespräch mit Vertretern des Festkomitees, in dem die Bewerberinnen oder Bewerber begründen müssen, warum sie etwa den Prinzen verkörpern und wie sie den Jecken in Erinnerung bleiben wollen.
  • Insgesamt handelt es sich um einen mehrstufigen Bewerbungsprozess. So wird etwa in weiteren Interviews geprüft, ob die Kandidaten oder Kandidatinnen für das Amt überhaupt geeignet und wie stressresistent sie sind. Deshalb müssen auch die Partner und Partnerinnen des Dreigestirns zum Gespräch antreten, ob sich das Ehrenamt mit Familie und Job vereinbaren lässt.
  • Kein Geheimnis ist, dass das Festkomitee auf Bodenständigkeit, Wortgewandtheit und mehrjährige Ehrenamtserfahrung im Kölner Karneval achtet. „Abseits der öffentlichen Wirkung etwa durch TV-Auftritte ist es wichtig, dass das Dreigestirn durch jahrelange ehrenamtliche Arbeit in einer Karnevalsgesellschaft das Brauchtum von innen kennt. Die meisten der über 400 Termine in der Session finden ja bei unseren Mitgliedsgesellschaften oder bei karitativen Zwecken statt“, sagt Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn.
  • Vorzuweisen ist außerdem ein polizeiliches Führungszeugnis.
  • Natürlich spielt auch Geld eine Rolle: Dreigestirn zu sein, muss man sich leisten können. Über genaue Zahlen wird geschwiegen. Aber: Bis zu 15.000 Euro kostet allein das maßgeschneiderte Ornat des Prinzen, auch seine „Schulungen“ muss er bezahlen. Dazu zählen Tanzkurse, Kamera-, Interview- und Atemtraining. Auch der Fahrer muss bezahlt werden, Wurfmaterial für den Rosenmontagszug und nicht zuletzt das Prinzenfrühstück am Karnevalsfreitag, an dem mehrere hundert geladene Gäste aus der Stadtgesellschaft teilnehmen.
  • Hinzu kommen Kosten für die „Hofburg“. Im Dorint-Hotel am Heumarkt übernachtet das Dreigestirn von Januar bis Aschermittwoch. Dem Vernehmen nach zahlt das Dreigestirn eine Art Gage an das Festkomitee, das am Ende die Hotelrechnung begleicht.
  • Aber: Geld spielt zunehmend eine untergeordnete Rolle. In der Vergangenheit kam es schon vor, dass eine Gesellschaft für ihren Kandidaten einen Großteil der Kosten übernahm, weil dieser einfach „der Beste“ für das Amt war. Auch kam es vor, dass der Arbeitgeber so stolz war und für die nötigen Mittel sorgte.
  • Hat sich das Festkomitee für ein „Trifolium“ entschieden, wie das Dreigestirn auch genannt wird, wird das Trio informiert und muss der Entscheidung zustimmen.

Beim Dreigestirn aus dem Jahr 2023 hatte der Prozess sich besonders lange hingezogen. Denn wegen der Corona-Pandemie hatte das vorherige Dreigestirn der „Altstädter“ zwei Sessionen begleiten dürfen. Also kam für Prinz Boris I., Bauer Marco und Jungfrau Agrippina dann erst die Session 2022/23 infrage für die Amtszeit.

Ab dem Moment der Zustimmung durch die Auserwählten greift dann ein wiederkehrender Zeitplan.

  • Der sogenannte „Nickabend“ findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Dann werden die Jecken der Oberbürgermeisterin oder dem Oberbürgermeister vorgestellt. Das Stadtoberhaupt hat sozusagen das letzte Wort und „nickt“ das designierte Dreigestirn ab.
  • Die Auserwählten müssen strengste Verschwiegenheit bewahren.
Der Zeitraum zwischen dem Moment, dass wir wussten [das Dreigestirn zu werden] und der Pressekonferenz, das waren die längsten sechs Wochen unseres Lebens.
Prinz Boris I.
  • Meistens im Spätsommer gibt das Festkomitee auf der Pressekonferenz bekannt, welche Gesellschaft das Dreigestirn stellt und welche Namen das ausgewählte Dreiergespann tragen wird.
  • Bei der Prinzenproklamation Anfang Januar im Gürzenich werden die Tollitäten dann ins Amt gehoben. Die Oberbürgermeisterin oder der Oberbürgermeister übergibt ihnen die Insignien der Macht. Pritsche, Stadtschlüssel und Spiegel. Erst danach dürfen sie im Ornat, dem festlichen Kostüm, auftreten.

Bei der Diskussion um ein mögliches weibliches Dreigestirn scheint eine Sache jedoch ausgeschlossen: eine weibliche Jungfrau neben zwei Männern. Das erinnert nicht nur Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn zu sehr an die Nazi-Zeit, als ein Mann in Frauenkleidern als unmännlich galt.

Grundsätzlich will Kuckelkorn aktive Frauen im Karneval fördern: „Wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen in den Vereinen. Das unterstützen wir sehr und ich bin froh, dass es inzwischen auch einige weibliche Präsidentinnen an der Spitze unserer Gesellschaften gibt.” Da scheint eine Prinzessin im Dreigestirn nur noch eine Frage der Zeit zu sein. (red)

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