„Kölsche Heimat“Musikreihe stellt die Frage nach dem Sinn fortgesetzten Jammerns

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Für den passenden Sound der „Roaring Twenties“ sorgt das Kohberg Orchester.

Köln – „Wat nötz die ganze Kümerei?“ ist der Titel der aktuellen Ausgabe der Musikproduktion „Kölsche Heimat“. In der siebten Folge der Reihe geht es um die vielfältigen Formen der Unterhaltungsmusik der Zwanziger Jahre. „Wat nötz die ganze Kümerei?“ klingt wie ein in Pandemiezeiten ersonnener Satz. Doch die Frage nach dem Sinn fortgesetzten Jammerns ist bereits in den 1920er Jahren dem Kölner Texter Hubert Ebeler eingefallen. Motto: Mit Mut, Trotz, Tatendrang und kölscher Leichtigkeit lässt sich jede Krise bewältigen. Damals sang August Batzem den flotten Marsch. Ein Jahrhundert später stellt das Kohberg Orchester mit einer zeitgemäßen Aufnahme den Bezug zu aktuellen Krisensituationen her.

Ein einzigartiges Musikerlebnis

Die musikalische Qualität und die Experimentierfreude der beteiligten Musikerinnen und Musiker sowie die überraschenden Interpretationen der fast vergessenen Unterhaltungskunst aus den Varietés, Tanzlokalen und Konzertsälen der 1920er Jahre und der gelungene Brückenschlag zur Gegenwart machen diese Ausgabe der „Kölschen Heimat“ zu einem einzigartigen Musikerlebnis.

Kölsche Heimat

Kölsche Heimat ist ein Projekt der Kreissparkasse Köln (KSK) zur Pflege der Musik- und Liedkultur in der Region, der künstlerische Leiter ist Helmut Frangenberg.

Alle bisher erschienenen Folgen der „Kölschen Heimat“ stehen zum Download zur Verfügung. Online-Kunden der KSK zahlen fünf Euro, für Nicht-Kunden kostet die gesamte Ausgabe 8,99 Euro.

Für den passenden Sound der „Roaring Twenties“ sorgt das Kohberg Orchester, das mit der typischen Besetzung für ein Salon- oder Tanzorchester der damaligen Zeit auftritt und etliche der Interpreten begleitet. Unter anderem wirken Kasalla, Thomas Cüpper, Michael Kuhl, Philipp Oebel und Guido Cantz mit.

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Zu den eindrucksvollsten Stücken zählen „Woröm solle mer ald en de Heija gon“ von Biggi Wanninger, „Kölsche Mädcher, kölsche Junge“ von Alice Esser und Ozan Akhan mit „Mer sin vun Köln am Rhing“. Zur Aufnahme dieses Liedes gibt es ein Online-Video mit einer Tanzeinlage von Bernd Paffrath, ehemaliger Weltmeister im Solo-Stepptanz.

Das Heimatlied stammt im Original von Gerhard Ebeler (Text) und Fritz Hannemann (Musik). Der Büttenredner und Mundartdichter Ebeler schrieb ab 1913 zahlreiche Texte für kölsche Revuen. 1935 gelang ihm mit dem Liedtext „Du kannst nicht treu sein“ ein Welterfolg. Der stellte sich ein, als der Schunkelwalzer nach dem Zweiten Weltkrieg in Amerika unter dem Titel „You Can’t Be True Dear“ veröffentlicht wurde. Auf der „Kölschen Heimat“ ist Ebeler auch als Sänger mit dem Evergreen „Kölle, ming Heimat am herrlichen Rhing“ vertreten. Zu hören ist die Originalaufnahme aus dem Jahr 1928, getextet von Christian Witt, dem damaligen Vorsitzenden der Roten Funken.

Musik vermittelt Lebensgefühl der Zwanziger Jahre

„Wat nötz die ganze Kümerei?“ verdeutlicht, wie kölsche Unterhaltungskunst mit Krisen umging und umgeht. Das Lebensgefühl und die gesellschaftliche Entwicklung der Zwanziger Jahre glich erst in der Rückschau einem „Tanz auf dem Vulkan“. Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg versprach zunächst einen unbeschwerten Aufbruch in ein Leben mit kultureller Vielfalt in Literatur, Kunst, Theater, Kabarett und Musik. Der Rausch dieser Zeit, die später sogar zu den „Goldenen Zwanzigern“ verklärt wurde, endete mit der Weltwirtschaftskrise 1929. Auch in Köln.

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